TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Mittwoch, 7. März 2012

Das perfekte Promi-Dinner - Oder: Die Tafel für verarmte Promis

von Johanna Hölldorfer

„E- Promis“, so kann man die Art von Prominenten bezeichnen, die in der alphabetischen Reihenfolge des Bekanntheitsgrades nicht ganz so weit vorne steht. Während die Bezeichnung „C- Promi“ (z.B. Oliver Pocher) bereits negativ belastet ist, meint „E- Promi“ die wirklich kleinen Sternchen Deutschlands, die wahrscheinlich nicht einmal über die Landesgrenzen hinweg bekannt und eigentlich schon längst aus dem Gedächtnis des durchschnittlichen Fernsehzuschauers entschwunden sind.
Das „E“ könnte zudem auch für „Ess“ stehen, sodass ein „Ess-Promi“ jemand ist, der über verschiedene Kochshows versucht, wieder ins Fernsehen zu kommen oder sich Aufschwung in seiner Karriere erhofft. Von diesen Shows und diesen „Promis“ gibt es reichlich.
Eine dieser Shows ist „Das perfekte Promi-Dinner“. Das Format entstand aus der ursprünglichen Show „Das perfekte Dinner“. Beides sind Koch-Dokumentationen, entstanden 2006 und laufen seitdem regelmäßig auf  dem Privatsender VOX. Während „Das perfekte Dinner“ fünf Mal in der Woche jeweils eine Stunde läuft, wird „Das perfekte Promi-Dinner“ immer sonntagabends zur Prime-Time um 20:15 Uhr in Spielfilmlänge ausgestrahlt.
 
Am Sonntag, den 22.01.12, durfte „das perfekte Promi-Dinner“ mit dem Tatort, einer Komödie aus Deutschland, Science-Fiction, Crime und einer US-Kinokomödie um die Einschaltquoten kämpfen. Die 4,4 Prozent erscheinen im Vergleich zum Tatort mit 24,3 Prozent eher mickrig. Von außen betrachtet fragt man sich: Wer will so etwas noch sehen?
Der Ablauf des perfekten Promi-Dinners ist immer der gleiche: vier Promis bekochen sich der Reihe nach vier Abende lang gegenseitig mit einem Drei-Gänge-Menü. Dabei wird von jedem einzelnen die Wohnung gefilmt (die natürlich blitzblank aufgeräumt ist) und die bisherige Karriere immer wieder hervorgehoben. Vorab werden sie beim Einkaufen, Vorbereiten und Kochen gefilmt. Zwischen Vorspeise und Hauptgang dürfen die Gäste die Wohnung durchstöbern und finden dann „zufällig“ pikante Dinge aus der Vergangenheit. Zwischendurch werden kontinuierlich Einzelinterviews eingeblendet mit Kommentaren der Promis zum Essen, zu den anderen Promis oder zu den spontanen Vorfällen des Abends. Die Gäste bewerten auf einer Skala von eins bis zehn das Essen und am letzten Abend wird der Sieger gekürt, der 5.000 Euro für einen guten Zweck bekommt.
An jenem Sonntag waren folgende „Promis“ zum Kochen animiert: Susan Atwell, Carolin Ruppert, Daniel Küblböck, und Elmar Hörig. Falls es nun jemandem entfallen sein sollte, wer diese Prominenten sind, hier eine kleine Erläuterung, die aus den Einblendungen der Sendung entstammt: Susan Atwell: Moderatorin. Moderiert „Maintower“ im HR. Carolin Ruppert: Model. TV- Moderatorin. Vierte bei Germany’s Next Topmodel. Daniel Küblböck: Sänger und Entertainer. Echo-Preisträger 2004. Wurde durch DSDS bekannt. Elmar Hörig: Radio- und TV-Moderator. Radio-Legende. Aha.
Die Promis treffen sich nun jeden Abend zum Essen. Im Gegensatz zur Sendung „Das perfekte Dinner“ steht hier nicht das möglichst perfekte Menü im Vordergrund, obwohl sich die Promis schon Mühe geben, wie z.B. Carolin: sie macht selbst Nudeln. Leider sind sie zu hart. Nein, es stehen eher die Promis selbst im Vordergrund, deren Leben, wie und wo sie wohnen und wie sie sich „privat“ geben. Man will beim „perfekten Promi-Dinner“ nicht wissen, ob das Geheimrezept von der Großmutter stammt, man will wissen, wie Daniel Küblböck jetzt sein Geld verdient. Und es ist kaum zu glauben: er ist jetzt Soul-Sänger. Zudem wohnt er in einer geräumigen Altbauwohnung mit zwei dicken Katzen zusammen und hat einen kleinen Buddha-Altar in der Küche stehen.
Die Promis versuchen sich über das Format wieder interessant für die Zuschauer bzw. Fans zu machen, sozusagen Promotion für die eigene Karriere. Warum sonst sollten sie sich zum „perfekten Promi-Dinner“ zusammenfinden? Bestimmt nicht aus Spaß oder Langeweile. Das Model Carolin hat es zwar sicher genossen, einmal eine Freistellung von ihrem Ernährungsplan zu bekommen, aber wahrscheinlich muss sie das die nächsten Wochen wieder hart wegfasten. Da hilft es auch nicht, wenn sie stolz erzählt, dass sie ein Diplom in BWL hat.
Gut, dass es bei all der Seriosität der Promis jemanden gibt, der die Sendung auflockert: Der Kommentator, der die Promis und insbesondere Daniel Küblböck ein bisschen aufs Korn nimmt. Der Kommentator bringt Witz und Lockerheit in die Show, man könnte sogar sagen, er haucht ihr das Leben ein. So lernen wir Daniels Lebensmittelbezeichnungen kennen: Basilikum ist bei ihm „Oregano“ und der Kakao fürs Tiramisu ist „Schokolade“.  Auch sein „Model-Kalender“ lässt einen zum Schmunzeln verleiten, als die anderen Promis ihn entdecken und sich kaputtlachen.
Nach dem Motto „sex sells“ ist sich Daniel auch nicht zu schade, sich mehr oder weniger charmant an Carolin zu werfen und langt ihr „versehentlich“ auf ihren Allerwertesten, wobei sie entrüstet „Danieeel“ kreischt und im Einzelinterview ihn als „asexuell“ für sie bezeichnet.

Alles in allem ist die Show unterhaltend durch manche spontanen und ungewollt lustigen Szenen, durch den Kommentator und ein paar witzigen Szenenzusammenschnitten bei den Kommentaren, z.B. ein Bild von Daniel im „Playboy“.
Doch teilweise ist das Format in seinen zweieinhalb Stunden sehr schleppend, es wird ja immerhin vier Mal hintereinander gekocht. Es wiederholt sich vieles, wie das „Bussi Bussi“ bei der Ankunft (und das auch noch vier Mal!). Es ist außerdem anstrengend, nicht das Interesse zu verlieren und in eine der vielen Werbepausen umzuschalten. Doch wer es mag, anderen Leuten beim Essen zuzusehen ist natürlich bei dieser Show richtig. Die Punktebewertung kann einen veranlassen, weiter zuzuschauen, denn man möchte es dann doch wissen, wer am besten gekocht hat.

Wer sich also für die „E-Promis“ und deren Leben interessiert, sollte „Das perfekte Promi- Dinner“ unbedingt einschalten, denn man bekommt einen guten, wenn auch oberflächlichen Einblick in deren (Privat-)Leben. Wer allerdings auf ein Treffen von Gaumenfreuden und guten Rezepten hofft, sollte lieber „Das perfekte Dinner“  unter der Woche ansehen, denn dort geht es hauptsächlich um das möglichst gute Kochen.
Auch wenn Daniel mit seinem „italienischen Abend“ und 29 von 30 Punkten gewonnen hat, geht es hier mehr um die Show, die drum herum gemacht wird, als um das Essen selbst.
Außerdem muss man sich hier auf alles gefasst machen. Manche Späße der Promis gehen unter die Gürtellinie, wie Elmar Hörigs Abschlusskommentar, der die ganze Sendung über der „Witzbold“ war: „Kau die Nudel, solange sie noch hart ist.“
Auch wenn wir das vielleicht nicht wahrhaben wollen: ein bisschen interessiert es ja schon, wie ein Model wohnt oder ob Daniel Kübelböck immer noch so durchgeknallt wie zu Zeiten von DSDS oder Dschungelcamp ist. „Das perfekte Promi- Dinner“ ist eine angenehme Alternative um den Sonntagabend gemütlich und entspannt ausklingen zu lassen.

Ich könnte es allerdings nicht regelmäßig anschauen, da ich es zu langweilig finde und die Rezepte auch nicht so spektakulär sind. Nur wenn ein „Promi“ dabei wäre, der mich interessiert, würde ich es einschalten. Doch bei der Liste, die bei Markus Prinz von Anhalt,  Joey Kelly und Detlef D! Soost anfängt bis hin zu Namen, die ich noch nie gehört habe, ist meine Begeisterung für diese Sendung nicht allzu groß.

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