TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Donnerstag, 10. Oktober 2019

Fernsehkritik: The Vampire Diaries – hat die menschliche Faszination gegenüber Vampiren jemals ein Ende?

von Veronica Dittrich
Unheimliche Literatur, Film und Fernsehen übte schon immer eine reizvolle Wirkung auf unzählige Leser und Zuschauer aus, die Gefallen am Spiel mit der Angst finden. Im Mittelalter erfuhr die menschliche Freude am Gruseln erstmals eine Blütezeit in Sagen und Legenden, die mit satanischen Kreaturen zur Verkörperung des Bösen besetzt waren. Diese Sehnsucht wurde später auch in der schwarzen Romantik Ende des 18. Jahrhunderts erfüllt. Die sogenannte „Gothic Fiction“ oder Schauerliteratur beschäftigte sich mit der Darstellung des Düsteren und Hässlichen. Stereotypes Personal wie Geister, Dämonen, Zombies, Hexen, Monster oder Vampire und Schauplätze wie Burgen wurden bewusst gewählt, um eine schauerliche Atmosphäre zu schaffen. All diese Darstellungen des Horrors stimmen darin überein, dass eine Komponente des Bösen vorhanden ist, die auf die Figuren einwirkt, und meist in personifizierter Form, als Mensch oder eben als übernatürliche Kreatur, auftritt. Ebendiese Personifikation des Bösen ist ebenfalls in der US-amerikanischen Fernseh-, Netflix- und Amazon Prime Serie „The Vampire Diaries“ zu finden. Vor den Streaming-Diensten wurde die Serie in Deutschland allerdings auf ProSieben und dem Privatsender Sixx ausgestrahlt. Sie besteht aus acht Staffeln und wurde in den Vereinigten Staaten ab 2009 acht Jahre lang gezeigt. Im Folgenden soll eine kurze Kritik über die Serie erstellt werden. In dieser geht es um die junge Schülerin Elena Gilbert, die ihre Eltern bei einem tragischen Autounfall verloren hat. Gerade als sie dabei ist, ihren Verlust zu verarbeiten und ein neues Highschool-Schuljahr zu beginnen, taucht der mysteriöse, gutaussehende neue Schüler Stefan Salvatore auf ihrer Bildfläche auf. Zu ihm fühlt sie sich gleich hingezogen – so scheint er sie und ihre Probleme als Einziger wirklich zu verstehen. Elena findet Stefan tiefgründiger, erwachsener und reifer als seine Altersgenossen – ohne dabei auch nur im Geringsten zu erahnen, dass er ein über 150 Jahre alter, unsterblicher Vampir ist. Und Vampire ernähren sich von Blut – menschlichem Blut.
Im weiteren Verlauf der Serie lernt Elena Stefans Bruder kennen, Damon Salvatore, der nichts Gutes im Schilde zu führen scheint. Im Gegensatz zu seinem Bruder, der eine Art vegetarische Ernährung in Form vom Verzehr Tierbluts bevorzugt, tötet Damon nämlich ausschließlich Menschen. Als Elenas verschlafene Heimatstadt Mystic Falls im US-Bundesstaat Virginia dann zunehmend öfter von merkwürdigen Ereignissen wie dem Verschwinden von Wanderern oder dem Auffinden blutleerer Leichen heimgesucht wird, gerät Elena immer weiter hinein in eine mysteriöse Welt, deren Existenz sie bisher nicht mal erträumen konnte.
Die Serie erfüllt die volle Brandbreite des Gruselns – so geht es doch immer um Vampire, Hexen und Werwölfe. Zu Mitte der Serie kommt es sogar zur Kreuzung zwischen Vampir und Werwolf. So startet die Serie am Anfang doch noch recht schleppend im Erzählvorgang, wird dieser in den darauffolgenden Staffeln immer schneller. Die Ereignisse werden irgendwann regelrecht absurd: andauernd versterben Darsteller, werden verschleppt oder gefoltert, dann wieder im Jenseits besucht oder neu zum Leben erweckt. Zum Teil sind die Geschehnisse meiner Meinung nach dermaßen an den Haaren herbeigezogen, dass ich es bald selbst nicht mehr glauben konnte. So freute ich mich zu Anfang der Serie noch auf das Gruseln und eine moderne Version des Vampirs ohne Weisheiten über Knoblauch und Spiegel. Zu Ende von „The Vampire Diaries“ beschlich mich jedoch immer mehr das Gefühl, dass den Produzenten langsam die Ideen ausgehen. Dann geht es eben um belanglose Kuriositäten wie Kometen und verhexte Mondsterne. Immer wieder werden die gleichen Themen behandelt: böse (Ur-)Vampire aus Stefans und Damons Vergangenheit tauchen auf, um Elena oder ihre Familie und Freunde zu bedrohen. Da Elena aber ein schwacher Mensch ohne die Vampir-Superkräfte wie schnell heilende Knochenbrüche, eine bemerkenswerte Reaktionszeit oder die allgemein geschärften Sinne ist, müssen die Salvatore-Brüder zur Hilfe eilen und die Dame in Not retten. Auch hier werden wieder alle Klischees bestätigt: der starke Beschützer tut doch alles, um seine zerbrechliche, zierliche Angebetete vor dem Tod zu bewahren. Auch wenn sich diese nicht zwischen ihm und seinem Frauenhelden von Bruder entscheiden kann. Gerade Elenas durchgehender Flirt mit Stefan und Damon macht sie ja noch geheimnisvoller und begehrenswerter. Und scheinbar scheint die Außenwelt um Mystic Falls auch nichts von all dem Übernatürlichen mitzubekommen, und das, obwohl gefühlt in jeder Folge unschuldige Bewohner filmreif von scharfen Vampirzähnen in Sekundenschnelle aufgeschlitzt werden. Und irgendwie ist auch jeder mit jedem verwandt oder verzofft.
In insgesamt 171 Folgen über jeweils etwa 40 Minuten kann viel passieren. Trotz der oft übertriebenen Handlung muss allerdings festgehalten werden, wie bildlich schön die einzelnen Szenen der Serie gestaltet sind. Wie in der Einleitung bereits angedeutet, sind Schauplätze wie Burgen, Gruften, Friedhöfe oder Gemäuer bewusst gewählt, um eine schauerliche Atmosphäre zu schaffen. Gerade die Szenen aus der Jugend der Salvatore-Brüder im 17. Jahrhundert sind geschichtlich gut aufgearbeitet und künstlerisch dargestellt. Die Serie spielt sich zudem oft in der Nacht ab, Nebel und schaurige Szenen im Wald tragen ihr Übriges zum Gruseln bei. „Vampire Diaries“ ist daher eine angenehme nächtliche Unterhaltung im düsteren Herbst und Winter – da kann man über eine etwas seichte, übertrieben dramatische Erzählung schon mal hinwegsehen. Vampire kommen wohl doch nie aus der Mode.

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