TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Dienstag, 1. Oktober 2019

Hoch hinaus und kein Blatt vorm Mund – die Doku zum DAV-Jubiläum

von A. Pröls
2019 – ein besonderes Jahr für den Deutschen Alpenverein. 150-jähriges Jubiläum ist sicherlich ein guter Grund, eine Doku über sich selbst zu drehen. Man könnte daher auch vermuten, dass sich der DAV im eigenen Jubiläums-Film „Von Höhen und Tiefen – 150 Jahre Deutscher Alpenverein“ von seiner positivsten Seite darstellen will – doch ich wurde positiv überrascht.
Die Doku stellt am Beispiel der Sektion Regensburg die Geschichte des DAV seit seiner Gründung dar. Typisch für eine Dokumentation, die sich zwischen Natur und Geschichte bewegt, werden viele Drohnenbilder und Zeitraffer, sowie auch altes Filmmaterial aus den 1920ern, 40ern und 60ern gezeigt, was ich besonders spannend fand. Wie zu erwarten sind die Drohnenaufnahmen von eindrucksvollen Bergpanoramen mit dramatischer Musik, die historischen Kameraschnitte mit Swing-Musik und die dunkle NS-Vergangenheit mit trüber Klaviermusik untermalt. Die Landschaftsaufnahmen wechseln sich mit Interviewausschnitten ab, in denen sowohl Mitglieder der Regensburger Sektion, sowie auch Bergsteiger-Prominenz wie Alexander Huber, Profi-Bergsteiger und Extrem-Kletterer, oder Alpinjournalist Michael Pause zu Wort kommen. Nichts Neues also für eine Doku und man weiß ohne Überraschungen, was man rein gestalterisch zu erwarten hat.
In chronologischer Reihenfolge stellt die Dokumentation die Geschichte des Bergsteigens und des Alpenvereins vor und wie sich die Lust der Menschen entwickelte, die Berge zu bezwingen und sie sich zu eigen zu machen. Ob die damalige Bevölkerung in den Alpen diese neue Erschließung für so gut befand, lässt sich dahinstellen – laut Doku war es jedenfalls ein Segen für die armen Alpenbewohner, die nun endlich Arbeit fanden und Hütten für die reichen Flachlandbewohner in den Bergen bauen durften.
Für meinen Geschmack wurde die NS-Vergangenheit des DAV sehr lange behandelt. Ganz klar – Aufarbeitung ist enorm wichtig und die Dokumentation nahm an dieser Stelle auch kein Blatt vor den Mund. Die Mitglieder gaben offen zu, wie peinlich es sei, dass die NS-Zeit erst letztes Jahr durch eine Masterstudentin so richtig erforscht und damit beachtet wurde. Denn der DAV ist in dieser Hinsicht keineswegs unbescholten. Doch fast 10 Minuten einer nur 40-minütigen Dokumentation dem gleichen Thema zu widmen und dabei Begriffe aneinanderzureihen, die immer und immer wieder in diesem Zusammenhang fallen, finde ich rein aus filmischer Sicht eintönig und der Übergang zum erneuten Boom des DAV in den 60ern verlief dadurch auch recht holprig.
Doch dann folgten sogar ein paar Überraschungen, die ich in einer Dokumentation zum Jubiläum tatsächlich nicht erwartet hätte. Der neue Anbau der Regensburger Hütte in den Stubaier Alpen wird gezeigt: die alte Hütte war zu klein geworden und man wollte mehr Komfort schaffen – so wurden die Fertigbauteile aus Holz per Hubschrauber in die Hochebene geliefert. Lotte Pichler, die erste Vereinsvorsitzenden der Jugendsektion, kommentierte diesen Neubau und sie sprach aus, was ich mir die ganze Zeit gedacht hatte: muss es denn sein, dass man sich selbst auf einer Berghütte warm duschen kann? Und ja, der Bau ist zwar zu einem großen Anteil recycelbar, modern und auf dem neusten Stand der Technik, aber auch nicht besonders schön. Da ist es schon fast zynisch, wenn der DAV-Sektionsleiter Regensburgs davon spricht, dass er es nicht gutheiße, dass für den steigenden Massentourismus die Berge immer weiter verbaut würden.
Einen Punkt hat er an dieser Stelle trotzdem, und ich finde es gut, dass die Doku auch eine Sequenz zum Engagement des DAV für den Umweltschutz zeigt. Denn so werden die mit dem kommerzialisierten Wandern einhergehende Naturverschmutzung, den Lebensraumverlust für Flora und Fauna und die Bodenverdichtung durch Planierung von Wanderwegen und Skipisten problematisiert – wenn auch man auf dieses Thema länger hätte eingehen können.
Insgesamt liefert die Doku auf jeden Fall an der einen oder anderen Stelle mir neues Wissen und macht irgendwie Lust, auch mal auf die Regensburger Hütte zu steigen. Der Film von Peter Künzel ist noch bis 28. April 2020 in der BR-Mediathek unter der Rubrik „Bayern erleben“ nachzusehen.

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