TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Mittwoch, 4. September 2019

American Horror Story – einzelne Geschichten, einzelne Gliedmaßen

von Kim Kraus
Normale Serien gibt es wie Sand am Meer, aber was hier mit einem Experiment begann, wurde nun schon auf zehn Staffeln geplant. Diese Horror-Fernsehserie beweist, dass die Menschheit sich gerne gruseln will.
Wer aber denkt, dass American Horror Story von Staffel zu Staffel mehr künstlich aufbauscht, irrt sich. Jede Staffel hat seine eigene Rahmenhandlung, Zeit und Location. Dieses Format nennt man Anthologie-Serie. Es erlaubt dem Zuschauer seine eigene Reihenfolge der Staffeln zu wählen. Ich habe es mir in der standardmäßigen Chronologie angesehen. Könnte ich es nochmal wiederholen, würde ich jetzt mit Staffel 7 anfangen.
Man sieht öfters dieselben Darsteller in jeder Staffel, allerdings ändert sich die Rolle im neuen Setting gerne mal um 180 Grad. Das kann für Verwirrung sorgen, weil der Liebling aus der letzten Staffel plötzlich der Bösewicht sein könnte. KÖNNTE, denn am Ende verschachtelt sich die Handlung mehr und mehr. American Horror Story weist darum auch eine starke Schauspielerleistung vor. Evan Peters und Sarah Paulson haben bisher in jeder Staffel tragende Rollen gespielt. So ist es auf jeden Fall spannend, wie ein Charakter in jeder Geschichte seine verschiedensten Facetten zeigt, denn niemand will bekanntlich der Sündenbock sein. Die Produzenten werden sich dabei sicher schon was gedacht haben. Erfolgsversprechend für die einzelnen Darsteller und umso interessanter für Schauspielbegeisterte wie mich, juhu!
In jeder Staffel gibt es einen Protagonisten, mit dem man sich irgendwie verbunden fühlt, weil er 'normal' ist oder auf andere Art Sympathie weckt. Es hilft, wenn es jemanden gibt, der sich hervorhebt und den man emotional begleiten kann. In den bereits erschienenen Staffeln wechselt sich jeder Schauspieler ab.
Die erste Staffel „Murder House“ geht es, um eine Familie, die in ein Haus einzieht, dessen vorige Bewohner auf verschiedenste Art und Weise gestorben sind. Es scheint also vorprogrammiert: Jeder stirbt. Wie langweilig, denkt man sich, allerdings wird es von Folge zu Folge spannender, dass man gar nicht abschalten will. Das Ende kommt abrupt, aber es endet gar nicht allzu tragisch. Das kann ich auch nicht mehr genau sagen, die erste Staffel ist viel zu lange her, sodass es eigentlich cool wäre, sie mal wieder anzuschauen
Wenn es mehreren wie mir ginge, dann ist das Format AHS sozusagen zeitlos, weil man es sich immer wieder anschauen kann. Vom Ende der ersten Staffel ist man gleich motiviert, Staffel zwei direkt anzufangen.
„Asylum“ spielt in einer Nervenheilanstalt. Der Anfang stellt dar, wie schlimm die Patienten behandelt werden. Eine Reporterin möchte diese Zustände publik machen und wird daraufhin gegen ihren Willen festgehalten. Hoffnungslose Fluchtversuche und Gruselaction durch gute Kameraführung strapaziert das Publikum, aber verscheucht es nicht. Mit krassen Plottwists zeigt diese Geschichte abschließend, dass die Produzenten von AHS noch mehr Asse im Ärmel haben.
Staffel 3 „Conver“ ist eher eine witzige Handlung über Hexen in einem Internat. So strikt die Locations voneinander getrennt sind, gibt es manchmal Szenen, die man vom Irren- oder Mörderhaus schon gewohnt ist. Allerdings in einem Rahmen, dass es vollkommen in Ordnung ist, denn die geschaffene Welt von AHS bleibt ja gleich und beginnt auch, sich allmählich zu überschneiden. Kritik gibt’s nur für den Cast, da er mehr und mehr erweitert und erneuert wurde, was man von den vorigen Szenerien nicht gewohnt war. Aber lieber jetzt schon in der dritten Staffel, als nie.
„Freak Show“ zeigt einen klischeehaften Zirkus für Freaks in der Zeit vor „Asylum“, deswegen sind hier wieder mehrere damalige Darsteller involviert, was einen guten Eindruck macht. Wenn man Angst vor Clowns hat, sollte man diese Staffel überspringen. Glücklicherweise hat man die Chance dazu. Manche finden diese Geschichte an den Haaren herbeigezogen, ich finde sie trotzdem unterhaltsam und auch am humorvollsten, auch wenn ein Massaker sehr viel Blut fließen lässt.
Bei Staffel 5 spielt Lady Gaga mit, also ist mir diese Geschichte gleich sympathisch. Nein, natürlich ergänzen die anderen Schauspieler im „Hotel“ das Bild. Hier müssen viele Charaktere, tot und lebendig, zusammenhalten und das Hotel vor einer Renovierung retten. Der Kult-Song „Hotel California“ von den Eagles ist das Titelstück und mit dem Zitat: “You can check out any time you like, but you can never leave!” werden die Begebenheiten schon ziemlich genau getroffen.
„Roanoke“ beschäftigt sich mit einer Dokumentation über ein gefährliches Haus mitten im Nirgendwo, North Carolina. Eine Dokumentation mit Erzählungen von den richtigen Zeugen, nachgespielt von Schauspielern, das heißt: Jede Rolle ist hierbei doppelt besetzt. Da es zu einem „viral hit“ wurde, wurde daraus eine echte Reality-Show gemacht. Höhere Mächte, die durch den Mond beschworen wurden, sahen einen Eingriff in ihr Territorium und ein böser Kreislauf, wie man es aus Horrorfilmen kennt, beginnt. Für mich war es an manchen Stellen durch die Kameraführung, auf die wahrscheinlich mehr denn je geachtet wurde, wirklich gruselig, aber übrigens, Lady Gaga ist wieder dabei!
Die siebte Staffel spielte während des Wahlsieges Donald Trumps 2016 und nennt sich „Cult“. Ich habe mir lange überlegt, ob ich diese Folgen sehen möchte, da sie sehr düster erscheinen. Am Ende hat die Neugier gesiegt, aber Achtung: Hier gibt es wieder verkleidete Clowns mit bösen Absichten! Spätestens ab jetzt merkt man, dass man von allen Staffeln etwas lernen kann. Hier nimmt man die Moral mit: „Lass dich nicht manipulieren!“. Einem sektenähnlichen Teufelskreis, der wirklich realistisch scheint, aber trotzdem noch einigermaßen gut endet, kann man nicht so einfach verlassen. Auftrumpfende Sekten, wie die von Jim Jones, werden innerhalb der Folgen gezeigt und kurz darauf auch der Misserfolg.
Alles in allem beleuchtet die American Horror Story viele unterschiedliche Szenerien, die teilweise auch an wahre Begebenheiten angelehnt sind. Unterm Strich ist die Serie für jeden Unerschrockenen über 16 reizvoll. Die einzelnen Meinungen zu den jeder Staffeln gehen sehr weit auseinander, weshalb man über die gesamte Serie sehr gut diskutieren kann.
Der Gruselfaktor ist für mich konstant, American Horror Story beinhaltet aber mehr Humor und Unterhaltung als gute Horrorfilme. Derzeit sind sieben Staffeln auf Netflix und können in willkürlicher Reihenfolge gestreamt werden. Auf Staffel 8 „Apocalypse“ dürfen wir im Herbst hoffen. Wie diese mit den anderen Geschichten spielt, wird bis dahin noch ein Geheimnis bleiben.

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