TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Mittwoch, 3. Juni 2020

Unter Druck. Eine neue Serie soll Zuschauer*innen für ARD und ZDF gewinnen

von Lily Marsh

Druck erfährt jeder einmal. Vor allem als Jugendlicher: Druck in der Familie, Druck in der Schule, Druck beliebt zu sein. Und genau darum geht es in der gleichnamigen Serie. Die „Internet-Serie“ Druck ist eine Adaption, der aus Norwegen stammenden Serie „Skam“. Erstmals erschien Skam 2015, produziert von dem norwegischen Sender NRK und wurde ein Hit. In Deutschland wird Druck vom öffentlich-rechtlichen Onlineangebot „Funk“ produziert.
Die Serie begleitet das Alltagsleben der in Berlin lebenden jugendlichen Freunde: Mia, Hanna, Kiki, Amira, Sam, Matteo, Jonas, Alex, Carlos und Abdi. In jeder Staffel wird eine andere Person der Gruppe als Protagonist hervorgehoben, welche gleichzeitig immer verschiedene Themen mit sich bringt.
Mia, das hübsche blonde Mädchen, die sagt was ihr in den Kopf kommt. Sie hält sich nicht zurück, wenn jemand gemein zu ihren Freundinnen ist. So fängt sie auch einen spielerischen Streit mit dem eingebildeten Alex (oder auch Axel) an. Mias beste Freundin ist Hanna. Hanna ist eher zurückhaltender. Amira ist Muslim, Kiki immer etwas überdreht und hat nur Jungs im Kopf und Sam hält insgeheim die ganze Gruppe beisammen, indem sie immer für die anderen da ist. Allem in allem eine sympathisch, durchgemischte Freundschaftsgruppe, in der man am liebsten auch gleich Mitglied wäre.
Wie schon erwähnt spricht Druck viele wichtige Themen an, wie: Sex, Drogen, Transgender, Islam, Rassismus, oder etwa Essstörungen. Das sind Themen, die allgegenwärtig sind, die aber dennoch zu selten zu Hause oder in der Schule besprochen werden. Wenn doch, ist es oftmals in Begleitung von Unbehagen und Scham. Will man wirklich mit seinen Eltern über die ersten Sex -oder Drogenerfahrungen sprechen?
Die Serie spricht aber genau diese Themen an. Und zwar werden hier nicht Probleme romantisiert oder komplett ausgeblendet, sondern im Gegenteil, sie werden herausgehoben und ernst genommen. Die Charaktere werden von unbekannten Schauspielern darstellt. Das mag ihnen einen authentischen Charakter verleihen.
ARD und ZDF haben selber Druck, Druck jugendliche Zuschauer an sich zu binden. Das neue Format aus Norwegen kommt ihnen da sehr gelegen. Es ist jung, unbekümmert und frech. Auch formal: Druck erscheint nämlich zur Echtzeit in kurzen Clips von knappen drei Minuten bis hin zu ganzen Folgen, die bis zu 35 Minuten lang sind. Druck hat seine Erstausstrahlung nicht im normalen Fernsehen, sondern auf der Plattform YouTube. Zusätzlich zu den Folgen besitzt fast jeder Charakter einen eigenen Instagram-Account, auf dem man noch zusätzlichen Content sehen kann. Diese beiden Faktoren machen den Suchtfaktor der Serie sehr groß.
Man kann sich sehr gut in die Hauptdarsteller hineinversetzten, da sie durch den gleichen Lebensabschnitt gehen, wie man selbst (oder zumindest ist es für viele noch nicht lange her) und das sogar immer zur gleichen Tageszeit. Wenn man zur Schule geht, machen Mia, Hanna & Co. das selbe. Durch YouTube und die anderen sozialen Netzwerken bleibt man zu jeder Zeit immer auf dem neusten Stand.
Die Serie feierte schon in Norwegen einen so derartigen Erfolg, weshalb dieses Format mittlerweile schon in vielen anderen europäischen Ländern, aber auch in den USA, übernommen wurde. Druck kann man als gelungenes Experiment betrachten. Die neue Art und Weise des Serienschauens ist nicht nur eine angenehme Abwechslung zur herkömmlichen Erzählweise und zum Sehverhalten, sondern spricht insbesondere hierdurch sehr junge Zuschauer an, die für alle Sender und/oder Streaming-Plattformen die wichtigste Zielgruppe darstellt.

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