von Lea Lauxen
Plötzlich, als ich beim Zappen auf Barbara Salesch treffe fällt es mir auf – ihre Kollegen sind verschwunden. Der deutsche Fernsehliebhaber, der vor drei Jahren noch zwischen zahlreichen Gerichtsshows wählen konnte, muss sich jetzt mit dem Sat1 Nachmittagsprogramm Richterin Barbara Salesch und im Anschluss daran, ihr Kollege Alexander Hold begnügen. Wer länger durchhält, kann mit dem Strafgericht um 03:40 beim Kollegen RTL noch eins draufsetzen. Ein mageres Angebot, im Vergleich zum Jahr 2007, als man bei RTL im Nachmittagsprogramm ausschließlich auf Gerichtsshows setzte. Von 14:00 bis 17:00 Uhr folgten Das Strafgericht, Das Familiengericht und Das Jugendgericht direkt aufeinander. Das wirft natürlich Fragen auf. Wo kamen diese Sendungen überhaupt her und was haben sie bewirkt? Und was füllt jetzt die Lücke, die sie hinterlassen haben?
Gerichtsshows im deutschen Fernsehen existierten auch schon vor ihrer Hochphase in den Jahren 2002-2007, das ZDF strahlte beispielsweise ab 1974 Wie würden sie entscheiden? aus, für die Sendungen wurden Gerichtsverfahren nachgespielt und das Publikum nach seiner Meinung dazu befragt. Von 1999-2003 folgte mit Streit um drei die erste tägliche Gerichtsshow. Ehen vor Gericht oder Das Fernsehgericht sind weitere Beispiele für Gerichtsshows der öffentlich-rechtlichen Sender. Diese mussten sich allerdings zunehmend der Konkurrenz der privaten Sender beugen. Den Anfang machte Barbara Salesch im Jahr 1999, verschiedene andere folgten nach und nach und Streit um drei verschwand 2003 wieder. Da urteilten im Nachmittagsprogramm außer Frau Salesch, aber auch schon Frank Engeland (Das Familiengericht), Ulrich Wetzel (Das Strafgericht), Dr. Ruth Herz (Das Jugendgericht) und natürlich Alexander Hold mit seiner gleichnamigen Sendung.
Plötzlich, als ich beim Zappen auf Barbara Salesch treffe fällt es mir auf – ihre Kollegen sind verschwunden. Der deutsche Fernsehliebhaber, der vor drei Jahren noch zwischen zahlreichen Gerichtsshows wählen konnte, muss sich jetzt mit dem Sat1 Nachmittagsprogramm Richterin Barbara Salesch und im Anschluss daran, ihr Kollege Alexander Hold begnügen. Wer länger durchhält, kann mit dem Strafgericht um 03:40 beim Kollegen RTL noch eins draufsetzen. Ein mageres Angebot, im Vergleich zum Jahr 2007, als man bei RTL im Nachmittagsprogramm ausschließlich auf Gerichtsshows setzte. Von 14:00 bis 17:00 Uhr folgten Das Strafgericht, Das Familiengericht und Das Jugendgericht direkt aufeinander. Das wirft natürlich Fragen auf. Wo kamen diese Sendungen überhaupt her und was haben sie bewirkt? Und was füllt jetzt die Lücke, die sie hinterlassen haben?
Gerichtsshows im deutschen Fernsehen existierten auch schon vor ihrer Hochphase in den Jahren 2002-2007, das ZDF strahlte beispielsweise ab 1974 Wie würden sie entscheiden? aus, für die Sendungen wurden Gerichtsverfahren nachgespielt und das Publikum nach seiner Meinung dazu befragt. Von 1999-2003 folgte mit Streit um drei die erste tägliche Gerichtsshow. Ehen vor Gericht oder Das Fernsehgericht sind weitere Beispiele für Gerichtsshows der öffentlich-rechtlichen Sender. Diese mussten sich allerdings zunehmend der Konkurrenz der privaten Sender beugen. Den Anfang machte Barbara Salesch im Jahr 1999, verschiedene andere folgten nach und nach und Streit um drei verschwand 2003 wieder. Da urteilten im Nachmittagsprogramm außer Frau Salesch, aber auch schon Frank Engeland (Das Familiengericht), Ulrich Wetzel (Das Strafgericht), Dr. Ruth Herz (Das Jugendgericht) und natürlich Alexander Hold mit seiner gleichnamigen Sendung.
Der Konzept der verschiedenen Shows ist im Grunde immer das folgende: Echte Richter, Anwälte und Staatsanwälte urteilen über fiktive Fälle, die Zeugen und Angeklagten werden von Laiendarstellern gespielt. Während bei Barbara Salesch zunächst noch reale Fälle verhandelt wurden, entschied man sich auch bei diesem Format später für frei erfundene Straftaten. Dabei traten die verschiedenen Gerichtsshows allesamt in die Nachfolge der Talk-Shows, die davor die Nachmittage auf RTL und Sat1 füllten. Die schrillen und lautstarken Charaktere in häufig extravaganten Outfits blieben, die Grundthemen, Neid, Eifersucht und verletzte Gefühle, auch. Also Probleme, die jeder aus dem Alltag kennt und die auch eine gewisse Identifikation mit den Akteuren erlauben. Hinzu kam lediglich die Figur des Richters der am Schluss des Dramas ein wertendes Urteil abgibt.
Typisch ist auch, dass die Sendungen versuchen, wie ein Abbild der Realität zu erscheinen. Dafür setzt man nicht nur auf tatsächliche Juristen, sondern bedient sich auch filmischer Mittel. Es wird kaum Musik eingesetzt, wenn dann kurze Jingles, die beispielsweise den Schnitt Prozess/Urteilsverkündung untermalen. Auch die Kameraeinstellungen sollen den Eindruck vermitteln, das einfach nur das Geschehen festgehalten wird, auf Kamerafahrten wird verzichtet, die Perspektiven unterscheiden sich nicht von denen, die man als Beobachter im Gerichtssaal haben könnte. Die Glaubwürdigkeit litt allerdings sehr unter den zum Teil wenig überzeugenden Laienschauspielern, die die verschiedenen, an den Straftaten beteiligten Personen, verkörperten.
Wie vor ihnen bereits die Talk-Shows, haben die Gerichtsshow nicht nur Anhänger, sondern auch erbitterte Gegner. Eine Befürchtung die diese immer wieder hervorbringen ist die, dass den Zuschauern ein falsches Bild von Gerichtsverfahren und dem Alltag an deutschen Gerichten vermittelt wird. Dafür spricht beispielsweise, dass die Häufigkeit verschiedener Delikte in der Realität mit ihrer Repräsentation in den verschiedenen Gerichtssendungen nichts zu tun hat. Obwohl die häufigsten Straftaten in den Bereichen Straßenverkehr (im Jahr 2006: 23% der begangenen Straftaten) und Diebstahl (im selben Jahr: 17%) begangen werden, tauchen Verhandlungen die sich damit befassen kaum in den Shows auf. Der Zuschauer erhält den Eindruck, dass sich Richter fast ausschließlich mit Eifersuchtsmorden, satanischen Hinrichtungen und Vergewaltigungen befassen. Auch Befürchtungen, dass sich Gerichtsshow-Liebhaber eventuell nicht mehr angemessen benehmen können, falls sie selbst einmal vor Gericht auftreten müssen, hört man immer wieder.
Dagegen sprechen nicht nur die Fernseh-Richter selbst, die Wertevermittlung als zentralen Inhalt ihrer Sendungen darstellen, sondern auch verschiedene Studien, die sich mit den Auswirkungen der Shows auf die Vorstellungen der Zuschauer vom Gerichtsalltag befassen. Auch die überspitzen, klischeehaften Charaktere, häufig durch ungeübte Schauspieler dargestellt, lassen Zweifel daran entstehen, ob die Realität wirklich so aussieht. Auch wenn der eine oder andere sich vielleicht durch Frau Salesch oder Alexander Hold dazu motivieren lässt, im Leopardenanzug vor Gericht zu erscheinen und dann permanent durch Zwischenrufe und Beleidigungen auszufallen, der Überraschungszeuge im Zuschauerraum der ihn in letzter Minute retten wird, der wird wahrscheinlich im richtigen Leben dann doch nicht da sein. Und der Großteil der Zuschauer wird den Fehler Fiktion für Realität zu halten doch nicht begehen. Der Grund für den Anklang den die Sendungen zeitweise fanden, ist auch nicht der, dass man eine Anleitung für den Gerichtsbesuch wollte, und auch nicht der, dass man hoffte unser Rechtssystem besser zu verstehen, sondern die Suche nach Unterhaltung. Und diesem Wunsch nach Unterhaltung versucht man zu erfüllen, indem man Straftaten konstruiert, die voll von zwischenmenschlichen Problemen, Spannung und unerwarteten Wendungen sind, natürlich auch oft auf Kosten der Glaubwürdigkeit. Am Ende steht die Urteilsverkündung mit der der Wunsch nach Gerechtigkeit befriedigt wird und der Übeltäter seine Strafe bekommt. Diese Gewissheit, dass der Richter am Ende die Ordnung wieder herstellen wird, unterscheidet das Konzept von den vorher dominierenden Talk-Shows, und dem Konzept, dass die Gerichtsshow ersetzen wird: Dokumentationen in deren Fokus die Familie steht.
Die Möglichkeit, Familien aus unterschiedlichen Perspektiven zu beobachten, zu bemitleiden, zu belachen und sich zu freuen, dass man selber besser ist bietet sich dem interessierten Zuschauer in einer Vielzahl von Sendungen. ProSieben setzte dabei auf We are Family!, RTL auf Mitten im Leben und Familien im Brennpunkt. Verdachtsfälle (ebenfalls RTL) zeigt immerhin Menschen, die mit einer Anklage gegen ein Familienmitglied fertig werden müssen. Vielleicht ist das ja auch ein kleiner Trost für den einen oder anderen, der noch sehnsüchtig ans Familiengericht zurückdenkt…
Zusammenfassend kann man sagen, dass die Sendungen von Barbara Salesch und Kollegen vielleicht keine Juwelen der deutschen TV-Kultur darstellen, aber vollkommen glaubwürdige Handlungen und überzeugende Darsteller suchte man auch davor bei den Vielzahl an Talk-Shows meist vergeblich und der wird wohl auch bei den nachfolgenden Formaten nicht immer gegeben sein, aber das Bestreben der verschiedenen Gerichtsshows war auch nie, das jede Folge zum Meilenstein der Unterhaltung wird. Man hat einfach den Inhalt der langsam verschwindenden Talk-Shows neu verpackt und jetzt lösten eben nicht mehr Arabella und Britt täglich Eifersuchts- und Familienprobleme, sondern Hold und Kollegen beendeten dieselben nachdem sie eskaliert waren durch einen Urteilsspruch.
Ob man mit den Gerichtsshows, oder ihren Vorgängern oder Nachfolgern glücklicher war, ist Geschmackssache. Aber auch wenn fast jedes neue Show-Konzept neue Debatten auslöst, ob es schädlich ist oder nicht und was es alles bewirken könnte: Von den in den letzten Jahren neu entwickelten Konzepten, die sich im Nachmittagsprogramm ausgebreitet haben, ist keines so unglaublich anders, dass es den Zuschauer einer Beeinflussung unterwerfen wird, der er nicht vorher auch schon ausgesetzt war. Wer wirklich glaubt, dass die Fernsehen verhandelten Fälle die Realität repräsentieren, dessen Bild von zwischenmenschlichen Beziehungen wurde durch die Talk-Shows schon irreparabel gestört und der langweilt sich jetzt in seiner Familie, in der sich nicht solche Dramen abspielen, wie in denen im Fernsehen.
Jedes Format hat Liebhaber und Befürworter, aber die effektivste Waffe gegen jedes ungeliebte Format ist meiner Meinung nach abzuwarten. Jedes neue vielfach kopierte Show-Konzept, wird irgendwann uninteressant. Auch wenn Frau Salesch mittlerweile seit 11 Jahren für Sat1 Urteile fällt, so sind ihr Kollege Hold und sie doch die letzten ihrer Art und auch der Familien-Doku wird irgendwann das gleiche Schicksal bevorstehen. Und in der Zeit in der man darauf warten muss, sollte man sie als das sehen, was sie sind: Unterhaltung mit der man sich vielleicht den Nachmittag vertreibt oder die einfach nur beim Einschlafen hilft und keinesfalls eine Bedrohung der Moralvorstellungen unserer Gesellschaft.
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