Wir
gehen eine verschneite Straße entlang, vorbei am Ortsschild „Stars Hollow“. Die
Sterne funkeln schon, es ist später Abend. Zur rechten und zur linken sind
verschneite Kleinstadthäuschen zu sehen - sie scheinen mit Zuckerguss überzogen.
Weiter geht es an geschlossenen Läden
wie Westons Bakery, Al`s Pancake World
und Dosee`s Market vorbei zur Stadtmitte. Der große Platz dort ist wie auch der
Rest der Stadt mit Lichtern geschmückt und wurde auf ein Fest vorbereitet.
Essensstände, Spielbuden und sogar eine Eislaufbahn wurden aufgestellt. Über
alldem hängt ein Banner, welches stolz das
19. Jubiläum des Stars Hollow Snowflake Festivals verkündet. In der Ecke
des großen Platzes ist ein Gebäude noch erleuchtet. Wir steigen die Treppen
hoch und betreten „Lukes Diner“. Der Besitzer (Luke) steht an der Theke und
versucht seinen beiden letzten Gäste, zwei Damen, zu vermitteln, dass er
bereits vor einer Stunde schließen wollte. Als Antwort erwidern beide „Luke,
bitte noch eine Tasse Kaffee“.
Die
(fiktive) Kleinstadt Stars Hollow ist der Handlungsort der beliebten Serie
Gilmore Girls, die von 2000 - 2007 auf den Sendern WB und CB ausgestrahlt
wurde. Im Zentrum steht das Leben der zu Beginn 32-jährigen Lorelai Gilmore und
ihrer 16-jährigen Tochter Rory Gilmore. Lorelai, gespielt von Lauren Graham,
rannte von Zuhause weg als sie mit 16 schwanger wurde und zieht ihre Tochter
seither alleine im beschaulichen Stars Hollow auf. Nur, dass sie dabei nicht
wirklich alleine ist. Die ganze Stadt liebt die Gilmore Girls und so tun alle
ihr möglichstest, um Lorelai und Rory zu unterstützen.
Die
Serie Gilmore Girls beschäftigt sich mit dem Alltäglichen, den Sorgen normaler
Menschen: Familie, Freunde, Liebe und Karriere. Zusehen ist ein bisschen wie
nach Hause kommen. Wir können abschalten, den eigenen Sorgen entfliehen und eine Auszeit nehmen. Sieben Staffeln
sahen wir Rory (Alexis Bledel) zu einer klugen, fürsorglichen jungen Frau mit großen
Ambitionen heranwachsen. Lorelai und
Rory sind nicht nur Mutter und Tochter sondern auch beste Freundinnen.
Gemeinsam mit den beiden durchleben wir die Schwierigkeiten, aber auch die Freuden des
Lebens. Um ihren Traum Journalistin zu verwirklichen, besucht Rory zunächst
eine Privatschule, später das Elite-College Yale. Die Finanzierung ihrer
Ausbildung übernehmen ihre wohlhabenden
Großeltern, von denen Lorelai sich seit
ihrer Schwangerschaft entfremdet hat. Beim allwöchentlichen Abendessen im
Anwesen der Großeltern kommt es daher jede Woche aufs neue zu lustigen,
unangenehmen, enttäuschenden oder berührenden Momenten. Auch die Szenen in
Lukes Diner, Lorelais Inn oder bei den Stars Hollow Festivals bieten immer
wieder Anlass zum Schmunzeln. Die Serie wird gerade durch die liebenswürdigen, schrägen Bewohner von Stars
Hollow besonders. So zu Beispiel Lorelais beste Freundin und Köchin Sookie St. James (Melissa Mccarthy), die durch ihre
liebenswerte, chaotische Art überzeugt oder auch Rorys beste Freundin Lane, die
den Versuch unternimmt, aus der streng katholischen Welt ihrer Mutter
auszubrechen, um in einer Rockband zu spielen.
Produziert
wurde die Serie von Amy Sherman Paladino und ihrem Mann Daniel Palladino. Da
Gilmore Girls in den Warner Bros Studios in Burbank gedreht wurde, benötigten
die vielen im Winter spielenden Episoden tonnenweise Kunstschnee. Der Titelsong
„where you lead“ wurde von Carole King und Louise Goffin geschrieben. In ihm
spiegelt sich die enge Beziehung der beiden Hauptcharaktere wieder. Als
Zuschauer hofft man wirklich, dass für Rory und Lorelai alles zum Besten
ausgeht und man wird nicht enttäuscht. Lorelai findet in Luke (dem Besitzer des
Diners) schließlich ihre große Liebe und Rory schließt Yale erfolgreich ab.
Ihrem Traum Journalistin zu werden scheint nichts mehr im Wege zu stehen. Alles
könnte so schön sein….
Hätten
die Produzenten nicht beschlossen eine Fortsetzung zu produzieren, die 9 Jahre
später spielt. Die 2016 auf Netflix erschienene Fortsetzung „Ein neues Jahr- A Year in the Life“ wurde mit
Spannung und Vorfreude erwartet. Die vierteilige Miniserie erzählt die Zukunft
von Rory, Lorelai und den Bewohnern von Stars Hollow. Leider enttäuscht sie
dabei auf ganzer Linie. Die 4 Episoden spielen jeweils in einer der 4 Jahreszeiten-
somit begleiten wir die Gilmore Girls ein ganzes Jahr hindurch. Rory ist keine
erfolgreiche Journalistin geworden im Gegenteil - sie zieht sogar wieder bei
ihrer Mutter ein. Sie wirkt selbstbezogen und ohne Ambitionen. Der Zuschauer
muss sich fragen, was aus der klugen jungen Frau geworden ist, die in der
Originalserie ein Vorbild für viele aufwachsende Mädchen war. Auch Lorelais
Selbstfindungstrip lässt sich nicht wirklich erklären. Nachdem die Zuschauer
sieben Staffeln auf das Zusammenkommen von Lorelai und Luke warten mussten, ist
sie sich 9 Jahre später plötzlich doch nicht mehr so sicher? Wieso?
Andere
Charaktere, beispielsweise Sookie tauchen nur in kurzen Sequenzen auf, die
nichts über ihre Entwicklung aussagen. Es wirkt beinahe so als wären die
Produzenten schlecht auf ihre Figuren zu sprechen. Am tragischsten ist aber
wahrscheinlich die Zukunft von Lane. Sie hatte es geschafft, der Strenge ihrer
Mutter zu entkommen und eine Band zu gründen, nur um dann 9 Jahre später den Job
ihrer Mutter zu übernehmen und im gleichen Haus wohnen zu bleiben. Gilmore
Girls „Ein neues Jahr“ hat wie auch andere Fortsetzungen erfolgreicher Serien
maßlos enttäuscht. Woher kommt der plötzliche Drang erfolgreiche Serien
wiederzubeleben. Manchmal wäre es besser eine gutes Ende einfach auf sich
beruhen zu lassen. Das neue Jahr von Gilmore Girls hätte ich zumindest lieber
nicht gesehen. Ein unwürdiger Abschluss einer sonst so schönen Serie.
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