TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Mittwoch, 6. September 2017

Drama um „Promis“ – Big Brother hat seine Augen wieder geöffnet

von Madeleine Bissinger 

Auch in diesem Jahr kann der Fernsehsender Sat.1 nach schwachem Start wieder passable Einschaltquoten mit seiner Show Promi Big Brother erzielen, von der bereits die fünfte Staffel ausgestrahlt wird. Zugegebenermaßen zählt das Format in meinem Freundeskreis nicht zu den Gesprächsthemen, da sich bis jetzt noch keiner von ihnen dazu bekannt hat, sich den Ableger von Big Brother anzusehen. Auch ich habe diese Show aufgrund negativer Vorurteile bisher gemieden. Nachdem es anscheinend dennoch genügend Zuschauer gibt, habe ich mich dazu entschlossen, dem Format doch noch eine Chance zu geben und meiner Ablehnung auf den Grund zu gehen.
Der Aufbau der Sendung ist recht banal gehalten. Zwölf sogenannte „Promis“ ziehen in ein mit Überwachungskameras versehenes Haus, welches in zwei Bereiche unterteilt ist. Zu Beginn der Sendung müssen alle Bewohner in den verwahrlosten Bereich, das „Nichts“ ziehen. Aufgrund des Gewinns der Live-Challenges oder auf Anweisung von Big Brother, der Stimme aus dem Lautsprecher, dürfen manche Bewohner nach und nach in den Luxusbereich, das „Alles“, ziehen. Ziel der Sendung ist der Gewinn des Zuschauervotings, sowie für die einzelnen Promis sicher auch die finanzielle Vergütung und die Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit.

Das Bemerkenswerte an der Show ist der Einsatz psychologischer Mittel, welcher bereits vor dem Einzug in das Haus, bei der Auswahl und Zusammensetzung der Charaktere, beginnt. Aber auch innerhalb des Formates versucht Big Brother die Bewohner gegeneinander aufzubringen, zum Beispiel indem er sie dazu zwingt, sich gegenseitig für den Auszug aus dem Haus und dem damit verbundenen Ausscheiden aus der Show zu nominieren. Würden sich die Zuschauer mit diesem Aspekt der Sendung beschäftigen, hätte diese bestimmt eine breitere Anerkennung. In der Realität muss man sich aber leider eingestehen, dass sich der Großteil des Publikums vermutlich nur an den Auswirkungen dieser psychologischen Tricks amüsiert. Das bietet den Promis zum einen eine enorme Fläche zur Selbstdarstellung, hat aber gleichzeitig auch eine belustigende Wirkung auf den Zuschauer. Während die Bewohner oftmals durch Big Brother bloßgestellt werden, bleibt mir nur ein Kopfschütteln und die Frage übrig, warum man sich freiwillig in der Öffentlichkeit bevormunden lässt. Aber nachdem der Mensch für seine Sensationslust bekannt ist, kann ich mir gut vorstellen, dass sich das Publikum an der Blamage erfreut und genau diese zu den hohen Einschaltquoten führt. 

An dieser Stelle bleibt anzumerken, dass die eben angesprochene Blamage auch mit Demütigung gleichzusetzen ist. Denn die Bewohner aus dem „Nichts“ können durch die Bewältigung verschiedener Aufgaben Coins, als Münzen, erwerben, welche gegen Essen oder verschiedene Luxusgüter eingetauscht werden können. Meiner Meinung nach sind diese Aufgaben zu geschmacklos, wenn man betrachtet, dass beispielsweise eine Bewohnerin mit Klebeband für mehrere Stunden an einer kalten Metallwand befestigt wurde. 

Allgemein ist zu beobachten, dass Sat.1 mit seiner Show versucht, die Emotionen der Zuschauer zu erreichen, und sie dazu bringen will, für den jeweiligen Kandidaten anzurufen. So wird zum Beispiel das „Nichts“ gelegentlich mittels eines Farbfilters dramatisiert und einzelne Schicksale der Promis werden vermehrt angesprochen. Aber auch durch die Ausstrahlung von Streitigkeiten und Romanzen innerhalb der Bewohner, sollen Sympathien hervorgerufen werden. Damit der Promialltag für den Zuschauer nicht zur Langeweile führt, wird die Show von Jochen Schropp und Jochen Bendel moderiert. Diese begleiten die Live-Duelle und versuchen den Betrachter durch ihre ironischen und spöttischen Moderationen aufzuheitern. 

Auch mit Klischees wird gearbeitet. So verkörpert die Blondine Evelyn Burdecki auf übertriebene Art und Weise das Dummchen. Was manchen Bewohnern an Intelligenz fehlt, gleichen diese mit ihren Körpern aus. Pikante Szenen wie Aufnahmen beim Duschen werden natürlich vermehrt gezeigt. 

Zusammenfassend kann ich also behaupten, nichts zu verpassen, wenn ich auch weiterhin auf Promi Big Brother und seine Demütigungen verzichte. Denn abgesehen vom psychologischen Aspekt bietet Sat.1 nicht mehr als die Belustigung über Menschen, die gerne Promis wären und dafür bereit sind, sich komplett zu blamieren und Grenzen ihrer Privatsphäre zu überschreiten. Mir persönlich ist der Umgang mit den Promis zu grob, auch wenn man dabei anmerken muss, dass diese dazu nicht gezwungen werden. Für Zuschauer ohne normativen und intellektuellen Anspruch, welche sich nach einem anstrengenden Tag lediglich auf Kosten anderer amüsieren möchten, erfüllt diese Sendung jedoch trotzdem ihren Zweck.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen