TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Freitag, 11. Dezember 2020

,,I am not okay with this“ - keine neuartige Serie, trotzdem eine gute?

von Carolin Wittmann
I am not okay with this ist eine kurze Netflix Serie über das Kleinstadt-Mädchen Syd, das in ihrer Pubertät das Teenie-Leben aber auch ihre übernatürlichen Kräfte entdeckt. Normalerweise bin ich kein Teeny-Komödien Liebhaber, jedoch war ich gespannt auf das Schauspiel von Sophia Lillis (Syd) und Wyatt Oleff (Stanley), bekannt aus IT (2017), und den Hauch der ,,etwas anderen Teeny-Komödie“ den Netflix in den Trailern zu versprechen schien. Gerade bin ich bei der 4. Folge und ein bisschen hin- und hergerissen.
Am Anfang jeder Folge wird ein anderer kleiner Ausschnitt des Höhepunktes der Serie gezeigt: Syd läuft mit weit aufgerissenen Augen in einem blutüberströmten Kleid durch die leere Kleinstadt. Das Wissen über das drohende Ende baut während der Serie erfolgreich Spannung auf, die aber auch dringend nötig ist. Ihre Kräfte werden in regelmäßigen, zu erwartenden Abständen stärker und unkontrollierbarer, was von Problemen mit der Mutter, in der Schule und im Liebesleben natürlich nicht besser wird. Bis jetzt war also der Inhalt der Folgen - Schulball, erster Sex, erste Liebe, erste Party, Stress zuhause – leider vorhersehbar.
Wo die Serie thematisch schwächelt sind die Beziehungen der Charaktere zueinander Lichtblicke. Syd ist in ihre beste Freundin Dina verliebt. Hier ein Chapeau an Netflix, die in der Serie mit Syds Homosexualität nicht gleich ,,Guckt her! Wir sind tolerant!!“ geschrien haben, sondern es angenehm und leger in die Story einbinden. Des Weiteren wird auch die Beziehung zu ihrem kleinen Bruder oder ihrem Freund Stanley liebevoll, originell, und in einem angenehmen Tempo geschildert. Oft habe ich bei Serien das Gefühl, dass die Story ihren Figuren voraneilt, um ständige Unterhaltung sicherzustellen, und die Zuschauer nicht mit Gerede zu langweilen. Genau das ist hier nicht der Fall. Es wird sich viel Zeit für Dialoge genommen - manchmal auch innere Monologe von Syd - wodurch die Charaktere die Story vorantreiben zu scheinen und sich bei mir langsam Interesse an ihnen und ihren Herausforderungen bildet. Die Hauptfiguren sind interessant gestaltet und wirken nicht explizit wie für einen Teenager Film geschrieben.
Das Manko ist für mich das Gefühl der Serie. Sie ist gut, jedoch hat man nicht den Eindruck, vor etwas komplett neuem in der Fernsehlandschaft zu sitzen. Dieses Gefühl kann sich vor allem bei jenen einschleichen, die die Serie Stranger Things gesehen haben. Die Produzenten Shawn Levy und Dan Cohen haben wahrscheinlich gehofft, dass das, was in Stranger Things funktioniert hatte - Pubertät, Mädchen mit supernatürlichen Kräften, Nasenbluten und das alles als Bombe in einer verschlafenen amerikanischen Kleinstadt - auch hier funktioniert. Offensichtlich lagen sie ja richtig, denn die Resonanz ist sehr positiv. Jedoch hat mir der Trailer ein bisschen zu viel versprochen und die Vorstellung, mit der ich in die Serie gestartet bin, war eine andere.
Abschließend möchte ich betonen, dass in I am not okay with this für mich der Schwerpunkt und die Stärken der Serie, weniger darin liegen, was geschieht, sondern wie es geschieht. Ich bin gespannt, wie das Ende gestaltet wird und ob meine Erwartungen dann nicht doch erfüllt werden. Jeder, der eine kurze, unterhaltende, neue Serie mit schönen Charakteren sucht wird hier definitiv fündig.

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