TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Donnerstag, 14. September 2017

Serial Experiments Lain - Jeder ist verbunden

von Ingo Schermer
Ich muss nicht hierbleiben“, „wenn ich hier bleibe kann ich nie eine Verbindung herstellen“, mit diesen eingeblendeten Sätzen springt in der Animationsserie Serial Experiments Lain ein Mädchen lächelnd von einem Hochhaus. Einige Tage später erhalten alle alten Mitschüler eine E-Mail von ihr, obwohl sie seitdem tot ist. Auch die namensgebende Protagonistin, die extrem introvertierte Schülerin Lain Iwakura erhält diese Mail, in der ihr die Tote mitteilt, dass sie gar nicht tot sei, sie habe lediglich ihren Körper verloren, ihr gehe es gar nicht so schlecht und so könne sie ewig weiterleben, sie lebe nun im „Wired“. Lain, die sich mit Computern nicht so auskennt, versucht nun mehr über das „Wired“ in Erfahrung zu bringen und betritt durch ihren Vater, der sich mit Computern bestens auskennt und ihr das neueste Modell besorgt, selbst das „Wired“. Dies ist ihr erster Kontakt mit dem „Wired“ eine Art Form Virtual Reality auf Internetbasis. Ab diesem Moment versucht Lain immer mehr über das „Wired“ seine Funktion, Organisation, Technik und Regelung in Erfahrung zu bringen. Im Verlauf der Serie werden sich dann aber Realität und Virtualität scheinbar immer ähnlicher, scheinen sich für Lain immer weniger zu unterscheiden und drohen sich vollständig zu vermischen.






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Dabei tauchen viele weitere Fragen auf: Wer sind die Knights? Was sind das für Leute die Lains Haus beschatten? Gibt es in der „Wired“ einen Gott und wenn ja, wer ist das? Wer ist das Mädchen in der „Wired“ das genauso aussieht wie Lain? Und daraus folgend: Wer ist Lain eigentlich wirklich?


Serial Experiments Lain ist bei weitem keine normale Sci-Fi Serie, wie es hier vielleicht noch den Eindruck haben mag, es ist eine künstlerische und tiefsinnige Anime Serie, die sich aus den Genre Cyberpunk, Horror, Mystery und Drama zusammensetzt und die in ihrem Erscheinungsjahr auch auf dem japanischen Medien- und Kunstfestival ausgezeichnet wurde. Die gerade einmal 13 25-minütigen Episoden umfassende Serie aus dem Jahr 1998 ist sich seinem Medium und Kunstform absolut bewusst und so wurde versucht, das, was Lain passiert für den Zuschauer erfahrbar zu machen. Der Skriptschreiber wollte „durch die Serie menschliche Gefühle vermitteln“ und der Regisseur die Beziehung zwischen einem selbst, also dem Einzelnen und der Welt darstellen. Deutlich wird dies schon in der ersten Szene „Present day, present time“ diese Worte werden in einem gezeigten Browser Fenster eingegeben und laut ausgesprochen bevor in einer von scheinbar Bildstörungen folgenden Sequenz das Gesicht eines Mädchens zusehen ist. 


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Man sieht Ampeln, hört entfernte Gespräche, deren Inhalt man nicht versteht, hupen, das Geräusch von quietschenden Reifen und erblickt die scheinbar unendlichen bunten Lichter einer Großstadt. Es wird also immer wieder bewusst der Eindruck vermittelt, man schaue hier nicht Fernsehen, sondern säße vorm PC. Durch die komplett realistische Geräuschkulisse hebt sich Lain ganz klar hervor, egal ob krächzende Raben, die Schritte der Protagonistin oder das Summen der Strommasten und wird so indirekt erfahrbar. Äußerst auffallend ist auch die Optik, es gibt stärkste Farbkontraste, nur schwarz und weiß oder mal komplett bunt, die Hintergründe stechen hervor, die schwarzrot gesprenkelten Flächen grenzen sich bewusst vom Rest ab, da sie die Parts repräsentieren, die in der Virtuellen Welt stattfinden.  
 

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Außerdem werden im späteren Verlauf der Handlung immer mehr reale Sequenzen eingebaut. So wird auf die Entstehungsgeschichte vieler Technologien hingewiesen, indem man Fotos von realen Wissenschaftlern und echten historischen Ereignissen zeigt (z. B. die Entstehung des Hypertexts von Ted Nelson). Wie sehr die Serie auf den Aspekt der Technik achtet, sieht man besonders dann, wenn man die Details wahrnimmt. Man merkt auch wie korrekt Lain in seiner Zukunftsvision war, egal ob Touchscreen, Spracherkennung, drahtloses Internet oder auch VR Brillen alles das, hat der Skript-Writer von Lain richtig vorhergesehen und somit ist die Serie, die immerhin erschien, als das Internet noch in seinen Kinderschuhen steckte, heute quasi realer als je zuvor.  Das Hauptthema jedoch bleibt der Zusammenhang der sozialen Isolation und der fortentwickelten Technik, wie mit dieser umzugehen ist und welche potenziellen Gefahren sie bergen könnten. Die Serie zeigt aber gleichzeitig auch, dass selbst wenn man wollte, eine gewisse Entwicklung nicht aufzuhalten ist. Jeder ist mit jedem verbunden egal ob analog oder digital, was die Serie durch das Zeigen von unzähligen Strommasten, Zügen, Autos und Kabeln mehr als deutlich darstellt.  
 
 

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Die Serie macht vieles richtig, aber nicht alles. Sie hatte viele gute Ansätze, doch aufgrund der Länge und der Tatsache, dass unter einem Aspekt eine neue Schwerpunktverlagerung in der Mitte der Serie vollzogen wurde, werden einige nicht zu Ende gebracht, andere werden anfangs eingeführt und kommen dann 10 Folgen nicht vor, um irgendwie noch in die Letzte eingebaut zu werden. Es verkompliziert die Serie noch mal ein ganzes Stück, was sicher nicht hätte sein müssen. Auch bei den Figuren kann man sie kritisieren, da einige Figuren nur Mittel zum Zweck sind (z. B. ihre Mutter) und man über diese außer ihrer Rolle nichts erfährt. Aufgrund der Länge der Serie und der Tatsache das sich aber eben alles um Lain dreht und alle Stränge bei ihr zusammenlaufen, kann das durchaus gerechtfertigt werden.  


Insgesamt bietet SEL sehr viel Inhalt und Interpretationsmöglichkeiten, da mit viel Symbolik gearbeitet wird. Ich persönlich schätze die Serie für ihre künstlerische Seite, die es schafft im Gegensatz zu vielen anderen Serien wirklich kreativ zu sein, zu zeigen, dass man Anime auch als Kunstform begreifen kann, zweitens die Thematik des „Wired“, aufgrund der hervorragenden Recherche und dem Wissen über die technologische Entwicklung bis zur Ausstrahlung, aber am meisten für die daraus erwachsenen psychologischen und philosophischen Themen, die einen selbst auch unser modernes Leben in gewisser Weise hinterfragen und allgemein über die Auswirkungen verschiedenster Technologien in der Zukunft nachdenken lässt.  


6 Kommentare:

  1. Ivh habe die Serie nicht gesehen Sie klingt sehr spannend ist sie auf Netlix oder Amazon Prime??

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    1. Leider ist die Serie bisher auf keinem der Portale vorhanden. Das macht aber nichts, da die Serie so unbekannt ist, dass sie auf Portalen wie Youtube nicht entfernt wird. Hier der Link zur deutschen Version https://www.youtube.com/playlist?list=PLwh2__xQIbo-pibIyBEAfK4rkbhrob2Sp. Da die Videoqualität aber leider nicht die beste ist, hier noch der Link zur OmU-Version https://www.youtube.com/playlist?list=PLiSj3vpsV5bFh9R74CDlT2xduQwd5BDrG .

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    2. Cool danke werde die Serie sofort suchten :-)

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    3. Oh nein ich kann die Serie nicht gucken sie ist geblockt für mich von Fanimation :-(((((

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  2. Leider ist die Serie bisher auf keinem der Portale vorhanden. Das macht aber nichts, da die Serie so unbekannt ist, dass sie auf Portalen wie Youtube nicht entfernt wird. Hier der Link zur deutschen Version https://www.youtube.com/playlist?list=PLwh2__xQIbo-pibIyBEAfK4rkbhrob2Sp. Da die Videoqualität aber leider nicht die beste ist, hier noch der Link zur OmU-Version https://www.youtube.com/playlist?list=PLiSj3vpsV5bFh9R74CDlT2xduQwd5BDrG .

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