TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Montag, 31. August 2020

Suits – Recht vs. Gerechtigkeit

von Sophia Hadamek
Die besondere Freundschaft des Fahrradkuriers Mike Ross und dem Star-Anwalt Harvey Specter beginnt in einem Bewerbungsgespräch, in dem Mike mit einem Koffer voller Marihuana in der Hand aus versehen landet. Sein großer Traum war es Jura zu studieren und wofür er auch mit seinem fotografischen Gedächtnis die besten Voraussetzungen hat. Jedoch nutzte er dieses, um Testantworten zu verkaufen und ist somit vom College geflogen. Ihm gegenüber steht der beste "Closer" in New York, welcher auf der Suche nach einem neuen Associate ist. Obwohl Mike es deutlich macht, dass er keinen Abschluss hat, schafft er es gekonnt, Harvey zu überzeugen ihn dennoch einzustellen. Statt T-Shirt und Jeans taucht Mike nun in die Welt von Tom Ford und Brioni ein. Da er deutlichen Nachholbedarf in Sachen Business Attire hat, kommt es zu einigen Szenen die vor allem für Anzug Liebhaber aber auch für T-Shirt und Jeans Träger lustig sind. In der Anwaltskanzlei "Pearson Hardman" arbeiten ausschließlich Anwälte, die ihre juristische Ausbildung an der Eliteuniversität Harvard abgeschlossen haben. Dies macht den Ausgangskonflikt von Suits aus. Mike muss sich durch den Arbeitsalltag mogeln, ohne dass jemand seinen Schwindel bemerkt.
Trotz diesem Damoklesschwert meistert er die Fälle in Zusammenarbeit mit seinem neuen Mentor mit großem Erfolg. Er findet schnell Anschluss in der Kanzlei, wobei die restlichen Hauptcharaktere vorgestellt werden. Eine der wohl wichtigsten Figuren ist die überqualifizierte Rechtsanwaltsfachangestellte Rachel Zane (gespielt von Meghan Markle The Duchess of Sussex), in welche Mike sich sofort verliebt. Ähnlich wie in der Serie Friends beginnt eine On-Off Liebe von Ross und Rachel, welche ebenfalls durch Mikes Geheimnis gefährdet ist. Rachels beste Freundin ist Donna Paulsen, die allwissende Sekretärin von Harvey. Sie ist, wie sie im Laufe der Staffeln immer wieder selbst betont, diejenige, die den Laden zusammenhält. Harveys Gegenspieler in der Kanzlei ist Louis Litt. Die beiden haben zusammen studiert und stehen in ununterbrochenem Konkurrenzkampf, wobei Harvey die Nase immer ein Stückweit vorne hat. Diese Eifersüchtelei führt bei Louis zu einigen aggressiven Ausschreitungen, was eine Menge an Spannung und Menschlichkeit in den überkandidelten, preziösen Büroalltag bringt. Ein weiterer Punkt, der die beiden ambitionierten Anwälte zu Rivalen macht, ist der Kampf um die Anerkennung der taffen Powerfrau Jessica Pearson, welche als Managing-partner agiert. All diese Charaktere sind von Beginn an solide etabliert und wachsen über den Verlauf der neun Staffeln weit über sich heraus. Ebenso so wie die Charaktere werden auch die Fälle über die Zeit immer komplexer. In den ersten Staffeln werden pro Folge ein oder zwei Fälle behandelt und auch abgeschlossen. Später werden die Fälle immer langwieriger und müssen parallel zu anderen Fällen oder zu juristischen Problemen innerhalb der Kanzlei gelöst werden.
Die wichtigsten Themenbereiche der Serie sind Loyalität, dicht gefolgt von Erfolg, Geld und dem eigenen Selbstbild. Die Freundschaft zwischen Mike und Harvey basiert auf Loyalität, wobei ihr jeweiliges Selbstbild ihnen manchmal in die Quere kommt. Harvey strotzt vor Selbstbewusstsein und Coolness und möchte weiter die Erfolgsleiter hinaufsteigen. Für seine Mandanten tut er alles, um zu gewinnen und bewegt sich dabei des Öfteren in Grauzonen des Rechts. Im Gegensatz dazu hat Mike einen stärker ausgeprägten moralischen Kompass und möchte Menschen denen Unrecht getan wurde mit seinem neuen Beruf helfen. Dass sein Boss Harvey Specter hauptsächlich im Unternehmensrecht tätig ist, indem es meistens um Unmengen an Geld geht anstatt um menschliche Schicksale, scheint Mike in solchen Momenten zu vergessen. Durch die beiden Charaktere wird hier der Kampf um Recht versus Gerechtigkeit personifiziert.
Das Genre von Anwaltsserien ist nichts Neues. Serien wie Law and Order, How to Get Away with Murder oder The Good Wife erfreuen sich schon langem an Erfolg. Auch diese Serien spielen mit Fällen, in denen das Recht nicht auf der Seite der Figuren ist, mit denen der Zuschauer sympathisiert. Dennoch haben alle einen etwas anderen Fokus. Law and Order spielt mit den zwei Perspektiven der Polizei und der Staatsanwaltschaft bei Sexualverbrechen und auch How to Get Away with Murder befasst sich hauptsächlich mit Kriminalverbrechen. Bei The Good Wife hingegen wird mehr mit dem Privatleben der Hauptdarstellerin gespielt. Außerdem liegt ein weiterer Fokus dieser Serie, wie auch in dem aufregenden Spin-off The Good Fight, auf politischen Themen. Suits vereint ein bisschen von allem, grenzt sich aber durch den intensiven Fokus auf die reiche Bevölkerung New Yorks von den anderen Serien ab.
Schaut man die Serie aufmerksam und befasst sich tatsächlich mit den Fällen, wird schnell deutlich, dass die Serie wenig damit zu tun hat wie es in einer echten Kanzlei abläuft. Auf YouTube gibt es für juristisch interessierte einige Videos, in welchen ein Anwalt Folgen kommentiert und aufklärt, warum gewisse Dinge nicht möglich wären. Für manche könnte dies natürlich die Serie kaputt machen, ich persönlich finde sie dadurch umso spannender. Filmliebhaber können sich auch über Zitate aus anderen Filmen freuen, da Harvey und Mike über die neun Staffeln verteilt über 60 Anspielungen oder direkte Zitate in ihre Konversationen einbauen, wie beispielsweise Top Gun, Good Will Hunting, Herr der Fliegen, Mississippi Burning, Scarface und viele mehr.

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