TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Dienstag, 3. März 2020

Schlaue Nasenspitzen in Lukes Schule (Luke, die Schule und ich)

von Johanna Brandl
So lautet der Titel der 4. Episode der dritten Staffel des Formats „Luke die Schule und ich – VIPs gegen Kids“, die am 17.05.2019 um 20:15 Uhr in SAT 1 ausgestrahlt wurde. Die Schulbank drückten dieses Mal Model und Moderatorin Verona Pooth, die Schauspielerin und Moderatorin Ruth Moschner, der Comedian Abdelkarim und der ehemalige Fußballfunktionär Reiner Calmund. Gleich zu Beginn, als die Kandidaten vorgestellt bzw. „eingeschult“ werden, wird die große Intelligenzspanne auf Seiten der Kandidaten deutlich: Verena Pooth erzählt, sie sei ein „achtfacher Mischling“, ist auf Nachfrage aber leider nur in der Lage, fünf verschiedene Nationalitäten aufzuzählen. Außerdem macht sie die Intelligenz der Grundschüler aus Weyer bei Solingen, also der Gegner der VIPs, an der Form ihrer Nasenspitzen fest, wobei auch zur Sprache kommt, dass sie selbst eine operative Veränderung an ihrer eigenen Nase hatte vornehmen lassen.
Das Spielprinzip sieht folgendermaßen aus: Es werden alle Stufen von der 1. bis zur 12. Klasse durchlaufen, welche in Grundschule (1-4), Mittelstufe (5-8) und Oberstufe (9-12) unterteilt sind. Je nach Stufe werden dann verschiedene Punktzahlen vergeben: für die 1. Klasse 1 Punkt, für die 2. Klasse 2 Punkte und so weiter. Für jede Klasse gibt es dann einen Stundenplan, aus dem jeweils ein Fach ausgewählt wird, in dem eine Aufgabe in verschiedenen Spielmodi gelöst werden muss. Zu gewinnen gibt es 20.000 €: Wenn die Kids gewinnen, für ihrer aktuelle Schule, gewinnen die VIPs, geht das Geld an ihre ehemaligen Schulen.
Oftmals sind nicht wirklich Wissen und Können gefragt. So zum Beispiel in der 1. Klasse im Fach Kunst: Hier muss erraten werden, was auf von Kindern gemalten Bildern dargestellt ist. Die Gruppe, die zuerst buzzert, darf antworten. Ist die Antwort falsch, geht der Punkt an den Gegner. Die VIPs verlieren. Ein weiterer Glanzmoment Verona Pooths: Sie vermutet, die Kinder hätten einen sogenannten „Fuchsbär“ gezeichnet. Doch schon in der 3. Klasse wird es ernst: Matheunterricht. Innerhalb von 5 Sekunden müssen mal mehr, mal weniger anspruchsvolle Kopfrechenaufgaben gelöst werden. Und wieder ist es Verona Pooth, die sich nicht als Intelligenzbestie entpuppt: 67+28= 25. Zweiter Versuch: 90. Moderator Luke Mockridge verbessert sie: 86. Der Zuschauer ist verwirrt. Auch nachdem er die Rechenaufgabe dreimal in seinen Taschenrechner eingegeben hat, bleibt das Ergebnis das gleiche: 95. Auch Ruth Moschner scheint in der Schule ein anderes Rechensystem beigebracht worden sein: 114+88= 112. Hä?
Weiter geht es mit Sachunterricht in der 4. Klasse. Der Zauber- und Unterhaltungskünstler Konrad Stöckel tritt ganz in der Rolle des verrückten Wissenschaftlers auf und erklärt den Magnetismus anhand von interessanten Beispielen und Experimenten. Trotzdem beginnen mit dem Auftreten des „Wissenschaftlers“ die ersten schlimmen 10 Minuten der Sendung. Seine künstliche, übertriebene Art und der immer wiederkehrende Ausruf „Stimmung!“, verbunden mit dem Hochwerfen von Konfetti, sind leider zu viel. Nun werden die Grundschüler gegen 10.-Klässler des Sportgymnasiums Chemnitz ausgetauscht. Der nächste Gast, Herr Gemeiner, Lukes früherer Sportlehrer, verhält sich – zum Glück – ganz normal und ist somit deutlich erträglicher und sympathischer als Konrad Stöckel. Das von ihm angeleitete Abwerfspiel können die Kids für sich entscheiden: Überraschung.
Nun kommt es zu dem Highlight der Ausstrahlung, in dem mal wieder Verona Pooth eine ganz wichtige Rolle spielt. Die Aufgabe ist eigentlich klar verständlich: 7. Klasse Deutsch, Rechtschreibung. Die von Luke Mockridge diktierten Wörter sollen auf die Tafel geschrieben werden – und das am besten noch richtig. Doch beide Komponenten der Aufgabe stellen für das Model eine Herausforderung dar. Statt dem Wort „danebenbenehmen“ schreibt sie den Satz „ich benehme mich daneben“, aus „Rückgrat“ wird das „Rückrad“ und auch bei den weiteren Wörtern „galoppieren“, „Einfaltspinsel“ und „Trilogie“ ist nicht ein Mal die richtige Schreibweise dabei. Doch damit nicht genug: Als Rechtfertigung dieser Peinlichkeit dient die Begründung, sie wollte „indoviduell“ (sic!) sein und es nicht so machen, wie es alle anderen machen, weil das führe ja schließlich zum Erfolg.
Zur Physikstunde in der 8. Klasse müssen die Zuschauer nun wieder Konrad Stöckel ertragen. Diesmal zwar nur drei Minuten, aber trotzdem stellt sich die Frage: Muss das denn sein? Denn das war leider auch nicht sein letzter Auftritt. Ein wenig später tritt er zum dritten Mal auf, um einen Laborversuch zu demonstrieren. Doch danach ist endlich Ruhe vor ihm und seiner nervig verstellten Stimme.
Nachdem alle Klassenstufen durchlaufen worden sind, steht die große Abschlussprüfung an, in der im Schnelldurchlauf noch einmal alle Klassen mit je einer Frage pro Kandidat wiederholt werden. Hier zeigt sich am deutlichsten, wo es Lücken in der Allgemeinbildung gibt. Wer also über einen entspannten Fernsehabend am Freitag hinaus etwas für seine Allgemeinbildung tun möchte, sollte lieber auf Sendungen wie „Wer wird Millionär ?“ oder andere Quizshows zurückgreifen, denn bei „Luke, die Schule und ich“ sind die behandelten Themen und dazu gestellten Fragen meist nicht sehr tiefgreifend und man ist eher schockiert über das mangelhafte Wissen von Stars wie Verona Pooth oder den fehlgeschlagenen Bildungsauftrag, der bei manchen Schülern zum Vorschein kommt – in beiden Fällen gibt es aber auch positive Gegenbeispiele und Lichtblicke. Aber das lockert die Sendung, bei der es eben nicht um perfekte Bildung (davon gibt es genug) geht, auf und verleiht ihr einen angenehmen Charakter.
Alles in allem ist „Luke, die Schule und ich – VIPs gegen Kids“ eine sehr unterhaltsame und größtenteils witzige Sendung. Vor allem der Moderator Luke Mockridge macht seine Sache sehr gut – mit viel Lockerheit und Witz führt er doch die Sendung, hat immer einen passenden Spruch parat und wirkt dabei überaus authentisch. Dies kompensiert auch leichte Schwächen des Konzepts, dessen Ablauf manchmal etwas langweilig werden kann und viele Wiederholungen und Parallelen aufweist.Insgesamt, um im Jargon zu bleiben, eine 2+.

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