15:00 Uhr, unter der Woche,
deutsche TV-Privatsender. Wer jetzt an Formate wie Familien im Brennpunkt, Verdachtsfälle
und „Talk-Zoffereien“ wie Die Trovatos und
Zwei bei Kallwass denkt, dem kann ich
es nicht mal verübeln. Das gute alte „Assi-TV“ dominiert seit Jahrzenten das
Nachmittagsprogramm der deutschen Privatsender-Landschaft.
„Wer hat denn schon auch
nachmittags Zeit das Fernsehgerät einzuschalten?!“. So hat zum Beispiel meine
Mutter jahrelang über mich geurteilt, denn ich war so ein Jemand (dem deutschen
Schulsystem sei dank!), der die Zeit dafür hatte. Für mich war diese eine
Stunde (von 15 Uhr bis 16 Uhr) fast schon jahrelang Routine. Mein Teenager-Ich
verpasste kaum eine Folge vom Nachmittagsprogramm des Privatsenders VOX. Um 15
Uhr läuft auf besagtem Sender von Montag bis Freitag das Erfolgsformat Shopping
Queen und dies hebt sich irgendwie ab vom „Familien im Brennpunkt-Einheitsbrei“
der anderen Privatsender.
Seit 2012 läuft das Format, vom
Konzept her fast unverändert. Seit Anfang an auch nahezu unverändert ist Guido
Maria Kretschmer. Er ist der eigentliche Star der Sendung, nicht –wie man
meinen könnte–die täglich wechselnde Kandidatin. Seit einigen Jahren gibt es
den pinken fett gebrandeten Shopping Bus, früher war der noch unauffällig
schwarz oder grau. Und auch die Städte in denen Shopping Queen zu Gast ist,
werden irgendwie vielfältiger. Während sich früher die Metropolen wie München,
Berlin und Hamburg Woche für Woche die Klinke in die Hand gaben, ist jetzt
beinahe jede halbwegs große Stadt mindestens einmal mit der Anwesenheit des
pinken Busses beglückt worden. Von Recklinghausen bis Regensburg war fast alles
schon dabei und kürte nach fünf Tagen die
Shopping Queen. Doch sonst ist alles ziemlich gleich wie vor 7 Jahren, als
Shopping Queen zum ersten Mal ausgestrahlt wurde.
Kurz zum Konzept: Jede Woche treten
fünf Frauen aus derselben Stadt gegeneinander an. Es gibt ein Motto, dass von
Guido Maria Kretschmer höchstpersönlich gestellt wird. Vier Stunden Zeit und
500 Euro, um das perfekte Outfit zum Thema zu finden. Die Regeln sind simpel,
die Herangehensweisen der Kandidatinnen dafür sehr unterschiedlich. Spannend
ist an Shopping Queen aber nicht das Klamotten einkaufen an sich, sondern das
ganze Drumherum. Die Kandidatinnen der Woche sind in der Zeit, in der die
Tageskandidatin shoppen ist, bei ihr zuhause und stöbern was das Zeug hält,
kommentieren alles, probieren den halben Kleiderschrank der Shoppenden an und
machen vor so ziemlich keiner Schublade Halt. Guido Maria Kretschmer
kommentiert währenddessen mit seiner perfekt erscheinenden Art von Humor, im
O-Ton im rechten Bildrand, die mehr oder weniger geglückten Versuche der
Shoppingkandidatin ein Outfit zum Motto zu finden und natürlich auch die
Tanzeinlagen, Modenschauen oder Gesangskünste der Kandidatinnen in der Wohnung
(was man eben so macht, wenn man bei einer mehr oder weniger wildfremden Frau
in der Wohnung ist!). Fast schon legendär ist unter treuen Zuschauern der Satz
„Das tut einfach nichts für sie!“. Dieser wird zum Beispiel von GMK verwendet
wenn Hilde, 57, aus Dresden meint ein knallgrünes Jersey Kleid für 19,99€ von
äußerst schlechter Qualität kombiniert mit weißen Kunstleder Ballerinas und Gärtnerinnen-Strohhut
wäre der perfekte Look für eine romantische Gartenparty. Aber auch wenn 20
Jährige Möchtegern-Blogger-Girls meinen, sie hätten das Fashion Rad neu
erfunden, wenn sie ein Jeans-Latzkleid mit Doc Martens kombinieren und dann im
O-Ton sagen, wie verrückt ihr eigener Style doch wäre. GMK kann eigentlich sagen
was er will. Er beschönigt nichts und ist immer ehrlich bei seiner Meinung zu
den Looks. Aber trotzdem oder gerade deshalb kann man ihm einfach nichts
verübeln, weil er seine Kommentare immer mit der ausreichenden Portion Humor
verpackt.
Wieso mich Shopping Queen über
Jahre hinweg begleitet hat: ich interessiere mich schon recht lang für Mode.
Shopping Queen schafft es aber meiner Meinung nach das ganze Mode-Thema mehr
als bodenständig rüber zu bringen. Das Format ist so herrlich normal und
vermittelt Spaß an Mode ganz ohne den arroganten abgehobenen
Glamour-Size-Zero-Faktor, denn man aus gängigen Magazinen kennt. Mode wird hier
auf Hausfrauen-Art wohnzimmertauglich.
Das sieht man auch an der
Diversität der Kandidatinnen. Von 70-jährigen Omis über spießige
Polo-Shirt-Muttis bis hin zu volltätowierten Gothic-Girls war schon wirklich
jeder Typ Frau bei Shopping Queen dabei. Auch innerhalb der Wochen wird von der
Produktionsfirma penibel drauf geachtet eine möglichst große Bandbreite an
Kandidatinnen auszuwählen, so dass die Kontraste mehr als deutlich werden.
Zu Streit oder Konkurrenzkampf innerhalb
der Kandidatinnen kommt es aber dennoch nie. Auch wenn die Outfits natürlich
nicht immer die Geschmäcker aller Beteiligten treffen, so hört man bei der
Bewertung der Kandidatin verdächtig oft den Satz: „zu dir passt der Look
einfach!“.
Ich kann mich auf jeden Fall an
keinen Streit erinnern. Und ja, ich habe viele Folgen gesehen. Die Frauen
machen durchgehend den Anschein, als hätten sie in dieser einen Woche den
größten Spaß überhaupt und neue Freundinnen gibt’s auch gleich noch oben drauf.
Mir ist realistisch gesehen natürlich klar, dass das nicht immer so sein wird.
Aber ein gutes Gefühl gibt’s dem Zuschauer irgendwie trotzdem. Und das ist auch
die Hauptmessage, die Shopping Queen vermittelt. Ein gutes Gefühl. Es bringt
Frauen zusammen, die hinsichtlich Herkunft, Alter, sozialem Status und
Körperformen unterschiedlicher nicht sein könnten. Und das auf ganz
ungezwungene Weise. Spaß am Shoppen haben sie irgendwie alle und das reicht
anscheinend um sie miteinander zu verbinden. Auch die Gewinnerinnen der Woche
könnten unterschiedlicher nicht sein. Mal wird die gertenschlanke 22 Jährige
Studentin, die nebenbei modelt, mal die 60-Jährige Hausfrau mit Kleidergröße 50
zur Shopping Queen gekürt. Vorteile aufgrund ihres Aussehens – so scheint es
mir zumindest – hat bei Shopping Queen keine Kandidatin.
Ums Gewinnen geht es den meisten aber
eh schon lange nicht mehr. Bei diesem Format trifft der Spruch „Dabei sein ist
alles“ zu 100% zu. Viel mehr als über das Preisgeld (immerhin 1000€), das die
Gewinnerin bekommt, freuen sich die
Teilnehmerinnen über das Finale, bei dem sie endlich ihren Guido persönlich
treffen. Eine Umarmung und ein paar liebe Worte gibt’s vom heimlichen Star der
Sendung dann auch noch. Spätestens dann ist es wirklich total egal, wer die
Siegerin der Woche ist.
So vielseitig Shopping Queen auch
ist. Eine Sache fehlt gänzlich und wird auch fast gar nicht berücksichtigt. Das
männliche Geschlecht geht bei Shopping Queen vollkommen unter. Die größte
Rolle, die Männer in dieser Produktion ergattern können, ist die der
Shopping-Begleitung. Und das ist auch gar nicht so selten, dass eine Kandidatin
ihren Freund mitnimmt. Viel mehr als Einkaufstüten tragen, machen die Herren
der Schöpfung dann oft aber auch nicht. Die Spezialisierung auf ein Geschlecht,
liegt vielleicht in der Natur der Sache, dass Shoppen einfach schon immer als
„Frauensache“ kommuniziert wird. Dennoch wären männliche Kandidaten nach 7
Jahren der Sendung durchaus angebracht.
Abgesehen davon macht Shopping Queen aber einiges richtig und ist eine
der wenigen Sendung, die verschiedenste Frauen miteinander vereint und einfach
Spaß macht. Die Zeiten, in der ich Woche für Woche gespannt vor dem Fernseher
saß sind zwar vorbei. (Ja Mama! Auch ich habe jetzt nachmittags etwas zu tun!).
Trotzdem freue ich mich nach wie vor wenn ich mal wieder Guido Maria
Kretschmers witzigen Kommentaren zuhören kann. Und kleiner Tipp am Rande, für
alle, denen es so geht wie mir. Am Samstag laufen bei Vox ab 12 Uhr fünf Folgen
hintereinander.
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