TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Freitag, 13. August 2010

Ein BR-Fernsehabend


von Martin Jukic


Verdammter Fußball. Die andern Sender trauen sich gar nicht mehr, was Gutes zu bringen, weil die wissen, es schaut keiner zu. So könnte man denken über das Programm abseits der Fußball-WM. Vielfache Wiederholungen, zum Beispiel von Sketchabenden, die im Wochenturnus von einem Dritten Programm zum andern verschoben werden, oder von Simpsons- Folgen, die um 20.15 Uhr gezeigt werden, obwohl sie erst ein paar Tage zuvor im Vorabendprogramm liefen, lassen manchen Nicht-Fußballfan abschalten.

Hätten sie nur mal etwas genauer hingesehen. Immer wieder tauchen parallel zu den Sportübertragungen interessante Filme und Dokumentationen auf, oft in Verbindungen, die die betreffenden Sender vielleicht nicht so gesendet hätten, wäre nebenan kein Fußballspiel. 
Der Themenabend für Horst Wendlandt, 2002 verstorbener Filmproduzent, und eine der wichtigsten Personen der deutschen Filmgeschichte, mag so ein besonderes Ereignis dargestellt haben. Der Bayerische Rundfunk entschied sich, parallel zum Viertelfinalspiel Spanien – Paraguay zuerst den deutschen Western-Klassiker Winnetou II zu senden, im Anschluss den Rialto-Wallace „Die Toten Augen von London“; um 0.25 schließlich die Komödie „Hauptsache Ferien“. Erst diese interessante Konstellation machte mich überhaupt auf die dazwischen laufende, einstündige Dokumentation aufmerksam.
„Die Horst Wendlandt- Story“ über dessen Leben und Wirken, fungierte praktisch als Bindeglied und gleichzeitig als Herzstück des Abends. Durchaus interessant und abwechslungsreich wurden darin dessen Anfänge während der Kriegsjahre gezeichnet, sowie sein anschließender Aufstieg zum erfolgreichen Filmproduzenten und zum Gründer und Besitzer seines eigenen Filmverleihs. Die Macher der Dokumentation warteten mit großer Prominenz bezüglich der Interviewpartner auf, die über die Vergangenheit mit Wendlandt berichteten. Terence Hill, Loriot oder Otto Waalkes konnten nur Liebenswertes und Gutes am Filmgeschäftsmann finden. Er hatte schließlich maßgeblichen Anteil an deren Erfolg. Lediglich Produktions- Konkurrent Artur Brauner stieß mitunter kritischere Töne an, als er Wendlandt als teilweise berechnend und unfair bezeichnete. Das Thema Geld wurde nicht besonders hervorgehoben, als würde es im Produktionsgeschäft keine gesonderte Rolle spielen. Nur etwas verschwenderisch sei er gewesen, anders als der „geizige“ Brauner, so der Kommentar seiner Witwe. Im Vordergrund standen die erfolgreichen Filme, die Wendlandt in ganz Europa mitproduzierte und die man auch heute noch zum großen Teil „Klassiker“ nennen würde. Allen voran die Karl May- Adaptionen und die Wallace- Verfilmungen, später auch Komödien wie „Pappa ante portas“, „Kein Pardon“ oder „Otto- der Film“.
Die Dokumentation und die geschickte Auswahl an Filmen, insbesondere der ersten beiden, sollte Wendlandts herausragende Fähigkeit unterstreichen, Schauspieler passend auszuwählen und absolute Kultwerke mit zu erschaffen. Sein ohne Frage großes Talent für seinen Beruf soll auf keinen Fall abgestritten werden- man denke nur an die Entdeckung von Pierre Brice – dennoch: etwas mehr Kritik und die eine oder andere Gegenstimme mehr, vielleicht die eines Schauspielers, der es unter Wendlandt nicht geschafft hatte, fehlten mir.

Gerne angesehen habe ich mir diese Hommage trotzdem, besonders nachdem ich mir nach dem Spanienspiel meine eigene Theorie zum BR-Gedankengang zurechtlegte: Durch bekannte Filme auf des Kernstück aufmerksam machen und die Filme selbst dem Fußball opfern. Wenn es so gewollt war, bei mir hat es funktioniert.

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