TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Donnerstag, 7. September 2017

Ja, ich will… die Traumreise!

Von Charlotte Stoll 

Bald-Bräute aufgepasst! „Wenn auch Sie einmal Ihre Flitterwochen in einer solch schicken Limousine antreten möchten, dann nutzen Sie Ihre Chance und bewerben sich bei 4 Hochzeiten und eine Traumreise! Und zwar jetzt auf vox.de.“ ertönt die Stimme des Hochzeitsplaners und „Hochzeitsexperten“ Frank „Froonck“ Mathée in den Werbepausen der auf VOX ausgestrahlten Hochzeits-Doku 4 Hochzeiten und eine Traumreise. Die Regeln des Formats sind leicht verständlich und erinnern stark an andere Produktionen des Senders, wie Shopping-Queen oder Das perfekte Dinner: Von Montag bis Donnerstag findet jeweils die Hochzeit eines Brautpaares statt, bei der die anderen Bräute zu Gast sind und die Hochzeit in den fünf Kategorien Brautkleid, Location, Essen, Stimmung und Gesamteindruck mit den Punkten 1-10 bewerten. Die Feierlichkeiten und Geschehnisse werden von „Froonck“ kommentiert und das Brautpaar, das am Ende der Woche die meisten Punkte sammeln konnte, gewinnt „eine paradiesische Hochzeits-Traumreise und 1000€ Taschengeld“ – nicht sonderlich kreativ, aber da das Format bereits seit 2012 über die deutschen Bildschirme flimmert, scheint es zu funktionieren.
Melanie, Jessica, Telma und Ulrike heißen die Bräute, die in dieser Woche gegeneinander antreten, und jede Braut ist überzeugt, dass ihre Hochzeit die schönste werden wird. „Auftaktbraut“ Telma ist sich sicher, dass sie und ihr Liebster Manuel dank ihrer „österreichischen Hochzeit mit orientalischem Flair“ mit dem Motto „Prinz und Prinzessin“ und aufgrund der „sehr schönen Kirche, schönen Location, den internationalen Gästen und ihrer Einzigartigkeit“ die Traumreise gewinnen werden.

Bevor der Hochzeitszirkus beginnt, wird den Zuschauern das Kennenlernen und der Heiratsantrag des Brautpaares, sowie die Erwartungen der Gastbräute nähergebracht. Die Braut wird beim Zurechtmachen begleitet und die Gastbräute besichtigen den Dom, in dem die Trauung stattfinden wird. Jessica, laut „Froonck“ trägt sie ein viel zu kurzes Kleid, schmeißt hierbei kurzerhand die Dekoration um und schneidet sich mit den von ihr verursachten Scherben in den kleinen Finger. Bei der anschließenden Trauung fließt glücklicherweise kein Blut mehr, sondern stattdessen die ein oder andere Träne. Die restlichen Programmpunkte der Hochzeit verlaufen ohne weitere Zwischenfälle und sowohl das Essen als auch die Stimmung werden für gut befunden. 

In der Finalsendung am Freitag, in der die Brautpaare die Aufnahmen ihrer Hochzeit, sowie einige Bepunktungen mit den dazu passenden Begründungen der Gastbräute, zu Gesicht bekommen, und selbst die letzten Punkte für den Gesamteindruck vergeben, bestätigt sich, dass die erste Hochzeit der Woche sehr gelungen war und von keiner der folgenden Hochzeiten überboten werden konnte. Telma und ihr Manuel dürfen also einen einwöchigen Urlaub in Thailand verbringen. Die anderen Bräute sind aufgrund ihrer Niederlage ein wenig enttäuscht, gönnen Telma den Sieg allerdings und sind sich einig, dass sie zu Recht gewonnen hat. So endet die Woche mindestens genauso harmonisch, wie sie begonnen hat. 

Doch nicht jede Woche verläuft so friedlich. Nicht selten kommt es vor, dass der Konkurrenzkampf und nicht der Spaß im Vordergrund steht und die Kandidatinnen sich gegenseitig spüren lassen, wenn sie sich nicht leiden können. So passiert es ab und an, dass alle Hochzeitsgäste tanzen und Spaß haben – bis auf eine Gastbraut, die mit grimmiger Miene in der Ecke sitzt und sich partout nicht von der guten Stimmung anstecken lassen möchte. Das Essen bietet, frei nach dem Motto: „Geschmäcker sind bekanntlich verschieden“, eine Bewertungskategorie, in der gerne nur sehr wenige Punkte vergeben werden und auch in den anderen Kategorien finden einige Gastbräute wirklich immer eine Begründung für ihre schlechte Bepunktung. Selbstverständlich sorgen diese Begründungen in der Freitagsfolge für einigen Zündstoff, was für Unterhaltung bei den Zuschauern sorgt. 

4 Hochzeiten und eine Traumreise mag vielleicht für Verlobte und hoffnungslose Romantiker einige hilfreiche Hochzeitsinspirationen und -tipps bieten oder eben auch aufzeigen, was tunlichst vermieden werden sollte, damit aus der Traumhochzeit keine Albtraumhochzeit wird. Durch die Sendung kann der Zuschauer die Hochzeitsbräuche verschiedener Kulturen kennenlernen, allerdings wird er hier bereits nach einigen wenigen Folgen nicht mehr überrascht werden, da häufig türkische, polnische oder russische Hochzeiten gezeigt werden und man schon bald mit diesen Bräuchen vertraut ist. 

In 60 Minuten Sendezeit (15 Minuten davon sind Werbung) passiert kaum etwas, alle Folgen sind gleich aufgebaut und auch die Teilnehmerinnen sind meist uninteressante Charaktere, weshalb man nie das Gefühl hat etwas Neues zusehen. 

Nichtsdestotrotz erwische ich mich selbst ab und an dabei, dass ich beim Durchzappen bei dem Format hängenbleibe und das, obwohl ich aus Überzeugung sagen kann, dass mir das Format nicht gefällt. Als Zuschauerin schäme ich mich fremd, wenn sich die Teilnehmerinnen nicht leiden können, es zu Streitereien kommt oder die schlechten Bepunktungen einer Kandidatin offensichtlich nicht gerechtfertigt sind, aber genau diese Geschehnisse amüsieren mich wiederum auch und sind der Grund, weshalb mich das Format doch das ein oder andere Mal halten kann. 

Die Kommentare von „Froonck“ scheinen manchmal recht informativ zu sein, allerdings kommt es mindestens genauso oft vor, dass die Einspieler sehr unpassend sind und meinem Humor absolut nicht entsprechen. Außerdem bin ich der Meinung, dass das Format in sich schlüssiger wäre, wenn „Froonck“ ebenfalls Punkte vergeben würde, damit die Wahrscheinlichkeit steigt, dass am Ende der Woche tatsächlich die beste Hochzeit und nicht die Braut, die am strengsten bewertet, die Traumreise gewinnt. 

Ich persönlich kann nicht nachvollziehen, weshalb sich Brautpaare dazu bereit erklären, an dem Format teilzunehmen: Die eigene Hochzeit wird von einem Kamerateam begleitet, wildfremde Frauen erscheinen zu den Feierlichkeiten und man steht im ständigen Vergleich zu den anderen Bräuten – und das am vermeintlich `schönsten Tag des Lebens´. 

4 Hochzeiten und eine Traumreise ist somit ein Format im deutschen Fernsehen, auf das ich gut und gerne verzichten könnte, dem es aber trotzdem gelingt, mich das ein oder andere Mal als Zuschauerin zu halten.

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