TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Mittwoch, 14. März 2012

Switch-Reloaded - Wenn Fernsehen Fernsehen parodiert

von Ramona Nowarra

"Tokio Hotel"-Sänger Bill Kaulitz stellt sich den bohrenden Fragen von Reinhold Beckmann, Hitler übernimmt das Regiment im "Stromberg"-Büro und die Super Nanny beschäftigt sich mit den Härtefällen Pippi Langstrumpf und Michel aus Lönneberga. Aber das ist nicht alles: "Switch reloaded" zeigt den Weg "Raus aus den Schulden", Dr. House trifft auf Florian Silbereisen, der Dalai Lama quizzt bei "Wer wird Millionär" und Heidi sucht schon wieder Topmodels.


Alles begann 1997 als eine Comedyshow sich über das Fernsehprogramm lustig machte. Als die Sendung nach einer langen Pause unter dem Namen "Switch Reloaded" neu aufgelegt wurde, übertraf sie sich selbst. Die Sendung wurde zur schärfsten Beobachtung der deutschen TV-Landschaft und ist durch die Selbsterkenntnis der dortigen Fragwürdigkeit und Idiotie ein sehr lustiges und sich abgrenzendes Format.

Das private Fernsehen in Deutschland hat im Verlauf der 90er Jahre die US-amerikanische Stand-Up Comedy hierzulande salonfähig gemacht. Heute hat man zum Teil sogar den Eindruck, überschwemmt zu werden mit Comedy-Formaten in allen möglichen Variationen. Oftmals sitzt man vor dem Fernseher, ohne eine Mine zu verziehen. Die Lacher bleiben aus, das Schmunzeln ebenfalls und der Griff zur Fernbedienung ist die logische Konsequenz.
Das Konzept von Switch besteht darin, dass ein Komiker-Team in verschiedene Rollen aus dem heutigen Fernsehprogramm schlüpft, um diese zu parodieren. Dadurch, dass die Sketche immer wieder unterbrochen werden, um andere zu beginnen oder fortzusetzen, entsteht der Eindruck, dass durch das parodierte Fernsehprogramm gezappt wird, was unheimlich viel Dynamik und Abwechslung bringt. Der Vorteil an diesem System, ist dass man Sketche dann unterbrechen kann wenn sie zu langweilig werden, womit auch begründet wäre, warum jeder Sketch mindestens einmal unterbrochen wird und einige auch nur wenige Sekunden dauern.
Michael Kessler, der unter anderem auch Peter Kloeppel spielt, begeistert in seiner Rolle als Florian Silbereisen und ist - auch vom Aussehen her - erstaunlich nah am Original. Doch nicht alle Rollen werden mit so großem Talent gespiel.

Das neue "Switch" muss ein hartes Stück Arbeit gewesen sein, nicht nur für die Schauspieler, sondern auch für die Maskenbildner. Sie haben sich peinlich genau den Kleidungsstil von Oli Geißen abgeschaut, sie können mühelos sonnenstudioüberbräunte Teleshopping-Verkäuferinnen zurechtschminken und den kleinen Bernhard Hoëcker mit Schaumstoffprothese zum "Bullen von Tölz" umbauen. Dass die Parodien so echt wirken, liegt aber auch daran, dass die Comedians wie früher in die Original-Studiodekorationen der Sendungen hineingeschnitten werden – oder in originalgetreue Nachbauten. Vielleicht hat es sogar eine entlastende Wirkung, endlich mal richtig über das Fernsehen lachen zu können - statt immer damit beschäftigt zu sein, es schlimm finden zu müssen.

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