von Herbert Schwaab
Wahrscheinlich
bin ich ja schuld daran. Ich habe als Teil der werberelevanten Gruppe der
Zuschauenden einfach zu wenig Circus
Halligalli geschaut. Die Show von Joko und Klaas hatte schon zu Beginn der
Staffel angekündigt, dass es die letzte sein würde und das endgültige Ende der
Show mit einigen besonderen Ausgaben in den letzten Wochen zelebriert. Kurz
bevor ich mich aus der Gruppe der werberelevanten Zuschauer verabschiede (bevor
ich 49 werde) bieten sich einige Gelegenheiten, noch ein paar Ausgaben dieses
Programms zu schauen und selbst zu begutachten, ob das Ende verdient oder ob es
ein schönes Ende war. Das Format muss nicht noch einmal beschrieben werden,
dafür eignet sich sehr gut ein Blick auf eine Kritik, die vor zwei Jahren von
Wladimir Fuhrmann auf diesem Blog veröffentlicht wurde (http://tvkulturundkritik.blogspot.de/2015/02/circus-halligalli-manege-frei-fur.html#more).
Das Ende scheint verdient zu sein, weil sich tatsächlich ein Gefühl einstellen mag, dass sich das Format, das in der Rohform als MTV Home schon vor acht Jahren und dann zunächst als neoparadise bei dem Sender ZDFneo fortgesetzt wurde, bevor es in etwas größeren Dimensionen schließlich als Circus Halligalli seine Heimat bei Pro7 fand, sich einfach ein wenig erschöpft hat. Diese Erschöpfung spürt man vor allem bei der letzten Sendung, auch wenn sie mit der Betonung der Liveness dieser eigentlich ‚nur‘ live aufgezeichneten Sendung noch einmal versuchen, dem Bedeutung zu geben, was das Format ausmacht – als eine neue Fassung der klassischen Variety-Show, mit sehr filigran getakteten Elementen und Segmenten der Late-Night Show, von Spiel-, Talk- und Musikshows, gekoppelt mit Einspielern, Aktionen, Pranks, Wetten und Wettkämpfen zwischen den beiden Hauptakteuren und mit vielen anderen Akteuren und Akteurinnen wie Olli Schulz und Palina Rojinski, die durch ihr unregelmäßiges und dennoch stetiges Auftreten in diesen Programmen so etwas wie einen familienartigen Kosmos dieses Programmes geschafft haben.
Das Ende scheint verdient zu sein, weil sich tatsächlich ein Gefühl einstellen mag, dass sich das Format, das in der Rohform als MTV Home schon vor acht Jahren und dann zunächst als neoparadise bei dem Sender ZDFneo fortgesetzt wurde, bevor es in etwas größeren Dimensionen schließlich als Circus Halligalli seine Heimat bei Pro7 fand, sich einfach ein wenig erschöpft hat. Diese Erschöpfung spürt man vor allem bei der letzten Sendung, auch wenn sie mit der Betonung der Liveness dieser eigentlich ‚nur‘ live aufgezeichneten Sendung noch einmal versuchen, dem Bedeutung zu geben, was das Format ausmacht – als eine neue Fassung der klassischen Variety-Show, mit sehr filigran getakteten Elementen und Segmenten der Late-Night Show, von Spiel-, Talk- und Musikshows, gekoppelt mit Einspielern, Aktionen, Pranks, Wetten und Wettkämpfen zwischen den beiden Hauptakteuren und mit vielen anderen Akteuren und Akteurinnen wie Olli Schulz und Palina Rojinski, die durch ihr unregelmäßiges und dennoch stetiges Auftreten in diesen Programmen so etwas wie einen familienartigen Kosmos dieses Programmes geschafft haben.
Es gibt zwei Aspekte, die neben dieser geschickten Mischung aus unzähligen heterogenen Showelementen, den Reiz der Show ausgemacht haben: Das Gefühl von Vertrautheit und Freundschaft, das zwischen Joko und Klaas, aber auch den vielen anderen wiederkehrenden Beteiligten zum Ausdruck kam (durch die Einbindung der Crew entsteht dadurch tatsächlich so etwas wie eine richtige Sendefamilie). Ob die Freundschaft inszeniert oder echt ist, spielt dabei keine wesentliche Rolle. Sendungen einzelner Sender bilden sich immer stärker zu üppigen Netzwerken aus bekannten Figuren und kundigen Querverweisen aus, die auch viele Elemente transmedialer Cross-Promotion enthalten und Sendungen zu Brands machen sollen. So machen Joko und Klaas in den letzten Folgen mit einem fiktiven Shoppingkanal, der die Sendung unterbricht, sehr gekonnte Parodien von Werbung, allerdings sind die Produkte echt, ein Beispiel für den Trend, Werbung immer stärker in Formate zu integrieren, statt die Formate mit ihr zu unterbrechen. Wie eng dieses Netz gestrickt ist, zeigt sich auf fast unheimliche Weise an der Werbung für eine Überweisungsapp, die Joko und Klaas sehr unenthusiastisch in der vorletzten Sendung anpreisen. In der letzten Folge, die bei Rock am Ring aufgezeichnet wurde, wird ein klassischer Werbespot für das Produkt geschaltet, in dem ein tätowierter, muskelbepackter Schuldeneintreiber auftritt. Zu einem späteren Zeitpunkt werden Impressionen von dem Festival gezeigt und wir sehen den selben Mann, der vor der Bühne steht, einen Ball in den Farben der Bank, die das Produkt anbietet, aufbläst und in die Menge wirft. Während hier die scheinbare Parodie, die doch nur tut, über was sie sich scheinbar lustig macht, als Symptom der Netzwerkbildung dieses Programms etwas unangenehm wirkt, ebenso das Auftreten bestimmter Akteure wie Beatsteaks oder Materia, die einfach sehr gut (und zu gut) zu dieser Show und ihrem Publikum passen, lässt sich doch nicht bestreiten, dass die Vertrautheit zwischen diesen Akteuren, die Momente der Zärtlichkeit zwischen ihnen, die Geschichte, die sie miteinander haben (und die sie wohl jetzt beenden könnten) mit ein Grund waren, warum das Format einigermaßen erfolgreich war. Wenn Olli Schulz als guter, aber sehr anstrengender Kumpel ein letztes Mal bei dieser Show auftritt und mit den beiden zu Rock am Ring fährt, dann gibt es viele scheinbar spontane, improvisierte Momente, bei denen etwa Joko selbst immer wieder unfreiwillig lachen und aus der Rolle fallen muss, weil Olli Schulz oder Klaas ihn dazu provoziert haben. Am Ende ist das Schönste an den letzten Shows, dass sie sich immer wieder erlauben, mit kleinen, unscheinbaren Bemerkungen auch etwas von ihrer ‚wahren‘ Beziehung und ihrer Haltung zum Programm zum Ausdruck zu bringen.
Neben der Freundschaft ist das körperliche Moment der zweite wichtigste Baustein dieses Programms. Joko und Klaas stehen für das, was in der Medienwissenschaft Affektfernsehen genannt wird, wenn mit ekligen Sachen, die mit Körpern und Körpersäften zu tun haben, dem Zuschauer jede Möglichkeit verbaut wird, sich von dem Programm zu distanzieren. Der Affekt erzwingt immer eine Reaktion. Das Körperliche zeigt sich auch immer wieder in bedrohlichen Situationen, in die sich die Akteure auch in der letzten Folge bringen, etwa wenn Palina Rojinski besoffene Festivalbesucher Fragen zur Bundestagswahl stellt. Und es gibt eine scheinbar verschärfte Version (in der vorletzten Folge) der Rubrik Aushalten, bei der diesmal in einem engen Auto alle möglichen körperlichen Prüfungen anderer Folgen nostalgisch nochmal den geschundenen Körpern der Akteure auferlegt werden. Joko und Klaas sind Meister der Selbstprüfung einer neoliberalen Kultur, die den menschlichen Körper und seine Leistungen in das Zentrum seiner Aufmerksamkeit rückt. Dass sie sich viel getraut und zugemutet haben, kann jeder bestätigen, der die Sendung (und andere Formate der beiden) geschaut hat. Dass sie das etwas weniger enthusiastisch in den letzten Folgen tun und sich das Ganze vielleicht etwas erschöpft hat, ist vielleicht ein Grund, warum das Ende nicht tragisch und gut verdient ist.
Was in den
letzten Monaten auffällt ist, dass es
schwieriger für die Sendung geworden ist, Aufmerksamkeit zu generieren,
einfach, weil die Konkurrenz und Jan Böhmermann nicht schläft. Während Jan
Böhmermann mit seinen Aktionen Staatskrisen auslöst und Polizeischutz bekommt,
aber auch etwas ungenierter sich als politischer Provokateur inszenieren kann,
ist es für die beiden schwer, sich auf diesem Feld zu verorten. Ihr Prank mit
dem in die Goldene Kamera eingeschleusten und erstaunlich wenig überzeugenden
Ryan Gosling Lookalike hat dann doch verglichen mit den vielen Skandalen, mit
der die Show verbunden ist, relativ wenig Aufsehen verursacht. Das hat auch
damit zu tun, dass Joko und Klaas es vermeiden, eine klassische Late Night Show
mit politischem Fokus zu sein, und eben noch viel hybrider und heterogener als
dieses Format sind. Das macht die Show auch sehr interessant, weil es nicht
wirklich ein Pendant dazu gibt.
Daher
möchte ich abschließend doch ein wenig Trauer über das etwas zu lange Ende der
Show zum Ausdruck bringen. Die Ausstellung des Live-Charakters der letzten
Ausgaben mag etwas bemüht wirken, es wird deutlich, dass der Ereignischarakter
erzwungen werden soll, es offenbart sich aber auch der Versuch, das Ende
bewusst zu inszenieren und eine sang- und klanglose Absetzung zu
verhindern. Was aber bei Joko und Klaas,
gerade weil sie nicht explizit politisch waren (vom Format her), häufig
gelungen war, ist, wenn sie dann doch politisch wurden. Ihr Fakewahlwerbespot
zur AfD ist großartig (https://www.youtube.com/watch?v=9sEP5PK-8Cs) und weitere Aktionen,
die ihren gerechten Zorn über die Wutbürger und ihre Partei zum Ausdruck
bringen, zünden einfach, weil es hier nicht darum geht, Politik in ein
politisch unterhaltsames Format zu integrieren, sondern diese Momente eher wie
Ausbrüche wirken, in denen die wahren Joko und Klaas ihr Gesicht zeigen. So ist
auch ein Clip, in denen die beiden sehr aufgeregt, wenig komisch und komplett
ironiefrei (mit dem offiziellen Sendelogo verbunden) ihre Meinung zur AfD,
Hasspostings, Gewalt gegen Flüchtlinge und alternative Fakten zum Ausdruck
bringen, sehr rührend und wirkungsvoll und ordnet sich eben nicht elegant und
unsichtbar in einen Flow der Politikintegration des Fernsehens ein (https://www.youtube.com/watch?v=tBHMzCOn2Sk).
Die in
Segmente zerbröselnde Sendung eignet sich wunderbar für eine weitere
Ausstrahlung auf der eigenen Homepage (wie lange wird es die wohl noch geben)
und auf dem Verwertungshof der audiovisuellen Kultur YouTube und man stößt sehr
schnell auf Clips, die einem in Erinnerung rufen, was wir alles verlieren, wenn
es dieses Format nicht mehr gibt. Das allein wird schon dafür sorgen, dass es bei
diesem Format, seinem hybriden Kosmos und seinem ausufernden Overflow in andere
Bereiche der Werbung, der Populärkultur und der Politik kein wirkliches Ende
geben muss und wir es tatsächlich mit einem Long Goodbye zu tun haben werden.
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