TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Mittwoch, 14. Juni 2017

Eurovision Song Contest – Bühnenshows begleitet mit ein wenig Musik


von Zhang Liyuan

An welches Land gehen die 12 Punkte? Jedenfalls sicher nicht an Deutschland. Jedes Jahr versammeln sich Millionen von Zuschauern um die größte Musikshow der Welt – Eurovision Song Contest. Neben den teilnehmenden Ländern, wird diese Show auch in Australien (auch wenn sie mittlerweile selbst Teilnehmer sind), China, USA und vielen anderen Ländern ausgestrahlt.
Jedes Mal, wenn dieses TV-Spektakel wieder ein Gesprächsthema wird, denke ich daran, wie sehr Europa (und Australien) uns hasst. Die meisten werden jetzt sagen, dass läge daran, dass Deutschland sich – politisch gesehen – unbeliebt macht. Allerdings liegen unsere Verluste bei diesem Gesangswettbewerb vielleicht auch daran, dass wir einfach viel zu gewöhnlich sind. Wenn man sich so die Siegersongs der letzten Jahre anschaut, fällt auf, dass früher noch fröhliche Pop-Songs ohne tiefen Inhalt der Renner waren. In den letzten Jahren wiederum gewinnt alles, was ein bisschen oder sehr viel anders ist. Ich erinnere euch nur an Conchita Wurst, die 2014 für Österreich gewann. Wenn mir jemand sagt, sie hätte tatsächlich wegen ihres Songs gewonnen und nicht etwa wegen ihres Barts, dann möchte ich euch noch einmal an ihren Song erinnern. Wisst ihr nicht mehr wie dieser Song klang? Ich nämlich auch nicht.
Die Gewinnerin des letzten Jahres trug zwar keinen Bart, jedoch war auch dieser Auftritt nicht gewöhnlich. In ihrem Song „1944“ sang die Ukrainerin über die Geschichte ihrer Familie, wie ihre Urgroßeltern unter Stalin im Jahr 1944 von der Krim nach Zentralasien deportiert worden sind. Wenn man abwägt, dass politische Botschaften eigentlich nicht erlaubt sind, ist dieser Song sogar halbwegs passabel.
Aber kommen wir mal zu dem Sieger dieses Jahres: Portugal. Der Sänger Salvador Sobral siegt mit einer langweiligen Ballade über eine Liebesgeschichte. Nichts Neues also.  Aber warum hat er dann gewonnen? Ganz einfach, er war der Seltsamste unter den Sängern. Während die Rumänen fröhlich jodelten oder die Österreicher auf einen fröhlichen Pop Song mit gutaussehendem Sänger bauten, entschieden sich die Portugiesen für einen Sänger, der in keiner Weise bühnentauglich wirkte. Im Gegensatz zu den vielen anderen Sängern, wirkte er viel schwächer. Seine Stimme war nicht kräftig, sein Bühnenauftritt sehr schlicht, nahezu kahl und so stand er ganz alleine auf dieser riesigen Bühne und sang mit leicht zuckenden Bewegungen seine träge Ballade. Alles an seinem Auftritt erschien unauffällig, langweilig und schlichtweg gewöhnlich. Aber im Vergleich zu den anderen aufwendigen und pompösen Bühnenshows wirkte sein Auftritt dann doch ungewöhnlich. Und das machte ihn zum Sieger. Denn beim Eurovision Song Contest gewinnt immer der eigenartigste Auftritt mit dem eigenartigsten Sänger unabhängig von dem eigentlichen Song.

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