TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Mittwoch, 7. März 2012

Wissen vor acht - Die Welt erklären in 145 Sekunden

von Julia Kempe
 
"Die Welt erklären in 145 Sekunden" ist die Herausforderung, der sich die ARD montags bis freitags um 19:45 Uhr stellt. Seit 2008 beantwortet hier der Physiker und Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar in gut zwei Minuten Phänomene des Alltags, zum Beispiel weshalb wir Gänsehaut bekommen, was "gefühlte Temperatur" bedeutet oder weshalb der Himmel blau ist. Am Anfang einer jeden Ausstrahlung stellt sich Yogeshwar den Faszinationen des Alltags, indem er entweder eine von der Redaktion ausgearbeitete oder von den Zuschauern eingesendete Frage beantwortet.

Am Aufnahmeort, einer Dampfmaschinenhalle des Gründer- und Technologiezentrums in Solingen, dienen dabei die sorgfältig ausgewählten Requisiten der Visualisierung der Fragestellung und ihrer Lösung. Zusätzlich versuchen kurze Einspielfilme und Effekte, dem Zuschauer die Aufklärung des Phänomens verständlicher zu machen.
So stellt sich Yogeshwar beispielsweise die Frage, weshalb Katzenaugen eigentlich leuchten. Gleich zu Anfang schleicht daher eine Katze durch die Halle, Yogeshwar richtet eine Taschenlampe auf sie, um den Unterschied mit und ohne Lichteinstrahlung anhand der Katzenaugen zu sehen. Der Zuschauer weiß durch diese Anfangssequenz gleich um welches Phänomen es sich handelt. Während er erklärt, dass Katzen ihre Pupillen bis auf einen Durchmesser von 14mm weiten können, Menschen dagegen nur maximal 9mm erlangen, untermalt ein Kurzfilm das Gesagte. Katzen nutzen durch ihre Nachtaktivität das Licht viel besser, dies gelingt ihnen durch eine "lichtverstärkende Schicht", die Yogeshwar anhand eines riesigen Katzenaugen-Modells wieder in der Aufnahmehalle demonstriert. Durch das erneute Betätigen seiner Taschenlampe wird sichtbar, dass sich eine Art Spiegel an der Netzhaut der Tiere befindet. Durch einen animierten Einspieler wird dabei das Geschehen hinter den Augen noch einmal verdeutlicht, der Zuschauer bekommt die Gelegenheit, seinen theoretischen Abhandlungen besser zu folgen.

Die Informationssendung, die den Übergang zwischen Fernsehquiz und Tagesschau im Ersten Deutschen Fernsehen regelt, braucht also nicht länger als einen Werbespot, um dem Publikum ein Ergebnis zu präsentieren. Wahrscheinlich ein Grund dafür, dass die Zuschauer sie schlichtweg übersehen oder sie sogar manchmal nicht in Fernsehzeitschriften aufgeführt wird. Der schwache Marktanteil von 4 bis 5 Prozent führt nun schließlich dazu, dass "Wissen vor acht" seit 2012 Thomas Gottschalks neuer Fernsehsendung weichen musste: Zukünftig wird nur noch freitags vor der Tagesschau das zweiminütige Wissen vermittelt.

"Wissen vor acht" zeichnet sich gegenüber anderen Wissenssendungen der Fernsehlandschaft, wie zum Beispiel "Galileo" (ProSieben), durch ihre Kürze aus. Diese führt zum einen dazu, dass die kurze Aufmerksamkeitsspanne des Zuschauers clever ausgenutzt und schnell auf den Punkt gekommen wird. Durch die Abhandlung einer, und nicht wie in anderen Wissensmagazinen mehrerer Fragen, bleibt das Ergebnis der Sendung besser im Gedächtnis der Zuschauer. Den Reiz dabei macht aus, dass Fragen beantwortet werden, über die man eigentlich nie genauer nachdenkt, sie für selbstverständliche Alltagsphänomene hält. Das ARD schafft es mit dieser Sendung selbst aus scheinbar simplen Gegebenheiten ein interessantes Thema zu erschaffen. Die Auswahl eines Wissenschaftsjournalisten und Physikers als Moderator unterstreicht dabei die Seriösität dieses Formats, das trotzdem zu unterhalten weiß.
Vor allem die Kurzweiligkeit, gepaart mit dem Charme des Moderators und der faszinierenden Einspielung von Filmen, Effekten und Requisiten macht die Sendung "Wissen vor acht" zu einem, wenn auch kurzen, Fernsehvergnügen für jung und alt.

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