TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Montag, 9. Februar 2015

Das Phänomen Bob Ross

von Katharina Habler

Das Konzept der schlichten Glückseligkeit ist so simpel wie erfolgreich: Vor einer schwarzen Studiokulisse steht eine Leinwand und davor ein sanftmütiger Maler mit Farbpalette in der Hand. 
Mehr hat der Quotenrenner „The Joy of Painting“ des Spartensenders BR Alpha nicht zu bieten, doch das muss er auch nicht. Mit ausdauernder Sanftmut malt sich der bereits verstorbene US-Amerikaner Bob Ross in die Herzen eines Millionenpublikums. Schritt für Schritt macht der sanftmütige Althippie den Fernsehzuschauern vor, wie sie mit nur wenigen Ölfarben kitschige Landschaften, „glückliche kleine Wölkchen“ und „heitere kleine Bäumchen“ auf das Weiß der Leinwand zaubern. Die Kraushaar-Frisur, seine Balsamstimme und das beruhigende Schrubb-Geräusch des groben Pinsels machen den ewig fröhlichen Maler dabei zur heimlichen Kultfigur. 
Bob Ross war zweifelsfrei ein geschäftstüchtiger Mann, der seine heile Welt zu verkaufen wusste, doch er war sicherlich auch ein bisschen mehr als nur das. In mehr als 400 Folgen ist der kultige Pinselakrobat zu sehen und fährt fast täglich um kurz nach Mitternacht Traumquoten ein. Mit beruhigender Regelmäßigkeit begrüßt er die schläfrigen Fans, erzählt kurz vor dem zu Bett gehen von atemberaubenden Landschaften und ermutigt jeden von ihnen, den Künstler in sich selbst zu entdecken: „I'm certainly glad you could join us today“. Seine kindliche Sanftmut lockt dabei nicht etwa begeisterte Hobbykünstler, sondern vor allem studentisches Publikum vor den Fernseher und schafft mit Naivität und sprachlicher Entschleunigung einen Gegenpol zur multimedialen Reizüberflutung. 
„The Joy of Painting“ ist eine Wohlfühl-Show. Es kümmert weder Ross noch die Zuschauer, dass am Ende der Sendung jedes Bild gleich aussieht, denn darum geht es nicht. Die Show beruhigt und ermutigt. Jeder könne seinen inneren Künstler entdecken und Fehler seien allenfalls „fröhliche kleine Unfälle“. Mit Sinnsprüchen wie „you do it any way you like it, this is your world, make it a happy one“ lädt Bob Ross zu einer knappen halben Stunde Kitsch und Glückseligkeit ein, so dass die Popularität des Phänomens auch Jahre nach dem Tod des Malers ungebrochen ist.

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