von Michael Graßl
Gottschalk traut sich was. Er wagt sich sozusagen in die „Todeszone“. Jeden Montag bis Donnerstag von 19:20 Uhr bis 19:50 Uhr. Und er hat sich nichts weiter auf die Fahne geschrieben, als „Direktheit“, Mut und Aktualität. Die ARD setzte auf viel Werbung und Publicity (vor allem im Internet), um seit der Erstausstrahlung am 23.01.2012 die wenigen Menschen, die bereits von der Arbeit zu Hause sind und gekocht und gegessen haben, vor den Bildschirm zu locken. Wenn sie nicht gerade noch die fast parallel laufende Daily-Soap „Gute Zeiten schlechte Zeiten“ eingeschaltet haben. Also wie kann ich trotzdem eine Quote erreichen, die mich zufrieden stellt, in dieser „Todeszone“?
Das Flaggschiff ist im Namen dieser Sendung fest verankert: Thomas Gottschalk. Er könnte die Massen anziehen, ist er doch vor allem beim älteren Publikum beliebt. Doch im ersten Moment ist man als unerfahrener „Gottschalk live“–Zuschauer überrascht. Flottes Logo, moderne Musik, aufwendige Einrichtung im Studio, in dem Gottschalk ein bis zwei Gäste pro Sendung empfängt. Natürlich nur aus aktuellem Anlass. So lassen es sich er und seine mit im Studio sitzende Redaktion nicht nehmen zum 800-jährigen Jubiläum des Leipziger Thomaner-Chores den jungen Thomaner Konrad Schöbel und den Ex- Thomaner und „Prinzen“-Sänger Sebastian Krumbiegel einzuladen. Was genau stellt aber diese Sendung da? Eine Talkshow? Mit Gottschalk als Moderator? Man bedenke die ARD-Werbung, die von wichtigen und aktuellen Themen mit bekannten Gästen sprach. Gelistet wird sie auf der ARD-Homepage wiederum als „Unterhaltungssendung“. „Eine entspannte halbe Stunde, bevor die Tagesschau uns den Ernst des Lebens wieder näherbringt“, verspricht dagegen Gottschalk bei der Begrüßung in besagter Sendung. Nach kurzem einführenden Gespräch mit Krumbiegel folgt ein 30-Sekunden-Werbespot. Auch das ist neu, kennt man den Thomas aus „Wetten, dass..“ zwar live, aber ohne Unterbrechung. Interagieren mit seinen Zuschauern soll er angeblich auch, laut ARD Internetseite. Über's Netz. Transmedialität nennt man dies im Fachjargon. Denn es ist zwar eine Live-Sendung, aber ein Studio-Publikum gibt es nicht. Gottschalk traut sich was. Er wagt sich sozusagen in die „Todeszone“. Jeden Montag bis Donnerstag von 19:20 Uhr bis 19:50 Uhr. Und er hat sich nichts weiter auf die Fahne geschrieben, als „Direktheit“, Mut und Aktualität. Die ARD setzte auf viel Werbung und Publicity (vor allem im Internet), um seit der Erstausstrahlung am 23.01.2012 die wenigen Menschen, die bereits von der Arbeit zu Hause sind und gekocht und gegessen haben, vor den Bildschirm zu locken. Wenn sie nicht gerade noch die fast parallel laufende Daily-Soap „Gute Zeiten schlechte Zeiten“ eingeschaltet haben. Also wie kann ich trotzdem eine Quote erreichen, die mich zufrieden stellt, in dieser „Todeszone“?
Das Internet spielt wahrlich die wichtigste Rolle. Nicht nur durch das Interagieren mit seinen Zuschauern über Facebook, Twitter und Skype. Nein, Thomas stellt zum Beispiel seine vier liebsten Katzen-Videos aus Youtube vor. Katzen-Videos sind nämlich die meist geklickten Videos im Netz, lernen wir. Aha! Hat zwar genauso wenig mit dem Thomaner-Chor zu tun wie die aktuelle Diskussion zu Angelina Jolies Kleid mit einseitiger Beinfreiheit. Aber es ist ja auch nicht einfach, das muss man zugeben. Denn im Grunde ist seine Sendung ein für Deutschland neues Format, eine Late-Night-Light-Show am Vorabend sozusagen. Das birgt Chancen, aber auch Gefahren. Durch den Live-Charakter erhöht sich die Authentizität. Der Zuschauer darf live dabei sein, verpasst nichts, ist aktuell informiert morgens in der Arbeit. Aber informiert über was? 140 Sendungen pro Jahr anständig zu füllen, wird wohl die schwerste Aufgabe für Gottschalk. Das Gespräch mit dem alten und neuen Thomaner fließt vor sich hin, von einer Frage in eine andere, der Flow des Fernsehens eben. Plötzlich jedoch kündigt Thomas das Wetter an: „Und bitte Sven Plöger!“ Erstmal Werbung. „Und danke Thomas Gottschalk!“, Plögers Antwort. (Die Frage nach dem „Danke für was eigentlich Thomas?“ verkneifen wir uns an dieser Stelle). Komisches Ende einer Sendung. Und dann die Überraschung, es geht ja doch noch weiter.
Eine kurze Verabschiedung, Hinweis auf morgen und Tschüss! Gut, als unerfahrener „Gottschalk live“-Zuschauer weiss man das eben noch nicht mit dem Wetter. Daran muss man sich erst noch gewöhnen. Wie an so vieles bei „Gottschalk live“. Aber warum denn auch nicht mal etwas Neues?
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