TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Montag, 2. März 2015

Shopping Queen – ein oberflächliches Konzept?

von Joanne Bramwell


500 Euro und vier Stunden Zeit, um sich davon ein Outfit seiner Wahl zu kaufen – ein Traum vieler Frauen und vermutlich auch einiger Männer. Star-Designer Guido Maria Kretschmer macht’s möglich: in seiner Fernsehsendung Shopping Queen auf VOX treten jeweils fünf Kandidatinnen gegeneinander an, um am Ende einer Woche diejenige mit dem besten Look zu einem bestimmten Motto zu sein, damit Shopping Queen ihrer Stadt zu werden und 1000 Euro zu gewinnen. Dieses Konzept scheint auf den ersten Blick sehr oberflächlich und man fragt sich, warum die Damen der Meinung Kretschmers einen so hohen Stellenwert zuschreiben.

Am Montag stellt der Guido (wie ihn seine Fans liebevoll nennen) das wohl formulierte Motto vor. Diesmal heißt es in Hannover: „Weiß ist heiß! Zeige, was der Blusen-Klassiker alles kann.“ Die Kandidatinnen, unter denen wie immer jede Altersklasse und jede Konfektionsgröße vertreten ist, sind natürlich super aufgeregt und enthusiastisch, weil sie jetzt im Fernsehen zu sehen sind. Eine Studentin, eine Mutter, eine Seniorin, eine Künstlerin und eine praktisch Veranlagte. Frauen wie du und ich eben. Oder auch nicht ganz. Bevor es zum Beispiel für Mittwochs-Kandidatin Petra ans Einkaufen geht, darf sie uns zunächst stolz ihr Leben und ihre Wohnung präsentieren, in welcher sich ihre Konkurrentinnen während ihres Shopping-Trips aufhalten werden. Natürlich hat sie spannende und außergewöhnliche Hobbies, wie das Verkleiden und Auftreten als Marianne Rosenberg. Immer mit dabei ihr Freund Jörg, der ihr als Wolfgang Petri auch gerne zur Seite steht. Auch ihre Wohnung ist besonders: während Petra uns durch ihre riesige Küche, ihr luxuriöses Badezimmer und dann auch noch in ihr Ankleidezimmer führt, kommentiert Kretschmer trocken: „Jetzt müssen alle Frauen ganz stark sein.“ Es ist interessant zu sehen, wie andere Menschen leben und wie sie sich präsentieren. Unterbrochen wird die Wohnungstour einerseits durch tiefgründige Fragen an die Kandidatin wie: „Was erwartest du an deinem großen Tag heute?“ und andererseits durch Mutmaßungen der Konkurrentinnen, wie es denn nun in Petras Haus aussehen mag. Da sich die unterschiedlichen Frauen schon ganze zwei Tage kennen, fallen ihre Vorstellungen auch dementsprechend detailliert aus. Im Interview sollen sie zudem sagen, was für Erwartungen sie an das spätere Outfit von Petra stellen. Kreativ wie immer heißt es dort „Wir wollen etwas Neues sehen.“ Es soll rockig, ausgefallen, sexy, überraschend, aber am besten auch klassisch sein. 
Davon ahnt Petra zu diesem Zeitpunkt aber zum Glück noch nichts und beginnt ihre Shopping-Tour ganz entspannt mit ihrer Freundin und Begleiterin Dana. Dass die Damen so früh am Tag schon Alkohol trinken, belustigt den Designer und er zählt die Gläser Sekt mit, die sowohl bei der Begrüßung der Konkurrenz, als auch später im sogenannten Shopping-Mobil getrunken wurden, das Petra und Dana durch die Stadt fährt. Währenddessen erkunden die anderen Kandidatinnen Petras Wohnung und vor allem ihren Kleiderschrank. Auffällig ist, wie gut sie sich trotz der unterschiedlichen Hintergründe verstehen, wie fasziniert man von Schuhen sein kann und wie albern erwachsene Frauen untereinander werden können. 
Petra weiß nicht, was für Gelächter und Tanzeinlagen sich in ihrer Wohnung abspielen. Von den anfänglichen vier Stunden war schnell die Hälfte aufgebraucht, ohne dass die Modebegeisterte auch nur ein Teil gefunden hat. Mit Konfektionsgröße 44 habe sie es eben auch nicht so leicht, so Kretschmer. Noch nie hätten Kandidatinnen aber „so lahmarschig angefangen“ und wären trotzdem so entspannt, kommentiert er weiterhin. Er hat dennoch großes Mitleid mit ihr, da sie einfach nichts zu finden scheint. Zu jedem Outfit, mit dem sie aus der Kabine kommt, hat der Designer einen treffenden Vergleich. So ist sie anfänglich eine Kellnerin, dann Sekretärin, Vollzugsbeamtin im Knast, Transvestit, und schlussendlich Schiffskapitän. Zu dem Outfit, für das sie sich letztendlich entscheidet, passe laut Meinung Kretschmers nur ein „femininer Hammer-Schuh“, oder alles, was davon ablenke, dass sie kein Mann ist.  
Es mag einem so vorkommen, als würde er mit seiner direkten Art eine Grenze überschreiten und die Frau vorführen. Dies ist jedoch nicht der Fall, da er sich zwar über die Klamotten  lustig macht, nie aber direkt über die Kandidatin. Eher fühlt er mit ihr mit und vergibt am Ende einen Extrapunkt für Humor, weil sie sogar unter Zeitdruck locker bliebe und sie zu nett sei, um zu behaupten, dass ihr Outfit nicht gelungen ist.  Er wiederholt mehrmals, dass Petra die Shopping-Queen der Herzen sei und einer seiner liebsten Kandidatinnen dieses Jahres. Dies zeigt, dass das zunächst oberflächlich erscheinende Format durchaus mehr zu bieten hat, als eine reine Bewertung des Aussehens. Am Ende kommt es darauf an, dass frau sich in den Klamotten wohl fühlt und sie mit Selbstbewusstsein trägt, was Kretschmer mehrmals betont. Die Präsentation auf dem Laufsteg meistert Petra mit Bravour und ihre Konkurrentinnen machen ihr Komplimente. Bei der Punktevergabe, die allerdings hinter ihrem Rücken stattfindet, offenbart die ein oder andere Kandidatin dann aber doch Kritik und damit landet Petra vorerst auf dem zweiten Platz. Die Punkte vom Star-Designer gibt’s aber erst am Ende der Woche und die Vorschau auf die verbliebenen zwei Tage verspricht viel Chaos und weitere witzige und freche Sprüche von Guido. Aber der darf das einfach…

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