von Martin Jukic
Verdammter Fußball. Die andern Sender trauen sich gar nicht mehr, was Gutes zu bringen, weil die wissen, es schaut keiner zu. So könnte man denken über das Programm abseits der Fußball-WM. Vielfache Wiederholungen, zum Beispiel von Sketchabenden, die im Wochenturnus von einem Dritten Programm zum andern verschoben werden, oder von Simpsons- Folgen, die um 20.15 Uhr gezeigt werden, obwohl sie erst ein paar Tage zuvor im Vorabendprogramm liefen, lassen manchen Nicht-Fußballfan abschalten.
Hätten sie nur mal etwas genauer hingesehen. Immer wieder tauchen parallel zu den Sportübertragungen interessante Filme und Dokumentationen auf, oft in Verbindungen, die die betreffenden Sender vielleicht nicht so gesendet hätten, wäre nebenan kein Fußballspiel.
Der Themenabend für Horst Wendlandt, 2002
verstorbener Filmproduzent, und eine der wichtigsten Personen der deutschen
Filmgeschichte, mag so ein besonderes Ereignis dargestellt haben. Der
Bayerische Rundfunk entschied sich, parallel zum Viertelfinalspiel Spanien – Paraguay
zuerst den deutschen Western-Klassiker Winnetou II zu senden, im Anschluss den
Rialto-Wallace „Die Toten Augen von London“; um 0.25 schließlich die Komödie
„Hauptsache Ferien“. Erst diese interessante Konstellation machte mich
überhaupt auf die dazwischen laufende, einstündige Dokumentation aufmerksam.
„Die Horst Wendlandt- Story“ über dessen
Leben und Wirken, fungierte praktisch als Bindeglied und gleichzeitig als
Herzstück des Abends. Durchaus interessant und abwechslungsreich wurden darin
dessen Anfänge während der Kriegsjahre gezeichnet, sowie sein anschließender
Aufstieg zum erfolgreichen Filmproduzenten und zum Gründer und Besitzer seines
eigenen Filmverleihs. Die Macher der Dokumentation warteten mit großer
Prominenz bezüglich der Interviewpartner auf, die über die Vergangenheit mit
Wendlandt berichteten. Terence Hill, Loriot oder Otto Waalkes konnten nur
Liebenswertes und Gutes am Filmgeschäftsmann finden. Er hatte schließlich
maßgeblichen Anteil an deren Erfolg. Lediglich Produktions- Konkurrent Artur
Brauner stieß mitunter kritischere Töne an, als er Wendlandt als teilweise
berechnend und unfair bezeichnete. Das Thema Geld wurde nicht besonders
hervorgehoben, als würde es im Produktionsgeschäft keine gesonderte Rolle
spielen. Nur etwas verschwenderisch sei er gewesen, anders als der „geizige“
Brauner, so der Kommentar seiner Witwe. Im Vordergrund standen die
erfolgreichen Filme, die Wendlandt in ganz Europa mitproduzierte und die man
auch heute noch zum großen Teil „Klassiker“ nennen würde. Allen voran die Karl
May- Adaptionen und die Wallace- Verfilmungen, später auch Komödien wie „Pappa
ante portas“, „Kein Pardon“ oder „Otto- der Film“.
Die Dokumentation und die geschickte
Auswahl an Filmen, insbesondere der ersten beiden, sollte Wendlandts herausragende
Fähigkeit unterstreichen, Schauspieler passend auszuwählen und absolute
Kultwerke mit zu erschaffen. Sein ohne Frage großes Talent für seinen Beruf
soll auf keinen Fall abgestritten werden- man denke nur an die Entdeckung von
Pierre Brice – dennoch: etwas mehr Kritik und die eine oder andere Gegenstimme
mehr, vielleicht die eines Schauspielers, der es unter Wendlandt nicht
geschafft hatte, fehlten mir.
Gerne angesehen habe ich mir diese Hommage
trotzdem, besonders nachdem ich mir nach dem Spanienspiel meine eigene Theorie
zum BR-Gedankengang zurechtlegte: Durch bekannte Filme auf des Kernstück
aufmerksam machen und die Filme selbst dem Fußball opfern. Wenn es so gewollt
war, bei mir hat es funktioniert.
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