TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Mittwoch, 14. März 2012

“Gossip Girl”: das neue “Sex and the City”?

 von Laura Heinrich
“Good Morning, Upper Eastsiders, Gossip Girl here, your one and only source into the scandalous life of Manhattan’s Elite”. So beginnt seit nun schon fünf Staffeln jede Episode von “Gossip Girl”. 2007 rief der Schöpfer von „O.C., California“, Josh Schwartz, die äußerst erfolgreiche Serie ins Leben, welche auf den Büchern von Cecily von Ziegesar basiert.


„Gossip Girl“ dreht sich um das privilegierte Leben der jungen Elite Manhattans, welche die teuersten Privatschulen und später auch nur angesehene Universitäten besucht. Mommy und Daddy sind so reich, dass auch der dekadenteste Wunsch ihrer Sprösslinge immer erfüllt wird. Im Fokus stehen Parties, Aussehen und vor allem der soziale Rang. Auf diesen hat vor allem „Gossip Girl“ Einfluss – eine unbekannte Bloggerin, welche unter diesem Synonym jedes Geheimnis lüftet und die gesamte Upper Eastside via Handy informiert. „Gossip Girl“ ist allgegenwärtig und bekommt ihre Hinweise von allen Seiten – oft aus Rache oder auch nur aus purer Genugtuung andere zu demütigen.
Die größten Opfer (des Öfteren jedoch auch Nutzer) dieses virtuellen Mobbings sind Serena, Blair, Chuck und Nate, sozusagen die „angesagteste Clique“ der Schule und später im New Yorker Society-Leben. Dazu stoßen schließlich noch die Außenseitercharaktere Dan und Jenny, welche finanziell unterprivilegiert sind, da ihr Vater „nur“ ein Loft in Brooklyn, sowie eine Kunstgalerie besitzt – eindeutig zu wenig im Vergleich zu haute couture und eigenen Limousinen, inklusive Fahrer, welche die anderen Teenager genießen.
Das Karussell der Darsteller rotiert immer in seiner Konstellation und Wichtigkeit. So stehen in jeder Staffel auch immer die Beziehungen der Eltern im Vordergrund, beispielsweise durch Tod, Affären oder geschäftliche Angelegenheiten. Ebenso tauchen immer wieder neue weibliche Akteure auf, welche oft für Furore sorgen, indem sie ebenso intrigant sind, wie die Hauptdarstellerinnen Serena und Blair, mit männlichen Protagonisten anbändeln oder doch glatt mal wieder mit jemandem verwandt sind!
Sozialer Auf- und Abstieg, Intrigen, gefährliche Liebschaften, explosive Freundschaften und das Streben nach beruflichem Erfolg stehen auf der Tagesordnung und durchziehen das Handlungsnetz von „Gossip Girl“. Rückblickend auf die letzten Staffeln lässt sich feststellen, dass nahezu jeder Protagonist schon eine Liaison mit allen anderen Charakteren (zumindest den nicht gleich geschlechtlichen) durchlebt hat. Auch werden keine Tabuthemen ausgespart – Homosexualität, Drogenmissbrauch, Depressionen, Armut und Erpressung sind alle Teil des „Gossip Girl“-Konzepts.
Ein wichtiger Faktor, der definitiv nicht außer Acht gelassen werden sollte, ist die ständige Präsenz von hochaktueller und meist ebenso umwerfender Mode, sowie dem Leben auf der Upper Eastside. Egal wann und wo, die Charaktere sind selbst zum Schlafen gehen besser gestylt, als so mancher Normalsterbliche. Stadtvillen, Penthouses oder die größten Suiten von 5-Sterne-Hotels sind in dieser Welt ebenso gang und gäbe, wie bei uns das Salz zum gekochten Frühstücksei.

Vor allem viele Frauenmagazine (wie beispielsweise „In“, u.a.) titeln nun, dass „Gossip Girl“ das neue „Sex and the City“ sei. Aber ist diese Aussage wirklich zutreffend?
Wir erinnern uns kurz: vier fabelhafte und komplett verschiedene (ab und an) Single-Frauen erobern Manhattan mit Witz, Charme und massenhaft Manolo Blahniks. Jede der vier repräsentiert einen Frauentyp – von der konservativen Ehefrau bis zur Hure (Sorry, Samatha!), von pragmatisch und emanzipiert bis zu romantisch und ewig nach der großen Liebe suchend. Neben dem Finden nach Liebe (oder Sex!) steht  auch das starke Band der Freundschaft im Fokus. Carrie, Samantha, Miranda und Charlotte stehen sowohl die guten, wie auch die schlechten Zeiten durch – Hochzeit und Scheidung, Krankheit und Gesundheit, Vogue-Shooting und Schuhdiebstahl.
Sollen unsere vier Liebling-New-Yorkerinnen nun also durch eine dekadente Teenie-Horde ersetzt werden?
Falsch! „Gossip Girl“ mag „Sex and the City“ vielleicht in einigen Aspekten ähneln, spricht jedoch eine andere Zielgruppe an. Mit dem „Gossip Girl“-Hype ist spätestens ab Ende 20 Schluss, während „Sex and the City“ auch ältere Frauen noch anspricht. Man kann einfach keine Serie mit voller Passion verfolgen, wenn die Darsteller so jung, wie die eigenen Kinder sind.
Auch sind die Schwerpunkte der Serien doch sehr verschieden. „Gossip Girl“ setzt sich zwar auch intensiv mit der recht schwierigen Freundschaft der beiden Hauptdarstellerinnen Blair und Serena auseinander, doch diese unterscheidet sich stark zu der Freundschaft von erwachsenen Frauen. So würden Carrie und Co. vermutlich niemals mit dem Partner einer Freundin schlafen, sie in einem Brunnen stoßen oder fiese Gerüchte an Internet-Bloggerinnen senden.
Die Charaktere in "Gossip Girl" entwickeln sich erst noch, in der ersten Staffel stecken sie außerdem sehr stark in der Pubertät und agieren dementsprechend auch noch weit infantiler. Schule und Status sind Themenkorridore, die für SATC jedoch ganz fremd sind.
Ebenso fehlt bei „Gossip Girl“ der kritische, und teilweise auch selbstfindende Gedanke, welcher in „Sex and the City“ eine zentrale Rolle spielt und durch Carries Kolumne zum Ausdruck kommt. Selbstreflexion ist kein ausgeprägter Zug der „Gossip-Girl“-Charaktere. Beziehungen kommen und gehen (oder verlaufen parallel), das Leben an der Upper Eastside nimmt trotzdem seinen Lauf…
Direkte Verknüpfungen zwischen „Sex and the City“ und „Gossip Girl“ sind nur der Drehort Manhattan und der auffällige Kleidungsstil der Akteure. Setzte bei „Sex and the City“ noch Patricia Field die Damen gekonnt in Szene, kümmert sich am Set von „Gossip Girl“ ihr ehemaliger Assistent Eric Daman um die unglaublichen Looks der Darsteller.

„Gossip Girl“ ist in vielerlei Hinsicht einfach nicht mit „Sex and the City“ vergleichbar, übt aber trotzdem für viele junge Frauen einen sehr starken Reiz aus. Was ist es, das eine Abhängigkeit nach dieser Serie schafft?
Nun, ich tippe, es ist vor allem der Neid. Die wunderschön geschaffene Serienwelt zieht jeden in seinen Bann und man würde sicherlich ein paar Intrigen in Kauf nehmen, nur um Teil des großen Abenteuers zu werden.
Der Erzählstil der Handlung ist locker und dennoch fesselnd, Amüsement wird vor allem in Englischen durch gekonnte Wortspiele geschaffen. So nennt Blair ihren on/off-Lover Chuck Bass auch gerne mal „Bass-tard“, „Basshole“ oder „Motherchucker“.
Alles in allem bietet „Gossip Girl“ endlich wieder eine spannende Serie für junge Menschen, was vor allem auch daran  liegen mag, dass „O.C., California“-Schöpfer Josh Schwartz die Finger im Spiel hat. Natürlich ist es kein „Sex and the City“, aber das sollte man auch nicht erwarten, da „Gossip Girl“ in einer vollkommen anderen Generation und Ebene angesiedelt ist.
Fazit: Wer Lust auf Intrigen und dunkle Geheimnisse hat, ist an der Upper Eastside genau richtig! You know you love me. Xoxo, Gossip Girl.

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