TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Samstag, 28. Februar 2015

Das Supertalent – anspruchslose Unterhaltung

von Aaron Grassl


Unterhaltung auf niedrigstem Niveau – treffender lässt sich die Show Das Supertalent, deren achte Staffel seit Ende September auf RTL ausgestrahlt wird, nicht beschreiben. Dieter Bohlen, Lena Gercke, Guido Maria Kretschmer und Bruce Darnell bewerten Sänger, Tänzer, Akrobaten und sonstige Künstler, die ihr Können auf einer Bühne vor großem Publikum präsentieren. Unter vielen begabten Kandidaten gibt es auch jene, die ihr Talent auf dem vorgeführten Gebiet völlig überschätzen. Motiviert durch Freunde und Familie und im Glauben, das Publikum und vor allem die Jury überzeugen zu können, werden sie zum Gespött der Zuschauer. Als würde die durch einen völlig misslungenen Auftritt hervorgerufene Selbstdemütigung unbegabter Sänger oder Tänzer nicht ausreichen, beflügeln Bohlen und Co. durch ihre anschließenden Beurteilungen noch den Spott der Zuschauer.

Mit an Beleidigung grenzenden Vergleichen lässt der so genannte Poptitan seinem Sarkasmus freien Lauf. Nicht selten hört man Aussagen wie „Deine Stimme klingt wie ein besoffenes Kamel“ oder „Jeder Schlagbohrer hat mehr Rhythmus als du“, was vom Publikum mit Beifall und Gejohle quittiert wird. Blamable Vorführungen dienen dem vor Narzissmus strotzenden Dieter Bohlen oftmals auch dazu, sich selbst in Szene zu setzen. In der Sendung am 10. Oktober 2014 steckte sich der Juror zwei Hustenbonbons in die Ohren, um den Gesang der 18-Jährigen Desiree Marotta nicht länger ertragen zu müssen, und krabbelte vorm Jurypult zu den Plätzen von Bruce Darnell und Guido Maria Kretschmer, um deren rote Buzzer zu drücken, womit Marottas Auftritt beendet war.
Aber nicht nur die Jury legt die Messlatte für geistigen Anspruch und niveauvolle Unterhaltung niedrig an – manche Kandidaten fordern es regelrecht heraus, ihre Menschenwürde vor Millionen von Zuschauern zu verlieren. In oben erwähnter Sendung vom 10. Oktober gibt sich Janina Korn ohne jegliche Selbstachtung einem Luftgitarrensolo hin, während Chris Schilling und Philipp Bischoff in einer Drag-Performance ihre Homosexualität in absolut übertriebener und obszöner Weise zur Schau stellen. Selbst Kretschmer kann sich die Aussage „Wie kann man mit 17 so schwul sein“ nicht verkneifen. 
Während der einzelnen Vorführungen werden Backstageaufnahmen gezeigt, in denen Moderator Daniel Hartwich Bewerber interviewt oder sich mit den Jurymitgliedern über völlig belanglose Dinge unterhält. Dabei erhält der Zuschauer „wichtige“ Informationen zur Show, beispielsweise dass Kretschmer sein blaues Jackett eigentlich nicht anziehen wollte, dazu aber überredet wurde, dass Hartwichs Hemd wie ein Adventskalender aussieht oder dass der Moderator noch nie in Dieter Bohlens Zuhause eingeladen wurde. Bevor es für die Kandidaten auf die Bühne geht, werden sie durch einen kurzen Trailer vorgestellt, welcher in vielen Fällen bereits auf eine bevorstehende Demütigung hinweist. Hierbei hat RTL immer eine passende Hintergrundmusik parat, um der Peinlichkeit die letzte Würze zu verleihen.
Bei all der Belanglosigkeit und Obszönität, welche die Sendung hervorruft, stellt sich die Frage, wie das Format es schafft, so erfolgreich zu sein. Laut Welt.de steht Das Supertalent im Beliebtheitsranking auf dem 4. Platz, hinter Bauer sucht Frau, aber noch vor Das Dschungelcamp. Trotz der moralisch äußerst verwerflichen Gestaltung der Castingshow zieht sie über vier Millionen Zuschauer in ihren Bann. Doch wahrscheinlich sind gerade die Anspruchslosigkeit, das Fremdschämen und die Schadenfreude der Schlüssel zum Erfolg. Der Zuschauer möchte nicht beansprucht, sondern unterhalten werden. Er schaltet den Fernseher ein, um selbst abschalten zu können. Hierzu bietet ihm die Sendung die beste Möglichkeit. Dazu wird ihm eine Form der Unterhaltung geboten, welche andere Fernsehformate in dieser Art und Weise nicht erzeugen können. Gerade das Fremdschämen ruft doch jenes Gefühl in uns hervor, welches unangenehm und befrie-digend zugleich ist. Man ist von der Bloßstellung des Kandidaten peinlich berührt und gleichzeitig froh, selbst nicht in dieser Situation zu stecken. Manchen Kandidaten, die vor Selbstüberzeugung nur so strotzen, wünscht man es regelrecht, dass Jury und Publikum unbarmherzig ihre Meinung kundtun. 
Ich bestreite nicht, dass dieses Sendeformat einen gewissen Unterhaltungswert bietet, jedoch stellt sich mir die Frage, ob man sich unbedingt auf diese Weise den Samstagabend vertreiben muss. Das Konzept von Das Supertalent ist in höchstem Maße verabscheuungswürdig. Des Weiteren stehen viel zu wenig die Teilnehmer im Mittelpunkt, die durch tolle Auftritte überzeugen, sondern viel zu sehr die Jury um Dauerjuror Dieter Bohlen, welche das Versagen vieler Kandidaten zur eigenen Selbstverherrlichung nutzen. Das Sehen dieser Sendung gleicht einer Art des Voyeurismus, bei dem sich der Fernsehzuschauer am Versagen untalentierter Teilnehmer ergötzt. Jeder Zuschauer sollte sich deshalb unbedingt die Frage stellen, ob diese Form der Unterhaltung nicht weit unter seinem Niveau liegt und die Castingshow es überhaupt wert ist, dass man ihr Aufmerksamkeit und dem Fernsehsender RTL Einschaltquoten schenkt. Der Samstagabend kann auch auf anspruchsvollere Art verbracht werden.

1 Kommentar:

  1. ich verstehe nicht das drei Jury Mitglieder da sitzen und keiner von den dreien Ahnung hat wie sie gesagt haben das haben sie noch nie gesehen, kunstradfahren gibt es schon vor dem 19 Jahrhundert.

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