TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Mittwoch, 9. Oktober 2019

Fernsehkritik jerks.

von Mohamed Afifi
Seit Wochen höre ich in meiner Wohngemeinschaft Geschichten über eine Serie mit dem Namen „jerks.“ , und dass sie absolut sehenswert ist. ,,Wieso?“ habe ich gefragt und sie meinten nur, dass diese Serie eine Mischung aus schrägem Humor und Fremdscham sei. Hauptsächlich Fremdscham. Das hat dann auch meine Neugier geweckt, eine Serie die Fremdscham erzeugt? Eine unübliche Wirkung auf den Zuschauer für eine Serie. Dennoch habe ich mich eine Ewigkeit davor gedrückt jerks. Anzuschauen. Ein Grund dafür könnte sein, dass diese Serie nicht mainstreamhaft auf Netflix oder Amazon Prime angeschaut werden kann, sie ist nämlich nur auf Maxdome und Joyne zu sehen, mit denen ich nicht wirklich etwas zu tun habe. Ein weiterer Grund, warum ich diese Serie nicht sofort angefangen habe zu schauen ist, dass diese Serie eine deutsche Produktion ist und ich kein Fan von ,,deutschen“ Serien und Filmen bin. Als ich mich dann doch entschied, die Serie anzufangen, entschied ich mich für Joyne, da diese eine kostenfreie Streamingvariante bietet.
Interessant bei dieser Serie ist außerdem die Besetzung. Die Hauptbesetzung besteht aus Christian Ulmen in der Rolle Christian Ulmen und Fahri Yardim in der Rolle Fahri Yardim. So spielen auch andere berühmte Schauspieler sich selbst, wie Emily Cox, Pheline Roggan, Collien Fernandes, und sie gehen dabei auch den selben Tätigkeiten wie im realen Leben nach, also bei Christian und Fahri die Schauspielerei. Auch gibt es viele Gastauftritte, so sieht man schon in der ersten Folge Kay One und in den folgenden Sido, Palina Rojinski, Charlotte Würdig und ich könnte auch noch ewig weitere prominente Personen auflisten. Da fast jeder sich selbst spielt, wirkt die Serie so, als könnte man in den Alltag der Schauspieler reinschauen und die merkwürdigsten Momente, die Folge für Folge zu sehen sind, miterleben. Die Folgen sind in sich abgeschlossen, jedoch werden einzelne Details in weiteren Verlauf verändert und angepasst, so z.B. ein neuer fester Freund oder eine neue Wohnung. Bis jetzt gibt es drei Staffeln mit jeweils zehn Folgen. Diese dauern um die 22 Minuten an. Vor jeder Folge wird noch ausdrücklich erwähnt, dass die geschilderten Ereignisse auf wahren Begebenheiten beruhen.
Die erste Folge, die ich mir anschaue, heißt ,,Hindenburg“.
Zu sehen sind Christian Ulmen und Emily Cox, die ein Paar sind. Sie sind beim Arzt und offensichtlich sehr glücklich, da sie einen positiven Schwangerschaftstest besitzen. Die Ärztin sagt ihnen, dass der Tester defekt ist und sie zur Entschädigung vom Unternehmen, die die Tests verkauft haben, kostenlos zu einer Selbsthilfegruppe gehen können, um ihr ,,Trauma“ zu überwinden. Emily will da unbedingt hin, obwohl Christian offensichtlich keine Lust hat. Daraufhin trifft er sich mit Farih um erzählt im die ganze Geschichte. Er sagt auch, dass es übertrieben sei, wegen einem falschen Schwangerschaftstest zur Selbsthilfegruppe zu gehen. Daraufhin erzählt er, dass er sich mit Sido und seinen Leuten trifft und Christian mitnehmen kann. An der Tür wird Christian von Sido persönlich beleidigt und abgewiesen, da er ein ,,Depri-face“ besitzt. Er geht in den Laden seiner Freundin. Nachdem er sich anhören muss, dass er tatsächlich ein ,,Depri-face“ hat und eher der süße hochsensible Typ ist, gehen sie zusammen zu der Selbsthilfegruppe, in denen ausschließlich Paare sind, die einen schmerzhaften Verlust eines oder mehrere ihrer Kinder durchleiden. Man ahnt, dass Christian die eigene, im Vergleich nichtige Geschichte, unangenehm ist und erfindet daraufhin auf eine witzige Art und Weise einfach eine neue. An Emilys Gesicht erkennt man, dass sie immer wütender wird. Gemeinsam beschließen sie dann auch, nicht mehr hinzugehen. Wieder im Laden, soll Christian auf den Laden und auf den Kater Hindenburg von der neuen Assistentin Sonja aufpassen. Er musste dann auf die Toilette, jedoch war diese im Umbau, weshalb er dann das Katzenklo von Hindenburg für sein großes Geschäft genutzt hat. Sonja entdeckt völlig aufgelöst den Kot und denkt, Hindenburg sei krank, woraufhin der Tiernotarzt kommt, ihn mitnimmt und unter Quarantäne stellt.
Christian flieht in ein Café und will dort arbeiten, er wird von Fred aus der Selbsthilfegruppe angesprochen und sie sehen zusammen Sido. Fred erzählt Sido die Geschichte von Christian, die er in der Selbsthilfegruppe erfunden hat und er ist bestürzt drüber. Er entschuldigt sich viele Male bei Christian und lädt ihn erneut mit Farih zum Treffen ein, zu dem Christian zusagt. Daraufhin wird er von Fred wieder überredet zur Selbsthilfegruppe zu kommen.
Da beginnt das Lügenkonstrukt in sich zusammenzufallen. Der Leiter der Gruppe spricht an, dass die Geschichte von ihm gelogen sei, da er die Information bekommen hat, dass Emily und er nur wegen dem defekten Schwangerschaftstest da sind. Christian versucht mit einer neuen wirklich blöden Lügen rauszureden, das klappt jedoch nicht, die ganze Gruppe ist empört, nicht einmal Fred wollte mit ihm reden. Die Sitzung ist beendet.
Daraufhin geht er, wie verabredet, zum Treffen mit Sido, Farih und seinen Leuten. Sido stellt ihn vor und erzählt der Menge Christians Geschichte. Farih fängt an zu lachen, was Sido gar nicht gefällt und löst dann die Lüge auf. Christian, der wieder versucht sich durch eine weitere witzige und blöde Lüge rauszureden, wird vom wütenden Sido rausgeschmissen. Man denkt schlimmer kann es für Christian nicht kommen? Falsch gedacht: Er kommt Daheim an, wo Emily und die weinende Sonja, die gekündigt hat, auf ihn warten. Die Sonja erzählt, dass Hindenburg drei Tage in Quarantäne war und der Arzt den Kot untersucht hat. Sie hat festgestellt, dass das Menschenkot war. Christian schaut die beiden sehr panisch an und mit dem Satz: ,,Eh ja … ich muss ganz dringend … auf die Toilette“ endet diese sehr humorvolle, aber auch merkwürdige, Folge.
Was wirklich gelungen ist in dieser Folge, ist dass die anfänglichen Lügen sehr absehbar auf eine unvermeidliche Auflösung hinarbeiten. Dabei sind ist nicht nur ein ,,Lügenstrang“ der sich hier entwickelt, sondern gleich drei, die zumindest zum Teil zusammenhängen. Und das ist nicht nur in dieser Folge so, sondern auch in den folgenden entwickeln sich die Lügen zu einer Auflösung hin, die eigentlich nur für Christian aus geht. Farih schafft es irgendwie immer sich rauszureden, bzw. die ganze Schuld auf Christian abzuwälzen. Und das ist ein Aspekt an dieser Serie, der mir besonders gefällt. Als Zuschauer denkt man sich direkt am Anfang jeder Folge: ,,Das wird schief gehen… Das wird schief gehen…“. Und das tut es auch. Keine Happy Ends, sondern nur sehr unangenehme Endsituationen, für die man eigentlich nur Fremdscham empfinden kann. Vor allem für Christian. Aber das macht auch den Reiz der Serie aus. Nach jeder Folge hab ich direkt wieder Lust eine weitere anzuschauen und eine neue Fehlentscheidung der beiden Protagonisten mitzuverfolgen, auch wenn man an einigen Stellen einfach nicht hinschauen will.
Meiner Meinung ist jerks. eine geniale Serie, die leider noch nicht so viel Aufmerksamkeit erlangt hat, wie sie verdient. Dass sie nicht auf Netflix oder Amazon Prime läuft, könnte ein Grund dafür sein. Für diejenigen, die Mal weg von den Algorithmen der Mainstream-Streamingseiten kommen wollen, ist jerks. ein Muss für alle Fans von Comedy.

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