TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Dienstag, 3. März 2020

Die fünfte Staffel Black Mirror. Technikritik im Serienformat

von Veronika Dittrich
Seit rund drei Wochen können sich alle Black Mirror Fans über eine neue Staffel freuen. Sie besteht nur aus drei Folgen, hat es aber trotzdem in sich: Serienschöpfer Charlie Brooker versteht es, dystopische Zukunftsaussichten zu ziehen und seine Zuschauer zum Nachdenken zu bringen.
Jede der bisher veröffentlichten 22 Episoden der Anthologie-Serie kann unabhängig voneinander angesehen werden, sie bauen nicht aufeinander auf, die Handlungen finden unabhängig voneinander statt. In jeder Episode werden verschiedene Charaktere geschaffen, die sich in möglichen Szenarien mit fortschrittlicher Technologie behaupten müssen. Die Auswirkungen unseres Medienkonsums sollen so kritisch unter die Lupe genommen werden. Wie sich dieser auf die Menschen auswirkt, wird dabei teils erschreckend, teils belustigend, aber auch brutal porträtiert.
In der ersten Folge der neuen Staffel “Striking Vipers” schafft es ein Videospiel, in das reale Leben zweier langjähriger Freunde einzugreifen und so ihr gegenseitiges Verhältnis komplett zu verändern. Ein im Trott des Alltags gefangener und erschöpfter Familienvater wird so zum starken Helden ohne die zum Beispiel altersbedingten Knie- oder Rückenschmerzen. Die Handlung wird hierbei in einem eher gemächlicheren Tempo erzählt, entfaltet sich dafür aber umso intensiver. In der darauffolgenden Episode “Smithereens” konfrontiert ein kidnappender Taxifahrer den Geschäftsführer eines mächtigen Social-Media Unternehmens mit den Auswirkungen seiner weitreichenden Kontrolle über die Menschen. In Zeiten der Diskussion um fehlenden Datenschutz erscheint diese Dystopie einer Firma, die von begangenen Straftaten bis über ärztliche Befunde alles über ihre Nutzer weiß, gar nicht mehr so realitätsfern. Genau das macht die zweite Folge deshalb so nahbar und spannend. Und in der letzten Folge wird ein charakterähnlicher Roboter geschaffen, der einen Popstar nachahmt. Doch bald stellt die Protagonistin, ein von ihrem Idol besessener Teenager, fest, dass einfach keine Technologie einen richtigen Menschen ersetzen kann. Die Grenzen zwischen Fiktiven und Realem verschwimmen immer mehr, hier greift die britische ScienceFiction-Serie auch gesellschaftlich relevante Themen wie übertriebener Konsum, gekünstelte Selbstdarstellung und Vereinsamung durch soziale Medien auf.
Den moralischen Zeigefinger hebt in der neuen Staffel ein ungewohnt prominenter Cast. Anthony Mackie und Pom Klementieff, bekannt durch „Avengers: Endgame“, tauchen gemeinsam in virtuelle Welten ab. Andrew Scott, zuletzt zu sehen in der Netflix Serie “Sherlock” übernimmt auch hier wieder die Rolle des Bösewichtes und Miley Cyrus spielt ironischerweise ein Teenie-Popsternchen, das statt ihrem eigenen Stil einem anderen folgen muss, mit welchem sie im harten Musikgeschäft mehr verdient.
Doch warum veröffentlicht Netflix jetzt statt wie gewohnt sechs Episoden nur drei einstündige Folgen? Vielleicht soll so darauf hingewiesen werden, dass sich “Black Mirror” langsam, aber sicher dem Ende nähert. Nachdem in der vergangenen Staffel Themen wie der Überwachungsstaat, digitalisierte Erinnerungen oder holografische Menschen thematisiert wurden, fokussiert sich die aktuelle Staffel mehr auf Datenkraken, Social-Media Phänomen oder dem völligen, auch körperlichen Abtauchen in virtuelle Welten. Eben genau wie sich unsere Medien und unser Umgang mit ebendiesen verändert, tut es auch Black Mirror. Mal sehen, ob es Netflix auch schafft, in Zukunft die neuen Probleme unseres digitalen Zeitalters aufzugreifen.

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