TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Mittwoch, 7. März 2012

„Prominent!“ – Boulevardisierung à la VOX

von Cathrin Schmiegel

„Herzlich Willkommen bei Prominent! Mein Name ist Constanze Rick.“
Mit diesem Satz begrüßt die Fernsehmoderatorin und Kolumnistin die VOX-Zuschauer wochentags um 20 Uhr, sowie dienstags und sonntags zusätzlich um circa 23 Uhr und lädt sie ein, am aktuellen Klatsch über die Welt der Stars und Sternchen teilzunehmen. Seit 2007 läuft das Magazin bereits auf VOX und verdrängte dank der soliden Einschaltquoten die Kochshow „Unter Volldampf“ von seinem Sendeplatz im Vorabendprogramm.
Das Format erinnert an die Kolumne der Carrie Bradshaw in der Kultserie „Sex and the City“ und richtet sich vornehmlich an ein weibliches Zielpublikum. Die Ereignisse in der High Society werden von Constanze Rick als persönliche Reflexion dargestellt, wodurch dem Boulevardmagazin der Charme einer Klatschrubrik verliehen wird. Rick trägt das Geschehene vor laufender Kamera scheinbar entweder in ihr Notebook oder ihr Tagebuch ein. Diese Art der Darstellung soll dem Ganzen eine interessantere und gewichtigere Note verleihen.
Selbst bezeichnet Constanze Rick die Sendung als „Informationsprogramm“. Einblicke in das Leben der Prominenten werden tatsächlich auch gegeben, wie wichtig diese jedoch sind, ist natürlich eine andere Frage. Darum geht es bei einem Klatschmagazin wahrscheinlich aber auch nicht. Der Unterhaltungswert ist zweifelsohne gegeben und die Neugier der Zuschauer auf die Welt des Glamours wird befriedigt. Der grundlegende Zweck des Programms wird erfüllt. So sind auch dessen Sendezeit und die Dauer gut gewählt. Constanze Rick kommentiert 7 bis 15 Minuten lang Gegebenheiten aus der Welt der Prominenten, somit wird der interessierte Zuschauer fast schon wie in einem Nachrichtenformat über aktuelle Gegebenheiten aufgeklärt, nur dass es hierbei nicht um weltpolitische Themen geht. Das Magazin läuft kurz vor der Primetime und so sitzen viele Leute oft schon vor dem Fernseher, um auf den Spielfilm ihrer Wahl zu warten. Man kann es sich also schon einmal gemütlich machen, den Alltag mit seinen Problemen ab- und „Prominent!“ anschalten.
Die Aufmachung des Magazins ist an die Zielgruppe angepasst. So werden die einzelnen Beiträge der Rubrik „Aktuelles“ teils durch eine männliche teils durch eine weibliche Voice-Over-Stimme kommentiert. Dabei soll gezielt der jeweils gewünschte Effekt des Beitrags unterstrichen werden. Die einzelnen Sequenzen handeln beispielsweise vom Interview der Moderatorin mit Antonio Banderas bei seiner Premiere von „Der gestiefelte Kater“ oder vom „Liebes-Aus“ von Matthias Schweighöfer und seiner Langzeitfreundin, wie in der Ausgabe vom 22.02.2012. Es werden Hintergründe für die Trennung genannt, gezeigt, wie Schweighöfer damit umgeht und darauf eingegangen, wie es beruflich für ihn weitergeht.
In der gleichen Sendung wird dann ein anderer Beitrag mit dem (in pinken Lettern eingeblendeten) Titel „Models auf Kriegsfuß“ eingespielt. Prominent liefert hier die neuesten Informationen um den Zickenkrieg zwischen zwei Models aus der Model-Reality-Show „Das perfekte Model“. Dabei werden animierte Blitze ins Bild eingefügt, um die schlechte Stimmung in der Show zu verdeutlichen und „Prominent“ lockerer zu gestalten. Dass das Thema auf „das perfekte Model“ gelenkt wird, ist zudem wenig überraschend, wenn man weiß, dass dieses Format ebenfalls derzeit auf VOX ausgestrahlt wird. Dass sich die Sender selbst vermarkten, ist kein großes Geheimnis. Wer sich solche Formate ansieht, sollte in der Lage sein, den dargestellten Inhalten kritisch gegenüber zu stehen. So geht es auch „Prominent!“ letztendlich  nur um die Einschaltquoten und das sollte man auf keinen Fall vergessen. Da bildet die VOX-Kolumne keine Ausnahme. So gibt es auch bei anderen Sendern zahlreiche, ähnliche Formate. Pro7 strahlt das Format „Red“ aus, dort wird auf die aktuellen Geschehnisse der Reality Show „Germany’s Next Topmodel“ hingewiesen, die auf dem gleichen Sender ausgestrahlt wird und damit kräftig Werbung gemacht. Bei  Sat1 gibt es im Frühstücksfernsehen eine eigene Promiexpertin. Und das sind nur zwei Beispiele. Das Phänomen der Boulevardisierung ist in der deutschen Fernseh- und auch Printlandschaft allgegenwärtig. Sogar Politiker werden mehr und mehr dem Personalisierungsdruck unterworfen. So stellen sich Politiker im Fernsehen von ihrer privaten Seite dar. Man denke hier nur einmal an den ehemaligen Verteidigungsminister von und zu Guttenberg.
Wenn man das Format eines Boulevardmagazins kritisch belächelt, ist das gerechtfertigt. Ansehen kann man es sich aber trotzdem, wenn man den differenzierenden Blickwinkel nicht vollends vernachlässigt. Ich muss zugeben, dass ich mir selbst ab und an gerne das Format „Prominent!“ ansehe. Es wäre gelogen, zu behaupten, dass es an mir spurlos vorüber geht, welchen Problemen sich die Stars und Sternchen gegenüber sehen. Hier kommt es meiner Meinung nach auf die Dosierung an, zu oft kann auch ich mir so ein Format nicht ansehen, ohne gelangweilt zu werden oder mir selbstironisch die Frage zu stellen: „Hast du denn nichts besseres zu tun?“ Eigentlich schon. Aber so ein bisschen Auszeit von den eigenen Problemen schadet manchmal nicht. So sagt Constanze Rick am Ende jeder Sendung in weiser Voraussicht: „Bis zum nächsten Mal.“ Und diese Gelegenheit gibt es bei den meisten Zuschauern irgendwann bestimmt.

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