TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Mittwoch, 14. März 2012

Suche Wohnung, möchte Bekanntheit

von Simone Graßler

Montag bis Freitag, 18 Uhr auf VOX: mieten, kaufen, wohnen. Hauptakteure sind hier Makler, Wohnungssuchende, sowie die Wohnungen und Häuser selbst. In jeder 60- minütigen Folge versuchen drei Immobilienmakler ihren Kunden jeweils zwei verschiedene Objekte schmackhaft zu machen. Am Schluss fällt dann die Entscheidung entweder auf eine der beiden Immobilien, oder der Makler bekommt den Auftrag, weiter zu suchen.
Hier tritt schon die erste Unstimmigkeit ans Licht. Pro Sendung wird nicht allzu selten in zwei von drei Fällen eines der beiden besichtigten Objekte sofort genommen. Dadurch wird allerdings der Alltag eines Immobilienmaklers falsch dargestellt. Kein Makler hat bei jeder zweiten Besichtigung das Glück, einen Volltreffer zu landen und eine Immobilie zu verkaufen, oder zu vermieten. Doch damit nicht genug. Immer öfter wird die Sendung nun auch von sogenannten C- Promis benutzt, um „auch mal wieder im Fernsehen zu landen“. Beliebte „Suchende“ sind dabei zum Beispiel Schlagersänger, wie Markus Becker, Models, wie Ex- Topmodel- Kandidatin Fiona Erdmann, oder auch Fernseh- Neulinge, die keine Sendung auslassen, um „berühmt“ zu werden. Neuestes Beispiel hierfür ist Georgina, die neben „mieten, kaufen, wohnen“ auch schon beim Boulevard- Magazin „taff“, der Talkshow „Britt“, sowie in der Kuppelshow „Der Bachelor“ als die „Oberzicke“ in Erscheinung trat. Getreu ihrem Motto als verzogenes Töchterchen aus reichem Elternhaus, trieb sie auch bei „mieten, kaufen, wohnen“ den Makler ihres Vertrauens zur Weißglut. Pikant: Vor einigen Tagen wurden Gerüchte laut, gegen Georgina liege ein Haftbefehl wegen Mietrückständen vor. Da bleibt nur zu hoffen, dass dies nur ein weiterer Versuch ist, in der Öffentlichkeit Fuß zu fassen.


Genau diese Fälle führen dazu, dass die Glaubwürdigkeit der Sendung schwindet. Zwar wird nach jeder Folge so unauffällig wie möglich eingeblendet, dass „die Geschichten der Makler frei erfunden sind“, dennoch hätte es ohne die mehr oder weniger bekannten „Promis“ zumindest den Anschein von Realität. Viele Folgen zeigen nämlich auch einfach nur den ganz normalen 08/15 Studenten, der eine Bleibe sucht, oder die junge Familie, die sich den Traum vom Eigenheim erfüllt. Für diejenigen, die das Format gerne verfolgen, sind solche Folgen wahrlich entspannend. Man möchte sich ja schließlich auch mit den Suchenden identifizieren können und vergleichen, was einem selbst gefällt und welche Wohnung dann letztendlich genommen wird. Dies fällt bei künstlichen Charakteren, wie den genannten Prominenten, wesentlich schwerer. Inzwischen wird aber auch immer öfter auf den Trick von sogenannten Reality- Formaten zurückgegriffen, indem Laien in verschiedenste Rollen gesteckt werden und so auch ihre momentane „Privatsituation“ mit eingebaut wird. So treten beispielsweise verlassene Ehefrauen auf, die sich von der Männerwelt verraten fühlen und somit auch an ihrem Makler kein gutes Haar lassen können. Auch reiche Geschäftsleute, die an jedem Haus etwas auszusetzen haben, verstärken den Eindruck, dass eben doch ein Drehbuch existiert und alles nur gespielt ist.

Die Frage, die hier aufkommt: Muss das alles sein? Reicht es nicht einfach, wenn Makler mit ihren Kunden Wohnungsbesichtigungen durchführen und der Zuschauer einen Eindruck in den Maklerberuf erlangt, sowie Immobilien in den unterschiedlichsten Preislagen zu sehen bekommt? Denn genau das ist der Grund, warum „mieten, kaufen, wohnen“ für viele Zuschauer interessant ist. Man sieht nicht nur die verschiedensten Wohnungen und Häuser inklusive Ausstattung und Deko, sondern bekommt auch einen Eindruck, was man zu welchem Preis in welcher Stadtlage bekommt. Dies kann auch sehr hilfreich sein, sollte man selbst einmal in einer der gezeigten Städte ein neues Zuhause suchen. Außerdem ist der „Blick ins fremde Wohnzimmer“ sehr verlockend. Es werden verschiedenste Einbauküchen, Bäder, Gartenanlagen und was sonst noch alles rund ums Haus dazugehört, präsentiert. So können bei jeder Folge einige wertvolle Tipps eingeholt werden, wie auch die eigene Wohnung verschönert werden kann.

Ein weiteres Highlight sind die Vermittlung von Immobilien im Ausland. Hier gibt es beispielsweise Makler in Miami, Florida, oder auf Mallorca. Besichtigt werden hauptsächlich wunderschöne Villen, Ferienhäuser, oder Penthouses in bester Lage. Für den Zuschauer entsteht ein „Urlaubsfeeling“, bei dem in Träumereien von solch tollen Anwesen geschwelgt werden kann. Meist sind die Kunden gut betuchte Geschäftsleute, die sich die Immobilie oft auch nur als Zweitwohnsitz, oder Wochenendhaus gönnen. Auch in diesem Zusammenhang wird wieder deutlich, dass die meisten Kunden eben doch nicht echt sind. Welcher reiche Geschäftsmann würde schon wollen, dass ganz Fernsehdeutschland weiß, wo seine Villa mit Überlaufpool auf Mallorca steht? In der Realität existieren diese Menschen zwar und auch der Name stimmt, doch oft wird die Immobilie nur zum Schein gesucht, oder die Kunden sind gar nicht so reich, wie sie sich darstellen.
 
Auffällig sind auch die ausgefallenen Berufe der Wohnungssuchenden. Von Wahrsager, über Designer, bis hin zum Magier ist alles vertreten. An sich wäre dies nichts Schlimmes. Doch sehr häufig wird die Sendung eben auch zur eigenen Vermarktung genutzt. In scheinbar „zufälligen“ Gesprächen fragt der Makler (natürlich aus reinem Selbstinteresse) seinen Kunden über seinen Beruf aus und teilweise entsteht dadurch sicherlich die Hoffnung, die Fernsehzuschauer auf diese Weise auf sich aufmerksam zum machen. So war vor Kurzem eine Kundin beispielsweise eine Wimperndesignerin, die ihrer Maklerin zu Demonstrationszwecken auch gleich mal die Wimpern verlängerte, kostenlos natürlich. Genau hier stecken die Hauptbeweggründe, weswegen Menschen überhaupt bei der Sendung mitmachen. Entweder sie wollen sich selbst bekannt machen, oder eben ihren Beruf, um neue Kunden zu gewinnen. Gleiches gilt auch für die Makler, die das schlechte Image ihrer Berufsgruppe aufbessern wollen und durch das Fernsehen wieder ins Gespräch kommen. Insgesamt sind bei „mieten, kaufen, wohnen“ über 60 Makler vertreten, die in ihrem Gebiet Wohnungsbesichtigungen durchführen. Diese erstrecken sich über ganz Deutschland, sowie teilweise Österreich, Spanien und die USA.

Die Meinungen über die Sendung gehen weit auseinander. Doch ein gewisser Reiz für den Fernsehzuschauer ist nicht abzustreiten. Sonst wäre „mieten, kaufen, wohnen“ wohl kaum eine der erfolgreichsten Sendungen im Vorabendprogramm von VOX, die immerhin täglich durchschnittlich 1,52 Millionen Zuschauer lockt. Ein guter Mittelweg ist demnach, nicht alles über Kunden und Makler zu glauben was einem aufgetischt wird, sondern den Einblick in die fremden vier Wände in den Vordergrund zu stellen und sich über Deko- Tipps zu freuen. Zur seichten Vorabendunterhaltung reicht es dafür allemal.

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