von Verena Meier
Ein düsteres
Szenario. Atombomben haben vor 97 Jahren beinahe die gesamte Erde atomar
verseucht. Die vermeintlich letzten überlebenden Menschen befinden sich auf der
„Ark“, einer Raumstation, die sich nach dem Atomkrieg aus zwölf einzelnen Stationen
zusammengeschlossen hat. Dort oben gelten eiserne Regeln, wie beispielsweise
eine Ein-Kind-Politik oder die Tatsache, dass jeglicher Regelverstoß eines über
18-Jährigen als Kapitalverbrechen gilt und mit dem Tod bestraft wird. Dank
strenger Gesetze und deren akribischer Durchsetzung durch die Ratsvorsitzenden
Thelonious Jaha (Isaiah Washington), Marcus Kane (Henry Ian Cusick) und Abby
Griffin (Paige Turco) bleibt die Ark am Leben. Doch nach vier Generationen im
All versagen langsam aber sicher wichtige Geräte der Raumstation; den Menschen
geht der Sauerstoff aus. Der Plan der Ratsvorsitzenden: 100 jugendliche
Straftäter, die wegen ihrer Verbrechen bis zu einer Anhörung an ihrem 18.
Geburtstag unter Arrest stehen, sollen in einer geheimen Mission zur Erde
geschickt werden, um herauszufinden, ob ein Leben auf dem verseuchten Planeten
wieder möglich ist.
Unter den 100 befinden sich auch die Hauptdarsteller Clarke Griffin (Eliza Taylor), Bellamy Blake (Bob Morley) und seine Schwester Octavia (Marie Avgeropulos). Diese ist es, die zur passenden Musik von Imagine Dragons‘ Song „Radioactive“ als erster ehemaliger Ark-Bewohner die Erde betritt.
Unter den 100 befinden sich auch die Hauptdarsteller Clarke Griffin (Eliza Taylor), Bellamy Blake (Bob Morley) und seine Schwester Octavia (Marie Avgeropulos). Diese ist es, die zur passenden Musik von Imagine Dragons‘ Song „Radioactive“ als erster ehemaliger Ark-Bewohner die Erde betritt.
Der Anblick unseres
Heimatplaneten erscheint uns im ersten Moment nicht unbekannt. Im
Nordosten der Vereinigten Staaten landen die 100 in einer von Bäumen und
Sträuchern bewachsenen Umgebung – von verseuchter Erde zunächst keine Spur. Auch
die im Vorfeld des Serienstarts beschriebene Frage der erste Folge, ob menschliches
Leben auf der Erde möglich ist, kann der Zuschauer schon bald mit Ja
beantworten. Ein sofortiger Strahlentod aller Charaktere nach dem Betreten der
Erde ist im Interesse der Serie natürlich sowieso ausgeschlossen. Aber schon
bald nach ihrer Ankunft kommen die wirklichen Fragen der ersten Staffel zum
Vorschein. Auf ihrer Suche nach Nahrung begegnen die Jugendlichen Tieren, die
die erschreckenden Folgen der Radioaktivität ins Bewusstsein rufen. Bilder von
mutierten Wasserschlangen und anderen tierischen Waldbewohnern mit zwei Köpfen
oder sechs Beinen bleiben den Zuschauern in Erinnerung. Und schließlich werden
Clarke, Bellamy und ihre Freunde Monty (Christopher
Larkin) und Jasper (Devon Bostick)
auch von menschlichen Erdbewohnern begrüßt – indem sie letzerem einen Speer in
die Brust jagen. Die „Skypeople“ sind unerwünscht im Territorium der
„Grounder“. Es geht also nicht darum, ob Leben generell möglich ist, sondern
darum wie die 100 überleben können, darum wie sie Nahrung finden und Frieden
mit anderen Erdbewohnern schließen können. Und natürlich um die 2000 Menschen,
die sich noch auf der Raumstation befinden und denen langsam aber sicher der
Sauerstoff ausgeht.
Trotz
eines verhältnismäßig niedrigen Budgets des kleinen US-Senders CW entführen uns
Produzent Jason Rothenberg und sein Team seit März 2014 in eine Welt mit
fesselnden Bildern von Angriffen zwischen Völkern der „Grounder“ und den „Skypeople“, Bildern vom Kampf
gegen den langsam versiegenden Sauerstoff auf der „Ark“. Sie zeigen uns
fantastische Szenenbilder von verwahrlosten Ruinen ehemaliger amerikanischer
Millionenstädte über mienenübersäte Wüstenlandschaften und ehemalige
Militärbunker bis hin zu wunderschönen leuchtenden Wäldern und Tieren bei
Nacht.
Die
Grundidee für die Handlung der Serie hatte die New Yorker Autorin Kaas Morgen,
auf deren gleichnamigen dreibändigen Buchreihe die Serie basiert. Da sich
Produzent Rothenberg aber nur am
Grundgedanken und an einigen Charakteren der Buchvorlage orientiert, bleibt viel
Spielraum für weitere Staffeln. Zwei Fortsetzungen liefen bereits im Sommer
2015 und 2016 auf Pro7. In diesen werden Fragen beantwortet, die Rückschlüsse
auf die jüngere Geschichte der Menschen und der Erde ziehen lassen. Wer ist
dafür verantwortlich, dass Atombomben abgeworfen wurden? Angesichts
der sich wiederholenden Atomraketentests Nordkoreas bzw. in Erinnerung an den
Kalten Krieg im letzten Jahrhundert ist diese Frage vielleicht ganz besonders
interessant. Warum
ist die Strahlung auf der Erde für die „Skypeople“ scheinbar ungefährlich – und
ist sie es wirklich? Und leider auch: Welcher der Hauptcharaktere stirbt als
nächstes? Gnädig gegenüber Publikumslieblingen sind die Macher der Serie nicht.
Zu entscheiden, ob es dann schlimmer ist, ab und zu einen der Hauptcharaktere
sterben zu sehen oder gleich 300 Personen in einer Folge, bleibt jedem
Zuschauer selbst überlassen.
Auch
wenn das regelmäßige Dahinscheiden von wichtigen Personen kein
Alleinstellungsmerkmal der Serie ist, hält es doch die Spannung nun bereits über
vier Staffeln hinweg aufrecht. Spannend bleibt die Serie außerdem dadurch, dass
die Handlung nicht einfach fortläuft, sondern Rückblicke in die Vergangenheit
den Zuschauer immer mehr an der Entwicklung der Hauptcharaktere teilhaben
lassen und dadurch deren zunächst teils nicht nachvollziehbares Handeln
logischer erscheint. Welche Verbrechen haben die 100 begangen? Wie wurde aus
der warmherzigen, offenen und fröhlichen Clarke eine distanzierte junge Frau,
die knallhart Entscheidungen über das Leben anderer trifft? Warum ist Bellamy
so versessen darauf, seine Schwester Octavia zu beschützen? Und wieso hat er überhaupt
eine Schwester, wenn auf der „Ark“ eine Ein-Kind-Politik vorgeschrieben ist?
Natürlich
können die Rückblicke nicht alle Handlungen erklären, so dass einige Fragen
offen bleiben, die Kritiker der Serie negativ anhaften. Beispielsweise wirft
die Tatsache, dass ausgerechnet 100 Jugendliche ohne das Wissen ihrer Eltern,
ohne Nahrung, ohne Aufsichtspersonen und – was besonders für eine amerikanische
Serie ungewöhnlich ist – ohne Gewehre oder andere Waffen zur Erde geschickt
werden, Fragen auf. Das Schicksal von über 2000 Menschen liegt in den Händen
von Straftätern, die oftmals nur wenig überlegt handeln.
Ein Sinn für
Richtig und Falsch fehlt allerdings, wie man vielleicht denken könnte, nicht
nur den Jugendlichen. Auch die Ratsvorsitzenden treffen Entscheidungen, bei
denen sich Zuschauer fragen, wieso Personen hingerichtet werden, die für
die Lösung entscheidender Komplikationen so bedeutend wären. Trotz andauernder
Wiederholungen, wie wichtig bedingungsloser Zusammenhalt ist, agieren viele mit
Egoismus, indem sie nur auf das Wohl ihres eigenen Volkes achten. Doch genau
diese Tatsache trägt ebenfalls dazu bei, die Spannung der Serie enorm zu
erhöhen. In Momenten, in denen man es am wenigsten erwartet, brechen stärkste
Allianzen und eine von beiden Parteien steht vor dem Nichts.
Nach
den ersten Folgen ist ein Vorbeikommen an der Serie für Fans dieses Genres kaum
möglich. Zu fesselnd sind die Bilder von Angriffen, Intrigen, Mord und
nervenaufreibenden Kämpfen gegen andere Völker, eine künstliche Intelligenz und
schließlich gegen einen Gegner, der, selbst wenn alle zusammenarbeiten,
unüberwindbar ist – die radioaktive Erde selbst. Diesen Kampf in der vierten
Staffel bestaunten im Frühjahr 2017 bereits die Zuschauer in den Vereinigten
Staaten, im Spätsommer soll die Serie dann bei Pro7 die deutschen Fans begeistern.
Grund zur Freude für alle Fans: Die Dreharbeiten zur fünften Staffel laufen
bereits.
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