TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Freitag, 1. September 2017

Die Kunst der Anthologie: American Horror Story

von Susanne Haspel 


Ein Ende. Keine Fortsetzungen. Keine Ergänzungen in irgendeiner anderen Form. Einfach nur ein simples, absolutes Ende. Das wird heutzutage immer schwerer zu finden. In den Kinos lassen sich immer mehr Sequels, Prequels oder Re-Imaginations finden. Doch bei Serien ist es nicht anders. Immer und immer wieder wird noch eine Staffel an eine Serie angehängt. Warum auch etwas enden lassen, von dem sich die Fans immer mehr und mehr wünschen und was damit den Produzenten immer mehr und mehr Geld bringt? Man will sich einfach nicht mehr mit einem „…und sie lebten glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende!“ abfinden. 

Stattdessen laufen Serien, die eigentlich schon längst hätten enden sollen immer weiter und weiter. Manchmal bis hin zu dem Punkt, an dem ihre Qualität einen solchen Tiefpunkt erreicht, dass sie abgesetzt zu werden drohen und ihre Geschichte mit einem erzwungenen Finale schießen müssen.

Auch eine langjährige Serie wie beispielsweise Scrubs schien es beinahe geschafft zu haben, ein angemessenes Ende zu finden. Dem Zuschauer wurde hier ein kurzer Blick in eine vollkommen perfekte Zukunft über das Serienende hinaus erlaubt, ohne jedoch zu behaupten, dass diese auch tatsächlich eintreffen würde. Das wurde dem Publikum überlassen. Zumindest vorerst. Dann erhielt ABC die Rechte an der Serie und eine völlig unnötige 9. Staffel zerstörte dieses vermeintlich perfekte Ende.

Welche Optionen bleiben einer Serie damit, um einem derartigen Schicksal zu entgehen? Eine Möglichkeit ist die Anthologie, also die Aneinanderreihungen von einzelnen Geschichten, die nicht (oder zumindest zum Großteil nicht) miteinander in Verbindung stehen. Ein Beispiel für eine Anthologie-Serie ist dabei American Horror Story.  



Zu allererst sieht man sich in American Horror Story mit einer Serie konfrontiert, die ihre Schauplätze und Cast immer erst nach dem Ende einer Staffel ändert. Dies erlaubt ihr eine Story darzustellen, die dem Zuschauer eingehender und ausführlicher geschildert werden kann, als es bei einer nur eine Episode umfassenden Story, wie es zum Beispiel bei Black Mirror der Fall ist.

Die Geschichte an sich kann also in größerem Umfang behandelt werden und Charakteren wird ein gewisses Development ermöglicht. Gleichzeitig verhindert dies aber auch, dass sich die Serie im Laufe der Zeit mit immer mehr Staffeln in der Handlung verliert oder der unglückliche Fall eintritt, dass den Schreibern die Ideen zu diesem konkreten Setting ausgehen.

An dieser Stelle sei zu erwähnen, dass obwohl sich die Story nach jeder Staffel ändert, der Cast der Serie in großen Teilen gleich bleibt. Das bedeutet, der Zuschauer kann sich zwar mit jeder Staffel mehr mit den Schauspielern selbst anfreunden, wird sie aber gleichzeitig in immer neue Rollen schlüpfen sehen. Eine gute Gelegenheit also für die Schauspieler, ihr ganzes Können in ihrem Handwerk zu beweisen.

Dabei sei gesagt, dass es hier zwar Figuren wie die von Jessica Lange gibt, die über die Staffeln hinweg ihre grundlegenden Charakterzüge beibehalten. Jedoch existieren gleichzeitig auch Figuren, wie die durch Denis O’Hare verkörperten, die nicht unterschiedlicher sein könnten. Aber egal, ob der Zuschauer Beständigkeit oder Mannigfaltigkeit vorzieht: Mit zwei Primetime Emmy Awards Nominierungen bei O’Hare und ebenfalls zwei Emmy Nominierungen, aber gleichzeitig auch zwei Emmy Auszeichnungen bei Lange, wird dem Zuschauer sicher stets eine solide Vorstellung geboten.

Doch auch die Tatsache, dass die Staffeln so vollkommen unabhängig voneinander existieren, kann für Vorzüge sorgen. Der Zuschauer kann so nämlich jede erste Folge einer Staffel als Pilot zu einer neuen Serie betrachten und nach dem Ansehen entscheiden, ob ihn das Thema und das Setting interessieren oder nicht. Ist letzteres der Fall, kann man diese Staffel ohne jede Bedenken einfach überspringen und sich der nächsten widmen. Man sieht sich also nicht wie bei anderen Serien beinahe gezwungen, sich durch jede einzelne Episode jeder Staffel zu quälen, nur um zu den Abschnitten zu kommen, die einem tatsächlich gefallen. So habe ich zum Beispiel  American Horror Story: Asylum nach einigen Episoden abgebrochen, weil ich mich durch die vielen, beinahe unübersichtlichen Handlungsstränge überwältig sah. Da aber die folgende Staffel Coven nichts mit der vorherigen zu tun hat, musste ich mir keine Gedanken über Kontinuität machen und konnte mich stattdessen einfach auf das neue Setting einlassen. 

Zum Schluss sei aber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ich mit dieser Kritik natürlich nicht einfach behaupten möchte, alle langlaufenden Serien wären automatisch schlecht, nur weil sie kein absehbares Ende zu haben scheinen. Keineswegs. Ein Blick auf Game of Thrones würde diese Behauptung sofort widerlegen. Ich möchte lediglich darauf aufmerksam machen, welche Vorteile eine Form wie die Anthologie einer Serie bietet. In ihr können Menschen wie ich, die das ständige Warten auf Fortsetzungen leid sind, endlich Geschichten finden, die dann auch tatsächlich schließen, wenn die Credits laufen. 



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