TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Dienstag, 12. September 2017

Wer hat das Zeug zum Ninja Warrior?

von Charlotte Stoll 

Bei einem Unterhaltungsformat mit dem ungewöhnlichen Namen Ninja Warrior Germany, in dem die Teilnehmer einen Hindernisparcours durchlaufen müssen, dürften die meisten wohl zunächst an eine Neuauflage der Spielshow Takeshi’s Castle denken, in der Ende der 80er Jahre sogenannte Jump-‚n‘-Run Computerspiele á la Super Mario real nachgestellt wurden… dass die Teilnehmer von Ninja Warrior Germany in der Show allerding absoluten Höchstleistungssport betreiben, dürften die wenigsten vermuten. Von Kletterern über Personal Trainer und Ironman-Finisher bis hin zu Poledancern, Basketballspielern oder olympischen Kunstturnern – die Teilnehmer der Show kommen aus den unterschiedlichsten Sportbereichen, aber mit den Gemeinsamkeiten, dass jeder von ihnen von Kopf bis Fuß durchtrainiert ist und um den Titel Ninja Warrior 2017 und die Siegerprämie von 200.000 € kämpft. 


Das TV-Spektakel, das noch bis zum 1. Oktober 2017 jeden Samstagabend zur Prime Time auf RTL ausgestrahlt wird, wird von Laura Wontorra moderiert, kommentiert wird es von Jan Köppen und Frank „Buschi“ Buschmann, dessen Stimme dem ein oder anderen Zuschauer durch „Schlag den Raab“ und andere Pro7-Produktionen bekannt vorkommen dürfte. Die Anforderungen an die Kandidaten sind hoch, die Regeln knallhart und der Weg zum Titel lang: Den aus 13.000 Bewerbern ausgewählten 350 Kandidaten werden sämtliche sportliche Fähigkeiten, wie Kraft, Ausdauer und Körpergefühl abverlangt. Jeder Kandidat hat lediglich einen einzigen Versuch, um sich zu beweisen. Wer mit einem Köperteil, seinen Haaren oder gar seiner Kleidung das Wasser berührt, das sich unter allen Hindernissen befindet, oder die vorgegebenen Flächen der Hindernisse verlässt, scheidet aus. In sieben Vorrunden müssen jeweils 50 Kandidaten einen Parcours mit sechs verschiedenen Hindernissen durchlaufen. Die 20 besten ziehen in den Halbfinalqualifikationslauf ein, welcher aus fünf weiteren Hindernissen besteht. Die insgesamt 56 besten Teilnehmer dieser Qualifikationen schaffen es in das Halbfinale mit neun Hindernissen. Am 1. Oktober findet das große Finale statt, in dem die 28 Finalisten den Finalparcours, bestehend aus 19 Hindernissen, absolvieren müssen. Das letzte Hindernis stellt hierbei der über 20 Meter hohe „Mount Midoriyama“ dar, welchen es an einem Tau innerhalb von 30 Sekunden zu erklimmen gilt. Und nur wem dies gelingt, wird zum ersten „Ninja Warrior“ im deutschen Fernsehen und erhält die Siegerprämie. 

Die aktuelle Staffel ist bereits die zweite Staffel von Ninja Warrior Germany, jedoch gelang es im letzten Jahr keinem Kandidaten, die damals noch etwas anderen Anforderungen zu erfüllen. Zwar wurde der sogenannte „Last Man Standing“ Oliver Edelmann als Held gefeiert, jedoch ging auch er am Ende der Staffel mit leeren Händen nach Hause. In diesem Jahr kämpft er erneut um den Titel und stellt für viele Kandidaten ein Vorbild dar. Auch wenn es in der Show um sehr viel Geld geht, führen die Kandidaten keinen Konkurrenzkampf, in dem sie den anderen ihr Ausscheiden wünschen, sondern feuern sich gegenseitig an und freuen sich mit jedem, der es in das Ziel des jeweiligen Parcours schafft. Auch als eigentlich unbeteiligter Fernsehzuschauer, der keinen der Kandidaten persönlich kennt, fiebert man ganz automatisch mit den Kandidaten mit und staunt immer wieder über die außergewöhnlichen Leistungen, die die Kandidaten erbringen. Dies wird durch die beiden Kommentatoren noch verstärkt, da beide die Kandidaten voller Begeisterung unterstützen und ihrem Enthusiasmus freien Lauf lassen. Ihr Beifall wirkt keinesfalls aufgesetzt oder gespielt, und auch sie werden immer wieder von den Leistungen der Kandidaten überrascht. Die Wortspiele, die die Kommentatoren immer wieder einwerfen, sind teilweise so flach und schlecht, dass sie schon wieder überzeugen können und der ganzen Show somit eine witzige Note verpassen. Auch die Kandidaten bringen den Zuschauer das ein oder andere Mal zum Schmunzeln, sei es durch ihre gnadenlose Selbstüberschätzung, die Art ihrer Stürze oder durch ihre frustrierten Reaktionen im Interview nach ihrem Ausscheiden. Für mich stellt Ninja Warrior Germany ein Fernsehformat dar, dass mir so zuvor noch nicht untergekommen ist und frischen Wind in die sonst so langweilige Fernsehlandschaft bringt.

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