TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Dienstag, 21. Juli 2020

Scream - eine schaurig schlechte Serienadaption

von Franziska Frank
Als Horror-Fan freut man sich über jegliche auch nur halbwegs vielversprechende Neuerscheinung aus seinem Lieblingsgenre. Daher war die Vorfreude über eine Horror-Serie, welche auf dem Horror-Franchise mit Kultstatus “Scream” basiert, nach diesem benannt wurde und auch noch Wes Craven - der Vater des Klassikers - mit in der Produktion hat, mehr als nur groß. Und die Enttäuschung um so größer. Die Serie bedient sich an Clichés, viele der Charaktere sind nicht überzeugend, sodass man von ihren Emotionen und Leid nicht wirklich gerührt ist und die allgegenwärtigen Lovestories, welche bei allen Hauptfiguren vorhanden sind, zielen hauptsächlich auf ein jüngeres Publikum im Teenageralter ab. Bei uns “alten Hasen” des Horrorgenres sorgen diese Punkte eher für Langeweile.
Zur Erläuterung: In den Jahren 1996/97 eroberte der Film “Scream - Schrei!” die Kinos und brachte - dank Craven in der Regie - neues Leben in die Horrorwelt. Die Filmreihe, welche aus dem Original und drei weitern Teilen mit Craven als Regisseur besteht, war eine Hommage an die typischen Slasher-Filme. Durch viel Selbstironie, das bewusste und mehrmalige Durchbrechen der vierten Wand, sowie die Nutzung der Clichés zu seinem Vorteil gelang es ihm einen Killer zu erschaffen, welcher sich neben den ganz Großen wie Freddy Krüger (ebenfalls von Wes Craven erschaffen), Michael Meyers und co. einreihen darf. Leider hat die Serie, welche erstmals 2015 auf MTV erschien, nicht viel mit ihrem großen Bruder gemeinsam. Lediglich den Namen, das Prinzip eines Serienmörders der Jagd auf Teenager macht und ein paar mehr oder weniger gelungene Referenzen scheinen sie sich zu teilen.
Die Protagonisten und die Storyline der Serie sind stumpf und erfüllen die typischen Eigenschaften einer High School Drama-Serie, unter die man dann Jumpscares, Blut und einen maskierten Killer - welcher nicht mehr die weltberühmte Ghostface-Maske trägt - gemischt hat. Das Final Girl Emma Duvall, gespielt von Willa Fitzgerald, schafft es zwar Gefühle in einem hervorzurufen, allerdings im negativen Sinne. Sie ist eine meist unsympathisch wirkende, naive 16-Jährige, mit einer fragwürdigen Beziehung zu ihrer Mutter, von der sie fast durchgehend angelogen wird, falschen Freunden und einer on/off Beziehung mit Will (Connor Weil), da sie sich scheinbar nicht entscheiden kann was bzw. wen sie möchte, schließlich trägt ihr neuer Lover Kieran (Amadeus Serafini) seinen Teil zu dem Liebesdrama bei.
Emma und ihre Freunde werden in üblicher Slasher-Manier von einem Killer gejagt und der Reihe nach auf brutale und blutige Weise ermordet. Bei ihrem Versuch auf eigene Faust den Mörder zu stellen, enthüllen sie dunkle Geheimnisse aus der Vergangenheit, welche ausschlaggebend für ihre gegenwärtige Situation sind, und müssen lernen, dass sie selbst ihren eigenen Eltern nicht blind vertrauen können. Die Charaktere mit denen man sich wohl am besten identifizieren kann sind Noah (John Karna) und Aubrey (Bex Taylor-Klaus), da zwischen den Beiden eine gute Chemie herrscht und sie ihre Rollen als beste Freunde sehr überzeugend abliefern. Außerdem handelt es sich bei den beiden um Horror-Fans, die versuchen, ihr durch Filme angeeignetes Wissen zu nutzen, um den Killer zu entlarven. Es ist klar, dass die Beiden von dem Charakter des Originals Randy (Jamie Kennedy) inspiriert sind, da dieser im Film oftmals die Regeln des Horrorfilms erläutert und seinen Freunden und Klassenkameraden erklärt, wie sie es schaffen nicht getötet zu werden (z.B. sage niemals “ich komme gleich wieder”). Sie liefern zwar eine gute Darstellung ab, kommen allerdings nicht an das Original heran, da die Serie nicht zwingend ein Comic Relief nötig hätte. Schließlich ist sie auch ohne diesem ein Witz.
Dennoch fiebert man etwas mit den Beiden mit (aber auch nur mit ihnen), da man ein bisschen von sich selbst in ihnen wiederfindet. Auch die Gedankengänge sind als waschechter Horrorliebhaber nachvollziehbar und Noah schafft es sogar ein wenig Nostalgie hervorzurufen mit Aussagen, welche bewusst die vierte Wand durchbrechen und somit kurz an das Original erinnern. Trotzdem ist es den zwei glaubwürdigsten Charakteren nicht gelungen, das Blatt zu wenden und die Serie in etwas ansehnliches zu verwandeln. Auch sie haben den ein oder anderen Makel (Aubrey ist beispielsweise oft zickig und strahlt, wie Emma, oft eine unsympathische Aura aus) und es gibt einfach zu viele weitere Rollen, deren Darstellung nicht durch zwei Gute gerettet werden kann.
Die Serienadaption nimmt generell viele Aspekte des Originals an und verändert sie so, dass sie auf die heutige Zeit zutreffen. Diese Abwandlung der Originalidee wirkt allerdings nicht authentisch sondern eher gezwungen um ein breites Publikum anzusprechen und viel Profit herauszuschlagen. So wurde beispielsweise aus der Reporterin Gale Weathers (Courteney Cox) die Podcast-Sprecherin Piper Shaw (Amelia Rose Blaire), Aubrey ist homosexuell, Emma ist - anders als Sydney Prescott (Neve Campbell) - keine Jungfrau mehr aber dafür Noah, und der Killer ruft nicht nur an sondern kann jetzt auch Nachrichten schreiben. Willkommen im 21ten Jahrhundert Ghostface, du hättest aber lieber in deiner Zeit bleiben sollen.
Im Großen und Ganzen scheint die Serie nichts weiter als ein langweiliges Teen-Drama gekoppelt mit Horrorelementen und Blut zu sein. Wer sich also gruseln möchte sollte lieber zu einem anderen Film oder einer anderen Serie greifen (eine gute Alternative wäre z.B. die Serie “Marianne” auf Netflix). Für wahre Genre-Kenner ist die Serie leicht zu durchschauen und einem ist - anders als im Original - schnell bewusst wer der Killer ist. Die Serie hat zwei Staffeln welche auf Netflix zu streamen sind und theoretisch auch eine Dritte, welche sich allerdings weder mit der Geschichte und den Charakteren der ersten beiden Staffeln noch mit den Filmen beschäftigt. Gerüchten zufolge soll besagte dritte Staffel nicht auf Netflix erscheinen, da sie zu schlecht ist. Schlimmer geht scheinbar immer.

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