TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Dienstag, 12. September 2017

First World Problems: Gossip Girl

von Laura Moll 

Attraktive und teuer gekleidete Jugendliche schmieden Intrigen und Rachepläne auf elitären Partys. Klingt nach Ihrem Alltagsleben? Wohl eher nicht. So muss man sich laut der Erfolgsserie Gossip Girl, die in 6 Staffeln zwischen 2007 und 2012 erschien, das Leben des Nachwuchses der New Yorker High Society vorstellen. Die Autorin Cecily von Ziegesar lieferte mit der gleichnamigen Buchreihe die Vorlage dafür. 


Im Mittelpunkt der Serie steht eine Gruppe von Schülern einer teuren Privatschule. Mal befreundet, mal verfeindet, sind sie doch immer auf magische? Weise verbunden. Blair und Serena sind beste Freundinnen. 

Zu Beginn der ersten Staffel kehrt Serena von einem mysteriösen Internatsaufenthalt zurück, zu dem vor einem Jahr ohne ein Wort zu sagen aufgebrochen war. Blair, die als selbsternannte Königin der Schule mit Vorliebe Mädchen wegen ihrer Kleidungswahl zum Weinen bringt, fühlt sich nun durch Serena in ihrer Position bedroht. Diese hat jedoch kein Interesse daran, Blair ihren Thron abspenstig zu machen, sondern ist mit dem Selbstmordversuch ihres Bruders, der baldigen fünften Hochzeit ihrer Mutter und der Mission, ihr Image als promiskuitives, drogenabhängiges Partygirl abzuschütteln, beschäftigt. Blairs langjähriger Freund Nate ist eigentlich in die charismatische und hübsche Serena verliebt, mit der er, wie sich bald herausstellt, Blair das Jahr zuvor betrogen hatte, was Serena überhaupt erst dazu veranlasst hatte, ins Internat zu gehen – Mysterium gelöst. Nates bester Freund Chuck Bass (dessen voller Name hier genannt werden muss, da der Satz „Ich bin Chuck Bass.“ Offensichtlich magische Fähigkeiten hat und ihm immer und überall einen Freifahrtschein beschert) scheint nur auf teure Vergnügungen wie Partys und Frauen aus zu sein und versucht somit die Aufmerksamkeit seines desinteressierten Vaters zu erregen. 

Schwer zu glauben, dass die Charaktere zu diesem Zeitpunkt erst etwa 16 Jahre alt sein sollen, auch da die Schauspieler um einiges älter sind und auch so wirken. Das letzte Mitglied der Gruppe wird aufgrund seiner vergleichsweise ärmlichen Herkunft nur schwerlich und langsam von den anderen Mitgliedern akzeptiert. Dan, der die Schule nur durch ein Stipendium besuchen kann, kommt nicht aus reichem Hause sondern aus Brooklyn („Eww“ – Blair). Er findet sich in der Welt der privilegierten Upper East Side nur schwer zurecht und lehnt sie äußerlich ab, ist aber insgeheim fasziniert von ihr. Wie Nate ist er geradezu verzaubert von Serena und beginnt eine Beziehung mit ihr. Obwohl diese fünf im Mittelpunk der Story stehen, werden sie von einer Vielzahl anderer Charaktere ergänzt. Alte Freunde, neue Bekanntschaften und Familienmitglieder haben alle ihre eigene Agenda und verkomplizieren das Geschehen oder erweisen sich hilfreich bei einer der Intrigen. 

Überwacht wird diese Szenerie von Gossip Girl, einem anonymen Blog, der darauf aus ist, die Geheimnisse der jungen Elite zu enthüllen und Gerüchte über sie zu verbreiten und sich dadurch großer Popularität erfreut. Obwohl die Hauptcharaktere oft unter diesen Meldungen leiden müssen, nutzen sie die Seite auch selbst, indem sie Tipps einschicken, die ihre Feinde und/oder Freunde belasten, um ihre eigenen Motive durchzusetzen. 

Jede der 40-minütigen Folgen der Serie folgt einem ähnlichen Prinzip. Ein oder mehrere größere oder kleinere Probleme tun sich auf, ein Plan muss geschmiedet werden, Allianzen zwischen den Charakteren bilden sich oder werden gebrochen. Auf einem exklusiven Event trifft ein Großteil der Involvierten schick gekleidet und perfekt gestylt aufeinander, eine skandalöse Gossip Girl Meldung wird gepostet. Verwirrungen und Verstrickungen erschweren die Lösung der Probleme, alles ist sehr dramatisch. 

Klingt das für Sie alles sehr kompliziert und unrealistisch? Ist es auch. Wer wirklichkeitsnahe Unterhaltung sucht, ist mit dieser Serie wohl falsch beraten. 

Trotzdem hat die Serie eine große Fangemeinde. Viele, vor allem junge weibliche Zuschauer lieben Gossip Girl gerade wegen diesen Irrungen und Wirrungen der Reichen und Schönen. Wer modebegeistert ist, kommt bei Gossip Girl definitiv auf seine Kosten. Ähnlich wie bei Sex and the City ist Mode ein großes Thema. Vor allem die weiblichen Charaktere zeigen ihr Stilbewusstsein auf ganz verschiedene Arten, was ein weiterer Grund dafür ist, dass sie oft sehr viel älter wirken, als sie eigentlich sein sollen. Auch das ausgeprägte und aufregende Liebesleben der Protagonisten verstärkt diesen Eindruck. 

Interessant ist, dass die Sympathien der Zuschauer zu den einzelnen Figuren im Laufe der Serie wechseln, da sie große charakterliche Veränderungen durchleben. Erscheinen der arrogante Chuck und die intrigante Blair zunächst eher als die Antagonisten, wünscht man ihnen im Verlauf der Serie mehr und mehr ein Happy End. Auch die anderen Figuren durchlaufen charakterlich Höhen und Tiefen. Wer in einer Staffel Publikumsliebling ist, kann in der nächsten schon wieder in Ungnade fallen. Dabei werden jedoch immer beide Seiten eines Konfliktes beleuchtet, was dem Zuschauer die Chance gibt, seine eigene Meinung zu bilden. Meiner Meinung nach sind diese Veränderungen sehr angebracht, da die Serie die Jugend der Charaktere zeigt, der Lebensabschnitt, in dem sich die Persönlichkeit eines Menschen am meisten herausbildet und entwickelt. Manche der Probleme der Figuren möchte man gerne selbst haben. Soll Blair nun Prinz Louis von Monaco heiraten oder sich für den Milliardärssohn Chuck entscheiden? Soll Nate, der in der Schule nie besonders gut war, am Elitecollege Columbia weiterstudieren oder Geschäftsführer einer Zeitschrift werden? College ist sowieso so eine Sache in Gossip Girl. Keiner der Charaktere scheint überhaupt seinen Abschluss zu machen. Das ist wohl dem geschuldet, dass die Serienautoren einen Weg finden mussten, die Figuren zusammen in New York zu halten, um die Story fortzuführen. Planten doch zunächst viele, auf hochklassige Colleges außerhalb der Stadt gehen, entschieden sie sich letztendlich dafür, entweder ein College in New York zu besuchen oder gar keine höhere Bildung anzustreben, da sie schon ein milliardenschweres Business führten (Chuck) oder sich vor lukrativen, ungerechtfertigten Jobangeboten nicht retten konnten (Serena). Doch auch der Rest verlässt das College früher oder später vorzeitig, um größere Dinge anzustreben. Allerdings war zu diesem Zeitpunkt auch die „College Experience“ für die High Society abgeschlossen: Einige weniger exklusive Partys, eine Affäre mit einem Professor, ein Paar hinterhältige und manipulative Pläne, um bessere Noten zu erhalten. Nachdem das also abgehakt war, durfte jeder einen tollen Job oder europäischen Prinzen finden, was das Studieren redundant machte. 

Generell kann man sagen, dass Gossip Girl definitiv keine Serie für jedermann ist. Wer jedoch die Lust verspürt, die dramatischen Probleme und Intrigen von attraktiven, reichen, gut gekleideten jungen Leuten zu verfolgen, dem wird bei dieser Serie gute Unterhaltung geboten. Denn auch wenn sie kein Meisterwerk der Fernsehkunst ist, hat sie doch Kultstatus und wird gerade wegen ihrer etwas befremdlichen Handlungsstränge noch lange viele Zuschauer begeistern.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen