TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Freitag, 13. August 2010

Der Krisenmontag im Ersten – Über ARD-Brennpunkte im Montagsprogramm


von Alexander Böck


An diesem Montag sollte eigentlich die zweiteilige Dokureihe „Wildes Japan – Schneeaffen und Vulkane“ zur Primetime um 20.15 Uhr in der ARD starten. Diese Sendung versprach den Zuschauern ein wenig Erholung vom deutschen Alltag und einen netten kleinen Einblick in die Naturlandschaften des ostasiatischen Inselreichs. Doch die Affen- und Vulkanliebhaber mussten vertröstet werden.

Immerhin kamen die Hobby-Vulkanologen schon zwei Wochen zuvor in den Genuss einer eigenen Sondersendung über den isländischen Vulkan Eyjafjallajökull. Dessen Aschewolke setzte den europäischen Flugverkehr für mehrere Tage außer Betrieb und die ARD sah sich in der Aufgabe, die deutsche Bevölkerung umfassend über die Auswirkungen des Vulkanausbruchs zu informieren. Mittlerweile sind die Flugzeuge wieder in der Luft, doch seitdem erreichen uns aus Griechenland täglich neue wirtschaftliche Hiobsbotschaften. Das war Grund genug für die ARD an diesem Montag erneut ihr ursprüngliches Konzept über den Haufen zu werfen und „aus aktuellem Anlass“ die einstündige Sondersendung „Euro-Angst: Wie sicher ist unser Geld?“ zur besten Sendezeit zu zeigen.

Die krisenfesten Moderatoren Sigmund Gottlieb (BR) und Jörg Schönenborn (WDR) zeigten sich dabei gewohnt sicher im Umgang mit komplexen Themen. Den Zuschauern wurden ihre Ängste vor einer baldigen Inflation genommen. Bundeskanzlerin Angela Merkel bekam ein Forum, um der Bevölkerung zu erklären, warum die deutsche Regierung Griechenland in den kommenden drei Jahren Kredite in Höhe von bis zu 23 Milliarden Euro zur Verfügung stellt. Weitere Experten wie Hermann-Josef Tenhagen von der Zeitschrift Finanztest und die ehemalige griechische Außenministerin Dora Bakoyannis unterstrichen die unbedingte Notwendigkeit dieser Finanzhilfen. Der Zuschauer sollte zudem das Gefühl bekommen, dass seine Sorgen (in Form von Zuschauerfragen wie bei Hart aber Fair) ernst genommen und beantwortet werden. So weit, so gut. Am Ende der Sendung schien diese Krise wieder abgewendet zu sein und das Publikum durfte sich durch das Erste beruhigt, auf den Start der neuen Dokureihe „Die Knochen-Docs“ direkt im Anschluss freuen. Immerhin.

Aber manche nicht so optimistischen Expertenstimmen klingen noch nach. Was ist, wenn Spanien und Portugal die nächsten Staaten sind, die Milliardenhilfen von Deutschland benötigen? Was ist mit der Ölpest im Golf von Mexiko oder dem misslungenen Sprengstoffattentat am New Yorker Times Square? Die ARD könnte ihr Montagsprogramm doch gleich den aktuellen Anlässen entsprechend umgestalten. Jeden Montag wird die wichtigste Nachricht der Woche aus mehreren Perspektiven beleuchtet und Experten nehmen zu den Kernpunkten Stellung. Zwar hat man als Zuschauer dieselben Meinungen schon in der Tagesschau bzw. bei Talksendungen von Sandra Maischberger, Anne Will oder Frank Plasberg gehört, aber das Erste kann seinen Informationsauftrag nicht oft genug betonen. Hat der langjährige Wahlbeobachter und Chefredakteur des WDR, Jörg Schönenborn, neben dem Presseclub (So. 12 Uhr) nicht eine eigene Sendung zur Primetime verdient? Durch die Sonderprogramme bleibt der Montagabend, an dem eigentlich nur Platz für Dokumentationen und Reportagen sein sollte, jedoch weitgehend profillos. Dadurch entsteht mit Sicherheit keine Zuschauerbindung. Die enttäuschten Affenfans müssen jedenfalls aufs Nachmittagsprogramm vertröstet werden, vorausgesetzt in den Zoogeschichten von „Seehund, Puma & Co.“ (Mo.-Fr. 16.10 Uhr) taucht ein Primat auf.

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