TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Dienstag, 25. August 2020

Quicksand

von Anonym

Schüsse, Schreie und Unmengen an Blut – so beginnt die erste Folge der sechsteiligen Netflixserie „Quicksand“. Schnell ist klar, dass es sich hier um einen Amoklauf handelt und die 18-jährige Schülerin Maja Norberg unter Verdacht steht, ihre Mitschüler mit ihrem Freund Sebastian Fagerman umgebracht zu haben. Sie bricht noch im Klassenzimmer zusammen, wird von Rettungssanitätern hinausgebracht und danach in Untersuchungshaft geführt. Die 18-Jährige wird des Mordes, des Mordversuchs und der Beihilfe zum Mord angeklagt. Anfangs ist nicht klar, wie es zu diesem schrecklichen Ereignis kommen musste und ob Maja wirklich eine heimtückische und kaltblütige Mörderin ist oder nicht. Quicksand ist eine schwedische Netflixproduktion, die auf dem Roman „Im Traum kannst du nicht lügen“ von Malin Persson Giolito basiert. Seit April 2019 ist diese auf Netflix abrufbar.
Es gibt Zeitsprünge bzw. zwei Erzählebenen, einmal Maja Norberg in Untersuchungshaft in der Realität und auf der anderen Seite Rückblicke ihres Lebens vor dem Amoklauf bis zu diesem tragischen Ereignis. Beginnt es am Anfang mit schönen Erlebnissen, wird nach und nach die tragische Wendung gezeigt. Die ständigen Rückblenden stellen sehr gut die Wendung der ganzen Geschichte dar. Maja wirkt in Untersuchungshaft traumatisiert, sie kann sich an den genauen Vorfall nicht erinnern. Hier wird erstmal nicht klar, ob Maja das Opfer darstellt oder als Täterin fungiert hat. Die Rückblicke stellen erstmals eine heile Welt dar voller Freude, Liebe, Glück und Reichtum. Ein starker Kontrast zu der Kameraposition in Untersuchungshaft, bei der eine düstere Atmosphäre herrscht. Die Drehorte sind meistens die Schule, Majas Zuhause oder auch Sebastians.
Die Flashbacks beginnen mit dem Kennerlernen der beiden Jugendlichen Maja und ihrem festen Freund Sebastian. Im Fokus stehen die Schüler eines Elite-Gymnasiums in dem noblem Vorort Djursholm der schwedischen Hauptstadt. Maja ist eine Musterschülerin, schreibt gute Noten und ist beliebt. Mit ihren Eltern und ihrer kleinen Schwester macht sie oft Urlaube in Südfrankreich. Zu Beginn fragt sich der Zuschauer, wann kam es zu dieser bedeutenden Wendung von einer braven, vorbildlichen und anpassungsfähigen Schülerin und zu einer Attentäterin? Maja und Sebastian kennen sich aus Kindheitstagen, hatten jedoch den Kontakt verloren. Im Sommer vor ihrem letzten Schuljahr treffen sich die beiden wieder und eine Liebesgeschichte mit Höhen und Tiefen beginnt.
Am Anfang der Beziehung erlebt man Sebastian als typisch verwöhnter Sunnyboy. Mit Yachturlauben, teuren Klamotten und einer wohlhabenden Familie entspricht er dem typischen Klischee eines verwöhnten Sohnes. Doch auch zu Beginn wird das schlechte Verhältnis zu seinem Vater schon sehr deutlich. Sein Bruder, der auf die Harvard University geht, ist der Lieblingssohn seines Vaters. Sebastian wird als Versager darstellt, nimmt Drogen und trinkt viel Alkohol, um seine Probleme und Sorgen zu vergessen. Eine große Hilfe ist ihm seine Freundin Maja, die ihn bei allem unterstützt und für ihn da ist. Nach und nach artet die Situation jedoch aus. Sebastian nimmt immer mehr Drogen, wird launisch und entwickelt eine Faszination für Waffen. Er stellt einen kompletten Kontrast zur Hauptdarstellerin Maja dar.
Zu den Stärken der Serie zählt, dass sie es schafft, eine Ahnung von den Geschehnissen zu vermitteln, aber nie zu viel vorwegzunehmen und die Zuschauenden zu verunsichern. Mich hat die Serie bis zur letzten Sekunde sehr gefesselt und bewegt. Ich finde, dass Hanna Ardéhn, die Maja verkörpert, die Emotionen sehr gut darstellt. Auf der einen Seite hat man Mitleid mit Maja Norberg, andererseits fragt sich der Zuschauer auch, ob sie das Mitleid überhaupt verdient hat. Die Schlussszenen sind für den Zuschauer überraschend und auch sehr emotional, weil selbst wenn der Gerichtsprozess abgeschlossen ist, sich das Leben für Maja Norberg für immer ändern wird und nichts ist wie vor dem Amoklauf. Sie hat ihre engsten Freunde verloren und mit diesem Schicksal wird sie auf Dauer leben müssen.
Was mir ein wenig gefehlt hat, ist die Sicht von Sebastian. Die Rückblicke sind durchgehend aus Majas Perspektive erzählt, wie sie die letzten Monate bis zum Amoklauf erlebt hatte. Mir haben noch die genaueren Hintergründe von Sebastian gefehlt, wie es aus seiner Perspektive zu so einer schrecklichen Tat kommen musste und wie er zu seinen Freunden und Maja steht. Denn auch diese Beziehung hatte ihre Höhen und Tiefen. Seine familiären Verhältnisse waren hingegen sehr gut dargestellt.
Nichtsdestotrotz kann ich Quicksand nur empfehlen, definitiv keine leichte Kost, jedoch regt die Serie zum Nachdenken an. Ich finde es auch sehr wichtig, dass auch solche Themen in Serien bzw. auf Netflix behandelt werden. Die Darstellung des Amoklaufs war meiner Meinung nach auch in keiner Weise überzogen, sondern die schlimme Thematik wurde sehr angemessen behandelt.

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