TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Dienstag, 12. September 2017

Man vs. Fly: Ein Blick in das Kuriositätenkabinett des Senders Tele 5

von Felix Rieger 

Ob Fußball-WM, Berichte vom aktuellen Bundestagswahlkampf oder Weltkriegs-Dokus – es braucht nicht mehr als einen kurzen, zaghaften Blick in eine der vielen Fernsehzeitschriften um zur ebenso ernüchternden wie banalen Erkenntnis zukommen, dass die Geschichte der Menschheit vor allem eines ist, nämlich eine Chronik unzähliger Konflikte. Doch während bei diesen Ereignissen der monumentale Charakter mehr oder weniger offensichtlich hervortritt, ist das bei den kleinen Kriegen des Alltags eher weniger der Fall. Niemand schenkt Charlotte Beachtung, die gerade den einzig freien Parkplatz an Christian verloren hat, weil er im Eiltempo über den Asphalt gerauscht ist. Oder man denke nur an den kleinen Jan, der im Armdrücken gegen die fiese Lisa verloren hat und seither von den coolen Jungs auf dem Schulhof ausgelacht wird.
 Wer jetzt über diesen ja wirklich dramatischen Umstand in Trübsal verfällt – auch ich bedauere zutiefst, dass meinem sozialen Umfeld nicht mehr als ein müdes Gähnen zu entlocken ist, wenn ich mich mal wieder bei Ihnen über die Lautstärke im Zug beschwere und ich deshalb nicht schlafen konnte – sollte wissen, dass er im Münchner Sender Tele 5 einen Bruder im Geiste hat. „Man vs. Fly“ heißt das nur knapp vierminütige Format, in dem fünf Mal in der Woche eine der größten kleinen Schlachten des Lebens in den Mittelpunkt gerückt wird, und zwar der Kampf auf Leben und Tod zwischen dem Menschen und einer gewöhnlichen (und daher ausgesprochen lästigen) Stubenfliege. 

Als Arena für die nun folgende Materialschlacht haben die Macher des ursprünglich als Online-Sendung konzipierten Formats eine weiße Gummizelle auserkoren. Verständlich, denn wer verfällt nicht in Blutrausch und krankhaftes Lachen, wenn nach Stunden des Terrors das schwer zu fangende Insekt endlich auf dem Boden liegt? Für diesen Akt momentärer Grausamkeit an Kleintieren stehen den Kandidaten exakt 60 Sekunden zur Verfügung. Bezwingen die Kandidaten ihren Gegner, werden sie mit immerhin 100 Pfund Sterling belohnt, anderenfalls gewinnt die Fliege ihre Freiheit zurück und der Kandidat muss fortan mit der Schmach leben, von einer Fliege bezwungen worden zu sein Um gegen die Flugfähigkeit der Fliege gewappnet zu sein, dürfen die zu jeder Zeit kostümierten Teilnehmer eine zu ihrer Verkleidung passende Waffe mit ins Gefecht nehmen. So versucht beispielsweise ein Mann im LEGO-Kostüm mit einem Hammer aus LEGO-Steinen erfolglos, die Fliege zu eliminieren. Im britischen Original wurde die Show von diversen Gastsprechern kommentiert, in der deutschen Synchronfassung übernimmt diese Aufgabe Peter Rütten, der gemeinsam mit Oliver Kalkofe in ähnlicher Funktion auch in der Reihe „Die schlechtesten Filme aller Zeiten“ („SchleFaZ“) auftritt. 

Mit all seiner Absurdität und seinem Bombast fügt sich „Man vs. Fly“ nahtlos in die heutige Programmlandschaft von Tele 5 ein. Ursprünglich gestartet als Teil einer Sendergruppe des Unternehmers und ehemaligen Ministerpräsidenten Italiens Silvio Berlusconi, hat sich der Sender in jüngeren Jahren und spätestens seit Beginn der SchleFaZ-Reihe im Jahr 2013 zu einem wahren Kultsender entwickelt. Tele 5 gibt in seinen Werbeeinspielern offen zu, dass die Formate von teilweise fragwürdiger Qualität sind, nimmt diesen Umstand jedoch einfach hin, präsentiert die Sendungen dem Zuschauer und dieser nimmt sie dankend an – wahrscheinlich auch deswegen, weil ein derart ehrlicher Umgang mit den eigenen Sendungen Seltenheitswert hat. 

Dass beim Gefecht gegen die Fliege mit skurrilen Werkzeugen übrigens nicht immer der Erfolg ausbleibt, beweist dann letzten Endes ein Mann im Zaubererkostüm, dem es gelingt, mit einer Spielkarte das lästige Ungeziefer abzuschießen. Da sage einer nochmal, Fliegentöten wäre nicht filmreif.

1 Kommentar:

  1. "Oder man denke nur an den kleinen Jan, der im Armdrücken gegen die fiese Lisa verloren hat und seither von den coolen Jungs auf dem Schulhof ausgelacht wird." Ach diese Kindheitserinnerungen... Haha!

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