TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Donnerstag, 7. September 2017

„Die Höhle der Löwen“- ein Deal für Millionen

von Kristina Karkalova 

Ich laufe durch die Stadt. Ich muss mir unbedingt die Strumpfhose kaufen, die ich am Dienstagabend in der Fernsehsendung Die Höhle der Löwen gesehen habe. BATAILLON BELETTE ist ein innovatives Label auf dem deutschen Markt, das nicht nur mich als Käufer, sondern auch die fünf Mitglieder der Jury überzeugt hat. Die Die Höhle der Löwen in Deutschland, Dragons Den in Großbritannien und Shark Tank in den USA präsentieren eine der spannendsten Unterhaltungsshows in der Geschichte des Fernsehens. Die Sendung wurde in Deutschland im Jahr 2014 vom Sender Vox zum ersten Mal ausgestrahlt, wobei sie bis heute 30 Episoden in drei Staffeln erreicht hat und aktuell ab September 2017 in die vierte geht.

Die Länge der Episoden beträgt 120 Minuten, um eine große Anzahl der Firmen mit ihren Produkten darstellen zu können. Als Moderator erscheint Ermias Habtu, ein junger Mann mit strahlendem Lachen. Die Jury besteht aus fünf Investoren, die im Laufe dieses Jahres gewechselt werden: Ralf Dümmel (Gründer eines Unternehmens für Non-Food-Artikel und Lieferservices in ganz Europa), Judith Williams (Teleshopping-Unternehmerin, sowie Queen der Kosmetikbranche), Carsten Maschmayer (Experte im Finanzbereich), Frank Thelen (Investor in Start-Up-Firmen, wie „Outbank" und "Lilium Aviation") und Jochen Schweizer (Extremsportler und Besitzer eines Unternehmens für Erlebnisgutscheine) - alle fünf kämpfen um den perfekten Deal. Das Resultat zeigt sich am Ende. Die Teilnehmer werden entweder Trophäe oder Beute der Löwen, denn sie haben die Möglichkeit einen oder mehrere von ihnen als Partner zu bekommen und zusammen mit ihnen in eine Kollaboration einzusteigen. In der Folge bekommen die Kleinunternehmer sowohl Geld für die Entwicklung des Geschäfts, als auch für neue oder bewährte Konzepte, die von den Investoren unterstützt werden. Im Mittelpunkt steht die Frage nach dem Prozentanteil, der zwischen den beiden Seiten abgesprochen wird. Das Eigenkapital der Löwen wird zuerst in den kleinen Firmen so investiert, dass sie das Geld bald wieder zurückbekommen können. Die Sendung läuft nach dem Motto „Deal um richtig viel Geld“. Die Atmosphäre, die das Drehstudio vermittelt, zeigt die Investoren und ihren sozialen Status im vollen Glanz zeigen. Es sind fünf mächtige Ledersessel auf dem Bildschirm zu sehen. Sie stehen als Symbol für die Macht, die sie in ihren Händen halten. Als ob gleich die Teilnehmer alles oder nichts bekommen werden. Als ob die große Chance ihres Lebens auf dem Spiel steht.

Das Gleiche erwartet das junge Paar Pia (28 Jahre) und Daniel (28 Jahre) aus Stuttgart, die seit 2011 die Strumpfhosenmarke BATAILLON BELETTE besitzen. Sie sind jung, leidenschaftlich und modebewusst. Sie stellen sich als ausgebildete Fahrzeug-Interior-Designer vor, die das Know-How in der Entwicklung des perfekten Aussehens eines Produktes beherrschen. Bei dem Auftritt in der Sendung liegt der Fokus der Strumpfhose in erster Linie auf Mode und Haltbarkeit. Die beiden Gründer sind mit einer Metallbürste vorbereitet. Es geht los! Die knallharte Bürste wird direkt auf das Bein angewendet, um die Robustheit der Strumpfhose zu zeigen. Der Test ist bestanden und das Produkt sieht aus, als wäre es gerade ausgepackt worden. Das Hauptziel der beiden Gründer wurde bereits am Anfang festgestellt: „Wir wollen Betriebskanäle aufbauen, wir wollen unsere Reichweite erhöhen und wir wollen die Marktlücke erschließen.“ 

Die Jury sieht total begeistert aus. Dennoch stellen sie Fragen, die sich rund um die wirtschaftliche Seite drehen, wie z.B Verkaufszahlen, Qualitätsquote, sowie realistische Zukunftsaussichten und Feedback. Dann passiert plötzlich etwas Unerwartetes. Vier Investoren sind raus. Sie erklären ihre Entscheidungen so: „Strumpfhosen sind ein Produkt, von dem ich überhaupt keine Ahnung habe. Deswegen steige ich aus.“ Dazu kommt die Aussage von Judith Williams: „ Gerade bei der Strumpfhose, da sind die großen Player, die seit vielen Jahren auf den Markt sind.[..] Das heißt kämpfen. Und Strumpfhosen sind leider nicht meine Leidenschaft.“ 

Die Enttäuschung ist spürbar. Doch es gibt Licht am Ende des Tunnels. Ralf Dümmel ist offen für eine Zusammenarbeit und bietet Pia und Daniel 60.000 Euro an. Im Gegensatz sollten die beiden 30% der Anteile an der Firma an ihn abgeben. Das sind 15% mehr als sie zu Beginn genannt haben. Hier sei noch einmal hervorgehoben, dass man in dieser Show bereit sein muss, alles aufzugeben, um erfolgreich zu werden. „Ich glaube an sie beide und ich glaube an das Produkt und deswegen wäre ich bereit ihre Strumpfhose ganz groß zu machen“, sagt Ralf Dümmel, um die Situation zu lockern. „Ja, dann haben wir ein Deal“, lautet die Antwort der beiden Gründer von BATAILLON BELETTE und ihre Gesichter strahlen vor Glück. 

Man kann sich fragen: Ist das der Schlüssel für eine erfolgreiche TV-Show? 

An Menschen zu glauben und ihnen zu helfen, ihre Träume zu verwirklichen. Ein großer Teil der Bevölkerung setzt sich deshalb jeden Dienstag um 20:15 Uhr vor den Bildschirm und wartet gespannt auf die Antwort der Investoren. Dagegen lässt sich anführen, dass TV-Sendungen in einen medienkulturellen Wandel eintreten und die Fernsehkultur keine Realität zeigt. Das Fernsehen als Medium konzentriert sich auf die Zuschauerquoten und es macht keinen Spaß, wenn sie weniger als geplant sind. Werbung und Tricks gehören dazu, denn die Aufmerksamkeit der Zuschauer muss gewonnen werden. Das Problem beschäftigt die Produzenten der Show Die Höhle der Löwen nicht, denn sie bleiben ihrem Sujet treu und machen mit einem neuen Mitglied im Team weiter. Der Erfolg der Sendung und die Zahl der Fans sind so groß, dass in diesem Jahr ein POP-UP Store in Köln eröffnet wurde. Die beliebtesten Produkte aus allen Staffeln sind im Store zu finden. Außerdem hat man die Möglichkeit die Investoren live zu sehen. Die Marketingstrategie der Show funktioniert also und spült immer mehr Geld in die Kassen. 

Nun, was bleibt noch übrig? Der Lohn für die gute Arbeit. Die Sendung bekam 2016 den Deutschen Fernsehpreis in der Kategorie „Bestes Factual Entertainment“. Zu der Sendung gehört auch das Buch „Erfolgreich Unternehmen gründen“. Somit ist schlusszufolgern, dass sich die Show in relativ kurzer Zeit einen Namen in der Medienbranche gemacht hat. Es lässt sich anhand des Models der Sendung belegen, dass die Entwicklung des Mediums nicht nur als technisch gesehen werden soll, sondern auch strategisch. Das Fernsehen ist Kunst, aber gleichzeitig auch eine Maschine, mit der man viel Geld verdienen kann.

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