von Hanna Lehanka
… because two can keep a secret, if one of them is dead.
Jeder Mensch hat Geheimnisse. Ein Geheimnis ist eine streng
vertrauliche Botschaft, deren Essenz, wenn überhaupt, nur für Wenige bestimmt
ist. Ein Geheimnis beinhaltet dominante Konstituenten wie Interesse,
Desinteresse, Vertrauen, Misstrauen, Neugier oder die bloße Lust an der Enthüllung. Ein Geheimnis kann Menschen
zusammenhalten, es kann sie jedoch auch entzweien. Ein Geheimnis kann Menschen
vor etwas schützen, es kann sie jedoch auch ungeniert vernichten. Von genau
diese beiden Seiten eines Geheimnisses erzählt die Serie Pretty little liars
(2010).
Die amerikanische Mysteryserie Pretty little liars (2010) erzählt
Geschichten, vielmehr Geheimnisse, aus dem Leben der vier Mädchen Aria,
Spencer, Hanna und Emily nach dem spurlosen Verschwinden ihrer besten Freundin
Alison. Die Serie konzipiert sich aus einem spannenden Konglomerat der mannigfachen
Höhen und Tiefen eines ganz banalen Teenagerlebens, der unsagbaren Bedeutung
von Freundschaft und der kontinuierlichen Angst vor Bedrohung. Diese
einzigartige Mischung wurde dem gleichnamigen Buch der Autorin Sara Shepard aus
dem Jahr 2006 entlehnt. Aktuell besteht Pretty little liars (2010) aus 115 Episoden, die auf fünf Staffeln
verteilt sind. Die Erstausstrahlung erfolgte am 8. Juni, 2010.
Ein Jahr nach dem unaufgeklärten Verschwinden des Mädchens Alison
DiLaurentis hat sich im verträumten Städtchen Rosewood mit den akribisch-
gepflegten Vorgärten viel verändert: die einst unzertrennliche Clique um
Anführerin Alison existiert nicht mehr und die Teenager Aria, Spencer, Hanna
und Emily gehen von diesem schaurigen Ereignis an getrennte Wege. Während sich
die ehrgeizige Spencer konsequent auf ihre schulischen Leistungen konzentriert
und allmählich unter dem kontinuierlichen Druck zerbricht, hat sich die
liebenswerte, etwas naive Hanna allmählich zum neuen It- Girl der Rosewood High
avanciert. Die herzliche, eher bescheidene Aria hat das letzte Jahr mit ihrer
Familie in Island verbracht. Seit ihrer Rückkehr nach Rosewood hat sie mit längst verdrängten Erinnerungen zu kämpfen, sowie völlig
unerwarteten neuen Überraschungen. Emily, die äußerlich ein perfektes Leben zu führen
scheint, hat das Verschwinden Alisons am meisten getroffen. Sie hegte für die
dominante Alison mehr als nur freundschaftliche Gefühle. Die vier Mädchen
scheinen gegenwärtig nichts gemeinsam zu haben- außer der Tatsache, dass jede
Einzelne von ihnen eine Menge Geheimnisse besitzt. Geheimnisse, die besser
nicht ans Licht kommen. Geheimnisse, von denen nur die längst totgeglaubte
Alison Bescheid wusste. Glück, dass zwei ein Geheimnis bewahren können, wenn
einer von ihnen tot ist. Pech, wenn Einer gar nicht tot ist, möglicherweise nur
untergetaucht, oder die vertrauliche Information einem unvertraulichen
Dritten weitergereicht hat. Auf mysteriöse Weise erhalten alle vier Mädchen
plötzlich Textnachrichten, in deren Inhalt sie mit ihren dunkelsten
Geheimnissen konfrontiert und erpresst werden. Unterzeichnet sind diese
Textnachrichten mit einem schlichten „A“. „A“ für Anonymus, „A“ für Alison? Wer
auch immer die Textnachrichten versendet, weiß jede Facette, jeden Grauton,
jedes kleinste Detail aus dem Leben der Mädchen. Was zu Beginn als ein
schauriges Spiel inszeniert ist, konstituiert sich zu einem gefährlichen
Alptraum für alle Beteiligten. Doch wer sind eigentlich die Beteiligten?
Allwissendes „A“ scheint den Mädchen immer einen Schritt im Voraus zu sein - so
wird die Suche nach dem mysteriösen Erpresser zur nie endenden Hetzjagd.
Pretty little liars (2010) schafft es dabei eine unverkennbare
Ästhetik zu konstruieren. Eine Ästhetik, die nicht ausschließlich aus Schauer
und Tragik konzipiert ist, sondern sich viel mehr zu einer Ästhetik der
Disharmonien etabliert. Disharmonie bezeichnet einen Terminus aus der
Musiktheorie, welcher den dissonanten Zusammenklang von Tönen bezeichnet. Pretty
little liars (2010) erzeugt diese Dissonanz nicht nur auditiv, sondern vor
allem visuell und psychologisch. Es kontrastieren idyllische vom Sonnenlicht
gefärbte Bilder zu tiefdunklen Gewitterszenarien. Rosewood, das verträumte
Städtchen, mit den akribisch gepflegten Vorgärten verbirgt plötzlich eine
Leiche nach der anderen unter der grasgrünen Oberfläche. Betrachtet man die
psychologische Ebene wird eine heftige Dissonanz durch die Destruktion einer
Erwartungshaltung komponiert, die durch Stereotype geschaffen wird. Geschichten
aus dem Leben der Jugendlichen, von der ersten Liebe und der klischeevollen
amerikanischen „Sweet 16“- Zeit werden
mit Geschichten von persistenter Erpressung und Angst verwoben. Durch diese
Divergenz wird allerdings doppelt Spannung erzeugt. Der Zuschauer möchte nicht
nur wissen, mit welcher makabren Nachricht das mysteriöse „A“ als nächstes die Mädchen in Angst und Schrecken treibt,
sondern auch wie Arias Liebesbeziehung zu ihrem Lehrer Mr. Fitz verläuft oder
wie Spencer sich täglich gegen die Schikanen ihrer erfolgreichen Schwester
behauptet. Durch diese Mischung aus original content und mystery content
verfolgt der Zuschauer zwei Themenstränge und das Merkmal der Serialität wird
verdoppelt.
Was die unverkennbare Ästhetik von Pretty little liars (2010) weiter auszeichnet ist die auditive Untermalung mit zeitgenössischer Musik. Musik hat die Fähigkeit emotional anzusprechen und entlockt dem Zuschauer auf diese Weise ein Gefühl, dass dieser in die Handlung projiziert. Charakteristisch für jede Pretty little liars (2010) Episode ist die Einblendung von „A’s“ schwarzen Lederhandschuhen am Ende. Der kurze Abspann eröffnet eine Art kleinen, aber bitteren Vorgeschmack dessen, was die Mädchen in der nächsten Episode erwarten wird.
Was die unverkennbare Ästhetik von Pretty little liars (2010) weiter auszeichnet ist die auditive Untermalung mit zeitgenössischer Musik. Musik hat die Fähigkeit emotional anzusprechen und entlockt dem Zuschauer auf diese Weise ein Gefühl, dass dieser in die Handlung projiziert. Charakteristisch für jede Pretty little liars (2010) Episode ist die Einblendung von „A’s“ schwarzen Lederhandschuhen am Ende. Der kurze Abspann eröffnet eine Art kleinen, aber bitteren Vorgeschmack dessen, was die Mädchen in der nächsten Episode erwarten wird.
Wie lange dieses Konzept noch Erfolg beweist, ist natürlich ungewiss.
Die Hetzjagd nach „A“ könnte immerhin irgendwann als langweilige Endlosschleife
empfunden werden. Immerhin handeln sich bisher alle Staffeln um die Enthüllung
des mysteriösen „A“. Persönlich, obwohl ich mich selbst als eher sporadischen
Seriengucker einstufe, kann ich an dieser Stelle jedoch versprechen, dass die
Spannung bis dahin erhalten bleibt und das Suchtpotential Folge für Folge
maximiert wird. Jeder Mensch hat Geheimnisse. Vielleicht, ist exakt das der
Grund, weshalb mich Pretty little liars (2010) immer wieder auf die Couch zieht. Das gefährliche Spiel mit dem Mysteriösen.
Ein Schauspiel, dass unter der Devise „because two can keep a secret, if one of them is dead“, an die
eigenen Geheimnisse erinnert und vielleicht ein neues Licht auf den Umgang mit
diesen wirft.
In diesem Sinne:
Got a secret, can you keep it?
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