TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Freitag, 29. September 2017

Tales from Riverdale

von Susanne Rieger   

"Our story is about a town. A small town. And the people who live in the town. From a distance, it presents itself like so many other small towns all over the world. Safe. Decent. Innocent. Get closer, though, and you start seeing the shadows underneath. The name of our town is Riverdale.“

Mit diesen Worten beginnt die noch ganz neue US-amerikanische Fernsehserie, die den Namen der Stadt trägt, in der sie spielt: Riverdale.
Der Tod des Highschool-Schülers Jason Blossom verändert das Leben der Einwohner des Ortes. Auf einmal erscheint das Leben dieser kleinen Stadt alles andere „safe“, „decent“ und „innocent“. Denn alle wissen, es lauert ein Mörder unter ihnen. Betroffen von Jasons Tod ist vor allem seine Zwil­lingsschwester Cheryl. Doch sie scheint mehr zu wissen, als sie zugeben will...Ungewollt geraten ihre Mitschüler Archie, Betty, die neue Schülerin Veronica und Archies alter Freund Jughead (gespielt von Cole Sprouse, bekannt durch Hotel Zack&Cody) in den Fall und finden immer mehr Details zum Ge­schehen heraus. Während sich die erste Staffel hauptsächlich um den Tod Jasons handelt, kämpfen die Hauptpersonen zusätzlich mit typischen Highschool-Problemen, wie man sie aus Serien kennt. So gesteht zu Beginn der Staffel Betty ihrem besten Freund Archie ihre Gefühle, während dieser in den Sommerferien ein Verhältnis mit seiner Musiklehrerin angefangen hat. Im Laufe der Staffel rücken solche Probleme aber in den Hintergrund, denn die Jugendlichen finden immer mehr über das Mord­geschehen heraus. Schritt für Schritt kommen sie der Enthüllung des Mordes näher und erfahren dabei immer mehr Geheimnisse, wie die heimlichen Liebesbeziehung zwischen Jason und Bettys Schwester Polly, die unerwartete Konsequenzen nach sich zieht. 

Je mehr Hinweise die Jugendlichen über den Mörder erhalten, desto mehr begeben sie sich allerdings auch in Gefahr. Ein Abschlachten a la Game of Thrones gibt es zwar nicht (was auch nicht schwie­rig sein dürfte), allerdings bleibt am Ende der Staffel nicht jeder unversehrt..

Riverdale ist eine Serie, mit der man sich auch abseits des Bildschirms beschäftigt, und das ist für mich ein großer Pluspunkt. Natürlich, Unterhaltungsserien haben auch ihren Reiz, wenn man Abends heimkommt und ab­schalten will, aber wer Krimis und Mystery mag, dem kann ich diese Serie sehr ans Herz legen. Als Zuschauer fiebert man stets mit und macht sich Gedanken, wie sich die Handlung entwickelt und wer hinter dem Mord steckt. Es ist eine perfekte Mischung aus Krimi und einer Serie über Jugendliche, die versuchen, ihren Platz im Leben zu finden.

Abgesehen von dem Mord, muss sich der Zuschauer auch mit den Charakteren an sich beschäftigen. Denn jede Person zeigt unterschiedliche Facetten von sich, über die man sich ein eigenes Bild machen muss. Es gibt kein Schwarz-Weiß-Denken, denn wie im echten Leben ist nicht jede Per­son nur gut oder böse. Betty beispielsweise, die für die gute, brave Tochter und Vorzeigeschülerin gehalten wird, entdeckt im Laufe der Staffel eine dunkle Seite an sich. Bettys Mutter Alice Cooper hingegen wird zu Beginn der Serie als die strenge und unsensible Mutter dargestellt, während der Vater noch der zu sein scheint, der jeden Streit schlichten will. Doch unbemerkt wird sie immer sympathischer und Bettys Vater ist auf einmal derjenige, dem man nicht trauen kann. Ob man eine Person also mag, nicht mag oder ihr vielleicht sogar einen Mord zutraut, ist jedem Zuschauer selbst überlassen und er hat die Gelegenheit, verschiedene Seiten der Charaktere kennenzulernen und sich ein Bild darüber zu machen. 

Die erste Staffel endet mit der Aufklärung des Mordes an Jason Blossom, allerdings auch mit einem Cliffhanger, der Lust auf mehr macht. Zum Glück hat „The CW“ im März 2017 die Serie um eine zweite Staffel mit 22 Folgen verlängert. Diese wird ab dem 12. Oktober auf Netflix wöchentlich zu sehen sein. 

Die Hauptcharaktere der Serie gibt es übrigens schon seit den frühen 1940er Jahren. Sie haben ihre Vorlage in den Archie Comics und wurden namentlich komplett übernommen. Viele weitere Cha­raktere davon existieren ebenfalls auch in der Serie, aber mit mehr oder weniger Relevanz und zum Teil mit anderen Charakterzügen. Auch der Schauplatz von „Riverdale“ (neben der Highschool) ist von der Comicreihe inspiriert. Viele Szenen der Serie finden in dem Cafe „Pop’s Chock’lit Shoppe“ statt, in den Archie Comics treffen sich Archie und seine Freunde häufig in der Eisdiele „Pop’s Soda Shoppe“. 

Während Jason Blossom in der Serie ermordet wurde, lebt er in den Archie Comics als ein ganz nor­maler Highschool-Schüler, der mit seiner Zwillinggschwester andere Mitschüler drangsaliert. Und das ist auch schon der größte Unterschied zwischen Comic und Serie: die Geschichte. Während „Ri­verdale“ einen Mord behandelt und somit die Zielgruppe Jugendliche und junge Erwachsene an­spricht, sind die Archie Comics für Kinder geschrieben und behandeln als die große und immer wie­deraufkehrende Thematik die Rivalität zwischen Betty und Veronica um Archies Liebe. Oder um es wie Netflix auszudrücken: „Riverdale is a little darker and a lot more interesting than it was in the days of Archie Comics.“

Der eigenen Erfahrung nach bedienen sich Serien oft gewissen Klischees. Häufig treten Verwand­schaftsdramen oder ungewollte Schwangerschaften auf, um die Geschichte zu verkomplizieren oder eventuell sogar, um dem Mord einen Sinn zu geben. Wer sich Pretty Little Liars angeschaut hat (und bei den ganzen Geheimnissen die Serie bis zum Ende verstanden hat) dürfte von Familiendramen inzwischen genug haben. Am Ende der Serien waren gefühlt alle Charaktere miteinander verwandt und die Serie erschien nichts anderes als unrealistisch. Zu meinem Bedauern hat auch Riverdale zweimal von solchen Klischees profitiert, einmal mit einer ungeplanten Schwangerschaft und einmal mit einer gro­ßen Enthüllung bezüglich des Verwandschaftsverhältnisses zweier Familien, die eine wichtige Rolle spielen. Aber glücklicherweise überzeugt Riverdale ansonsten und somit ist das nicht das ausschlagge­bende Kriterium, ob diese Serie sehenswert ist oder nicht. 

Dagegen wäre ein ausschlaggebendes Merkmal die filmische Gestaltung. Gleich in der Anfangsszene in der ersten Folge erkennt man die eindrucksvolle Art, mit der die Produzenten mit den Farben und Effekten spielen. Die Zwillinge Jason und Cheryl fahren in ihrem roten Auto zu ruhiger Musik an den Fluss, der in der Sonne glitzert. Beide mit ihren roten Haaren in weißer, eleganter Kleidung, während ein Erzähler die Handlung dazu erzählt. Sie rudern mit einem kleinen Boot den Fluss hinauf ein Donner unterbricht die ruhige, friedliche Stimmung und auf einmal sind alle Farben (das Meer, die nassen Haare von Cheryl, der Himmel...) dunkel und bedrohlich. Das Spiel mit Farben findet sich ganz häufig in der Serie - schon allein der Farbkontrast der Haarfarben von der schwarzhaarigen Veronica, dem rothaarigen Archie und der blonden Betty. Auch die musikalische Gestaltung ist großartig, in der Anfangsszene bekommt man bereits einen Vorgeschmack auf das, was einen musikalisch erwartet. Die finale Szene in Folge 13 rundet die Serie dann in allen Punkten perfekt ab. So macht es nicht nur wegen der Geschichte Spaß, die Serie zu schauen, sondern auch wegen der Gestaltung.  

Die Comics gibt es seit den frühen 1940er Jahren. Da kommt die Frage auf: Wie lange wird die Serie bestehen? Nach Anschauen der ersten Staffel kann ich mit voller Überzeugung sagen, dass diese Serie meiner Meinung nach noch große Erfolge feiern und nicht so bald verschwinden wird. Ich bin ge­spannt, was die zweite Staffel bringt und warte den 12. Oktober schon sehnsüchtig ab.




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