TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Mittwoch, 31. Juli 2019

The Royals – Sex, Drugs und Rock ‘n’ Roll im Buckingham Palace

von Felicitas Dusel
„Ich bin bloß ‘ne Bitch, die Macht und Geld hat, aber es steht mir gut.“ Eine solche Aussage würde man wohl kaum der Prinzessin des Vereinigten Königreichs zuordnen, doch in der amerikanischen Fernsehserie The Royals stammt der Satz genau von besagter fiktiver Prinzessin. Wenn man an „Royals“ denkt, haben die meisten von uns sicherlich sofort den Buckingham Palace, Queen Elizabeth, vornehme Hüte, Hofetikette und Prinzessinnenhochzeiten im Kopf. Die Serie des US-Senders E! orientiert sich zwar an diesen Bildern des britischen Königshauses, aber nur um sie dann komplett umzuwerfen und auf den Kopf zu stellen. 

Donnerstag, 25. Juli 2019

God Friended Me

von Bjarne Schwebcke
Eine Facebook Freundschaftsanfrage von Gott? Ein absurder Gedanke. Doch einer, mit dem sich der Zuschauer mit dem afroamerikanischen Miles Finer in der Weltmetropole New York wiederfindet. Mit Social Media in Form von Facebook und Miles‘ Podcast wird die Debatte zwischen „nüchtern-realer“ wissenschaftlicher Weltanschauung und einer omnipräsenten Entität im 21. Jahrhundert entfacht. „There is no proof of God anywhere in the Universe [...] I am your host Miles Finer reminding you that there is no God - and that is okay.“ Der ‚Millennial Prophet‘ zerreißt zu Beginn die Vorstellung, dass Gott existieren könnte. Diese Meinung vertritt Miles auch gegenüber einer zum Podcast eingeladenen Pastorin und seinem Vater, welcher ein Priester in Harlem, New York ist. Entsprechend skeptisch und genervt reagiert der sonst so weltoffene, freundliche und hilfsbereite Atheist auf die wiederholten Freundschaftsanfragen vom Gott-Account. Der Delete Button von Freundschaftsanfragen erscheint mir sinnvoll.

Mittwoch, 24. Juli 2019

„Aktenzeichen XY…ungelöst“: Den Verbrechern auf der Spur – und das im realen Leben



von Isabella Bauer 
„Aktenzeichen läuft!“ – sobald meine Mama, mein Papa oder mein Bruder dies gesagt haben, habe ich alles stehen und liegen gelassen. Sei es das Lernen für Prüfungen, der Plan gleich duschen zu gehen oder sogar das Essen stand nun nur noch an zweiter Stelle. Seit klein auf gehört diese Sendung zu meinem Pflichtprogramm und dies wird sich wahrscheinlich so schnell nicht ändern – doch wie kann es sein, dass ich nach all den Jahren immer noch erwartungsvoll auf die nächste Folge warte und beim Schauen gebannt vor dem Fernseher sitze?

Serien enden!

von Herbert Schwaab 
Spoiler Alert
I want you ist einer der längsten Songs, den die Beatles veröffentlicht haben. Er wiederholt nur wenige Worte, die die Liebe und das Verlangen John Lennons zu und nach Yoko Ono ausdrücken sollen, und lässt den Song in einem Fadeout ausklingen. Das Fadeout ist schön, aber auch lang, und dieser simple, aber auch verzweifelte Song scheint kein Ende zu finden. Das Ende beschert eine Schere, die das Tonband einfach durchschneidet – unglaublich brutal und abrupt, aber immerhin ein Ende. John Lennon mag sich das an dem Nouvelle Vague-Film Jules und Jim von François Truffaut abgeschaut haben, der seinen verspielten Liebesfilm auch abrupt enden lässt: mit einem herbeigeführten, aber unvorbereiteten Unfall, der ein Auto von einer Brücke stürzen lässt. I want you und Jules und Jim reflektieren damit auch über die Enden von Musik und von Film, vielleicht auch als eine Kritik an der Geschlossenheit, die Erzählungen und Musikstücke immer zu erzeugen versuchen. Tatsächlich wünschte ich mir, es gäbe auch bei Serien eine Schere, die einfach die die Episode durchschneidet, alle narrativen Fäden kappt und endgültig, kalt und schmerzlos alles beendet. Es ist manchmal eine Qual, dass Serien kein Ende finden.

Netflix Dokumentation „Unser Planet“ Ein schmaler Grad zwischen faszinierender Schönheit und gnadenloser Grausamkeit


von Melena Nendel 
 
Du hast genug von unnötig aufgebauschten Dramen, ausgelutschten Lovestories und Action-Thrillern a la Liam Neeson?! Dann ist die am 5.4 erschienene Doku-Reihe „Unser Planet“ v, die vom mittlerweile 92-Jährigen Tierfilmer David Attenborough in Zusammenarbeit mit dem World Wildlife Fund produziert wurde, vielleicht etwa für dich. Über 4 Jahre drehten zahlreiche Teams in 50 Ländern und lieferten mittels neuester Technik, atemberaubende Einblicke in die verschiedensten Naturereignisse. Wenn du dir jetzt denkst „Unser Planet“ – das gab’s doch schonmal, dann liegst du nicht ganz falsch. Denn man könnte sagen, die neue Netflix-Naturdoku ist nur ein Abklatsch der bekannten BBC Dokumentationen namens „Planet Earth“ und Co., aber der wichtige Unterschied zu den „Unser Planet“ - Vorgängern ist, dass hier die Zerstörung der Erde durch den Menschen im Vordergrund steht und wie man handeln kann, um unsere Umwelt zu retten. Am Ende jeder Folge wird der Zuschauer aufgefordert die Website „ourplanet.com“ zu besuchen, um selbst aktiv werden zu können. Die  Produzenten hätten sich wohl keinen besseren Zeitpunkt aussuchen können, um die Dokumentation auszustrahlen. Denn es scheint, als würde die Umwelt endlich immer mehr an Wichtigkeit gewinnen, vor allem auch in den jüngeren Generationen, wie man an den „Friday‘s For Future“ , sowie den kürzlichen EU-Wahlen, ganz gut sehen kann. 

Wie ich versuchte, Fan einer Daily-Soap zu werden, wie ich daran gescheitert bin und warum das Internet daran schuld sein könnte

von Paul Völkl

Die RTL-Daily-Soap(-Opera) Unter uns wurde mir von einer Zuschauerin als ihr guilty pleasure vorgestellt. Guilty pleasure - dass dieser Ausdruck Eingang in unseren Sprachgebrauch gefunden hat, weckt in mir den Verdacht, dass ein gewisses Maß an Geschmacklosigkeit heutzutage en vogue ist. Ich für meinen Teil liebe es, Leuten zu erzählen, dass ich Conan der Barbar für ein filmisches Meisterwerk halte. Ich kann mich nicht mehr genau daran erinnern, was sie mir über Unter uns sagte, aber die Quintessenz war wohl, dass die Sendung eigentlich blöd, aber gerade dadurch auch lustig und sehenswert ist. Seitdem habe ich sporadisch einzelne Episoden gesehen, verfolgte den Verlauf der Handlung aus einiger Distanz und schämte mich ein wenig dafür, überhaupt zu wissen, was da so abging.
Mich faszinierte vor allem die Tatsache, dass U.u. seit 1994 fünf Mal pro Woche ausgestrahlt wird. Unter uns war älter als ich und hatte mit seinen 6000+ Folgen fast 10 Mal so viele Folgen wie Die Simpsons, was meiner Fan-Ehre einen tiefen Kratzer versetzte. Die Aufopferung, die ich in meiner Kindheit und Jugend aufbrachte, jeden Abend vor dem Fernseher zu sitzen, obwohl ich jede Folge bereits mitsprechen konnte, verblasste vor der Möglichkeit, dass es Menschen geben könnte, die seit 20 Jahren Unter uns guckten und dabei sogar noch einer Handlung folgen mussten. Eigentlich ist es auch total egal, ob jemand die Serie seit 1994 wirklich regelmäßig guckt. Wichtig ist nur: Es gibt Menschen, die U.u. gucken und am Leben halten. Fans. Wer sind diese Fans und wie sind sie zu solchen geworden? Gibt es Leute, die diese Serie wirklich gut finden? Oder sind sie bloß fiktive Konstrukte, hypothetische Dritte, erfunden von den Guilty-pleasure-Zuschauern um zu leugnen, dass die Serie in Wahrheit für sie geschrieben wird? Oder fängt jeder als ironisch-distanzierter Zuschauer an und wird schließlich zum YouTube-Montagen bastelnden Unter-uns-Ultra? Lassen sich die Lager der ironischen und der nicht-ironischen strikt trennen, gibt es ein soziales Gefälle im Fantum? Um das Dreieck aus Soap-Opera, ihrer Guilty-pleasure-haftigkeit und dem Fan zu entschlüsseln, begebe ich mich auf eine Reise tief in das Herz des Frühabendfernsehens. Ich wollte zum Unter-uns-Fan werden.

Mittwoch, 10. Juli 2019

Big Brother auf Ibiza - Der Strache-Thementag auf ORF2, 18.5.2019


Von Herbert Schwaab 
Am Freitag den 17. Mai abends, so um 19h, Meldungen auf meinem Smartphone von Spiegel online: es gibt ein kompromittierendes Video mit H.C. Strache, Vize-Kanzler in Österreich, und Johann Gudenus, Clubobmann der FPÖ im Parlament desselben Landes. Keine Zeit, das Video anzuschauen, aber die Meldung und die Bilder aus dem Video sehen vielversprechend aus. Ist das der große Skandal,  den eine rechtspopulistische Regierung in Österreich notwendig innerhalb von 2 oder 3 Jahren produziert und der sie vernichten wird? Auch der nächste Morgen bringt noch keine Erkenntnisse, da die Information um 18 h veröffentlicht noch nicht von der Zeitung thematisiert werden konnte. Daher entschließen wir uns trotz der frühen Stunde, den Fernsehapparat anzumachen und ich schaue gebannt auf ORF dem Video einer ‚bsoffenen Gschicht‘ zu, wie es später von Strache bezeichnet wird: Er in einem sehr legeren und offenen Sommerhemd, auf einer Couch liegend, rauchend und Red Bull Wodka trinkend, Gudenus meist stehend, übersetzedn und mit einem imaginären Revolver in die Luft schießend, die Frau von Gudenus und eine verpixelte, vermeintliche russische Oligarchennichte neben Strache auf dem Sofa, die sich das alles anhört, was Strache sagt.