TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Mittwoch, 7. März 2012

„Desperate Housewives“- Ein gleichbleibendes Konzept mit Unterhaltungsgarantie?

von Ruscha Blanke-Roeser

„Desperate Housewives“ ist eine US-amerikanische Dramedyserie, die seit 2004 von ABC Studios für den US-Sender ABC produziert und seit April 2005 auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz ausgestrahlt wird.
ABC verlängerte im Mai 2011 die Serie um die achte Staffel, welche zugleich auch die finale Staffel ist und seit dem 4. Januar 2012 jeden Mittwochabend in der Prime Time (20:15 Uhr) auf Pro 7 läuft. Eine Episode dauert etwa 45 Minuten.

Jede Folge beginnt mit einem Rückblick, in welchem kurz und knapp die wichtigsten und pikantesten Geschehnisse  der vergangenen Episoden zusammengefasst werden. So fühlen sich die Zuschauer auch bei der Episode Nr. 4 vom 18. Januar 2012 mit dem Titel „Die harte Schule des Lebens“ schnell wieder eingebettet in das Leben der vier Nachbarinnen Susan Delfino, Lynette Scavo, Gabrielle Solis und Bree Van de Kamp. Diese vier Damen bewohnen mit ihren Familien die sogenannte Wisteria Lane, eine idyllisch anmutende Straße in der amerikanischen Vorstadt Fairview. Als die zentrale Aussage der erfolgreichen Serie kann ohne Frage aufgeführt werden: Der Schein trügt! 
In der Serie „Desperate Housewives“ geht es seit der allerersten Episode im Grunde genommen immer nur um drei Themen: Intrigen, Lügen und (schmutzige) Geheimnisse.
Doch wie kann eine Serie, die eigentlich ein so schlichtes Konzept hat, so lange überleben? Wie kann es sein, dass die Einschaltquoten so hoch sind und der heißgeliebte Mittwochabend von so vielen Zuschauern, vorwiegend Frauen, mehrfach unterstrichen im Kalender vermerkt ist, dass sich sogar Freundinnencliquen regelmäßig zum „Desperate Housewives“-Abend treffen? Ganz einfach: Das Konzept ist einfach, der Inhalt komplex.
Zu Beginn einer jeden Staffel zieht ein neuer Nachbar bzw. eine neue Nachbarsfamilie in die wunderschöne Wisteria Lane mit ihren prächtigen Häusern. Dieser Neuzugang verbirgt ein schmutziges Geheimnis, welches im Verlaufe der Staffel aufgedeckt wird, selbstredend mit Hilfe der neugierigen Hausfrauen. Am Ende der Staffel wird dann alles endgültig aufgelöst und der Zuschauer mit „Aha-Erlebnissen“ belohnt. Das ist der typische Ablauf jeder Staffel. Lediglich die aktuelle Staffel weicht von diesem Schema ab und knüpft direkt an die letzte Episode der vorherigen Staffel an, in welcher der Stiefvater von Gabrielle Solis ermordet wurde. Ansonsten bleibt die Serie stets ihrer Linie treu. Doch obwohl das so offensichtlich ist, kommt beim Zuschauer kaum jemals Langeweile auf. Der Grund dafür ist klar: Dieser schlichte, sich ewig wiederholende Handlungsstrang wird durch sehr abwechslungsreiche Ereignisse, amüsante Intrigen, Lügen und Hinterhalte und süßliche Ironie geschmückt. Es werden durchgehend die niedrigen Instinkte der Menschen angesprochen und durch die Darsteller der Serie verdeutlicht. Der Produzent Marc Cherry geizt nicht mit Themen wie Mord, Totschlag, Habgier, Rache, Erpressung, Stalking und Ängsten. Viel nackte Haut sowie gleichgeschlechtliche Beziehungen werden ebenfalls gezeigt. Und nicht zuletzt wird die Serie unterhalten durch die vier hübschen Hausfrauen, welche eigentlich befreundet sind, sich aber bisweilen auch hassen, ausspionieren und hintergehen. Nicht ohne Grund sind gerade diese vier Frauen seit der ersten Staffel dabei. Man kann sie lieben oder hassen - doch vorstellen kann man sich die Serie ohne Susan, Lynette, Gabrielle und Bree nicht.
Jede der vier Frauen besitzt sehr einprägsame Eigenarten, die immer wieder zu Tage treten. Gabrielle Solis zum Beispiel wird wohl als die attraktivste der Hausfrauen der Wisteria Lane angesehen. Sie ist stets perfekt gestylt und mit eleganten Kleidern und teurem Schmuck gewandet. Und wenn Gabrielle etwas nicht passt, wird unverzüglich etwas dagegen unternommen. So wird ihr in dieser Episode von der zickigen Dana, der Vorsitzenden der Elternvertretung, vorgeschrieben, ihr Auto auf einem weit von der Schule entfernt gelegenen Parkplatz abzustellen. Gabrielle hingegen hält sich nicht an diese Weisung, als sie ihre Tochter Juanita zur Schule bringt. Dieser Streit zwischen den Damen eskaliert, als Gabrielle Dana versehentlich anfährt, worauf diese ins Krankenhaus gebracht wird. Nun drängt diese Gabrielle dazu, dass sie ihren Job als Elternvertreterin übernimmt, indem sie ihr mit einer Anzeige wegen Körperverletzung droht. Hier zeigt sich wieder ein zentrales Thema der Serie: Erpressung. Doch dies erweckt im Zuschauer die Lust und Spannung auf die nächste Folge, da man weiß, dass sich Gabrielle dies mit Sicherheit nicht lange gefallen lassen wird.
Weiterhin ist als Hauptrolle Bree Van de Kamp zu nennen, die seit der ersten Staffel als spießige Vorzeigehausfrau und exzellente Köchin bekannt ist. Auch bei ihr geht so manches Mal etwas schief und sie ist eigentlich alles andere als bieder und brav. Bree bekommt in dieser Folge Besuch von ihrer Tochter Danielle und deren Sohn Benjamin. Danielle wurde von ihrem Ehemann verlassen und Bree macht sich Sorgen um ihre Finanzen. Dass Danielle im Internet Sexschaukeln verkauft und mit ihrem „Unternehmen“ auch recht erfolgreich ist, findet Bree erst später heraus. Für den Zuschauer ist es schön mitanzusehen, wie Bree erst entsetzt ist, dann aber Gefallen an dem Geschäft ihrer Tochter findet und sich sogar als Geschäftspartnerin anbietet. Hier tritt wieder ein zentrales „Desperate Housewives“-Thema in den Raum: Wie sich die Frauen nach außen geben, täuscht im Regelfall. Wer nach außen hin brav und artig aussieht, kann zuhause auch Waffen und Handschellen herumliegen haben und sich für erotische Liebesschaukeln begeistern.
Lynette Scavo, die Dritte im Bunde, frisch von ihrem langjährigen Ehemann Tom getrennt, kommt der Verdacht, dass dieser sich nach anderen Frauen umsieht. Für Lynette sind die Fronten eigentlich geklärt: sie will Tom, den Vater ihrer fünf Kinder, zurückhaben. Um sicher zu sein, was Tom so treibt, kauft Lynette der Tochter Penny prompt ein Laptop, um Videotelefonie mit ihr zu führen und somit über die Kamera sehen zu können, mit welchen Frauen sich ihr Gatte unterhält. Zur Sicherheit wird noch der Aerobic-Kurs der vermeintlichen „Neuen“ besucht, zu welchem auch Tom tatsächlich erscheint. So kommt heraus, dass er eine andere Frau trifft. Hier schießt dem Zuschauer die Frage in den Sinn: Gibt es noch eine Chance für die Ehe von Lynette und Tom? Diese Frage erzeugt auch schon wieder Lust auf die nächste Episode.
Und schließlich macht auch die vierte der Frauen, die als lieb, tollpatschig und sensibel bekannte Susan Delfino so einiges in dieser Episode durch. Um nicht die ganze Zeit an das Vergraben der Leiche von Gabrielles Stiefvater aus der ersten Episode zu denken, versucht sie sich abzulenken und zeigt einem bekannten Maler ihre Bilder. Sie hofft, in seinen Kurs aufgenommen zu werden, was dieser jedoch ablehnt. Durch Provokation bringt der Maler Susan jedoch dazu, richtig aus sich herauszukommen und all ihre Wut an der Kunst auszulassen. Als Belohnung wird Susan nun doch in dem Kurs aufgenommen. Nun stellt sich dem Zuschauer die Frage: War das Susans einziger und letzter Ausraster oder wird es ihr in Zukunft immer schlechter gehen, weil sie mit dem Geheimnis nicht leben kann?
Abgerundet wird die Episode von einer kurzen Szene, in welcher man den von Bree verschmähten und deshalb völlig enttäuschten Polizisten Chuck sieht. Schnell wird klar, dass dieser sich nicht so einfach abspeisen lassen wird. Zu allem Übel wird ihm auch noch die Vermisstenanzeige von Gabrielles Stiefvater gebracht. Kommt er den Hausfrauen und ihrem dunklen Geheimnis schon bald auf die Schliche?

Zusammengefasst ist die Episode „Die harte Schule des Lebens“ vom 18. Januar 2012 eine ebenso spannende, geheimnis- und intrigenreiche Folge wie ihre zahlreichen Vorgänger. Für die geneigten Zuschauer, die bereit sind, sich auf die Serie einzulassen, wird es nicht langweilig und viele neue offene Fragen machen Lust auf die Fortsetzungen.

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