TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Mittwoch, 1. September 2010

Music Television?

von Kristina Rosenberger


Wenn sich 20 junge Frauen um einen 40-jährigen Möchtegern-Ex-HipHop-„Star“ streiten, junge Teenager das gesamte Vermögen ihrer Eltern in ihren 16. Geburtstag stecken und das erste Date bei versteckter Kamera absichtlich zum Desaster wird, dann kann es sich nur um einen Sender handeln, MTV. Der in den 1980er Jahren gegründete Musiksender, mit Sitz in New York, konzentrierte sich zu Beginn hauptsächlich auf die Ausstrahlung von Musikvideos und verhalf dadurch nicht wenigen Künstlern zum internationalen Aufstieg. Man kann sogar sagen, dass die Musikbranche erst mit dem Sendestart von MTV begann Musikclips zu drehen, aufgrund des durchschlagenden Erfolgs und der hohen Nachfrage. Zappt man dagegen heute zufällig auf MTV, ist die Chance eher gering ein Musikvideo zu sehen. Vor allem das Tagesprogramm setzt sich aus einer Aneinanderreihung teilweise vulgärer, sinnloser und immer öfter auch gewaltverherrlichenden Sendungen zusammen, dem sogenannten „Jugendprogramm“. 

So soll genannte Zielgruppe angesprochen werden, was offensichtlich mit derartigen Formaten besser funktioniert als Musikvideos. Programme wie „Bully Beatdown“, „Playboy Mansion“ oder „Exposed“ stehen bei Jugendschützern besonders in der Kritik, da sie die heranwachsenden Zuschauer zum Teil überforderten. So schreibt die Zeitschrift flimmo, eine beratende TV-Zeitschrift für Eltern, in der Ausgabe vom 2/2010: „Überforderung und Irritation sind die Folge, wenn Gemeinheiten, Gewalt und sexualisierte Darstellungen unkommentiert bei Kindern ankommen“. Angesprochene Sendungen drehen sich hauptsächlich um Sex („A Shot at Love with Tila Tequila“), Gewalt („Bully Beatdown“) oder falsche Schönheitsideale („Playboy Mansion“). In Sendungen wie „Next“, „Desaster Date“ oder „Bully Beatdown“ kommt zudem auch die Schadenfreude der Teenager, die sich darüber amüsieren, wenn ein jugendlicher Schlägertyp gegen einen Profiboxer antreten muss, oder ein ahnungsloser/s Junge/Mädchen ein miserables Date vor versteckter Kamera erlebt, nicht zu kurz. Dass dabei Musik nur noch eine untergeordnete Rolle spielt, scheint nicht weiter tragisch, da 16 jährige Mütter, die komplett mit ihrer neuen Rolle überfordert sind oder wilde, häufig halb nackte „Rockgören“, denen von Sharon Osbourne Manieren beigebracht werden, natürlich für mehr Einschaltquoten, jedoch auch einen immer schlechter werdenden Ruf des Musiksenders sorgen, der mit einem stetig niveauloser werdenden Programm einher geht. Aus pädagogischer Sicht werden den Jugendlichen hier mehr als fragwürdige Ansichten und Wertvorstellungen vermittelt, die in vielen Fällen von diesen übernommen werden. Mädchen bilden sich schon mit 14 ein, sie müssen aussehen wie Paris Hilton in „The simple Life“ oder Hugh Hefners Gespielinnen in „Playboy Mansion“ und Jungen lernen in Sendungen wie „Bully Beatdown“, dass Gewalt sehr wohl eine Lösung darstellt. In Sendungen wie „ The Real Life“, „Laguna Beach“ oder „The Hills“ wird ihnen zudem ein, für die meisten unerreichbarer Lebensstil vorgeführt, der sich durch einen ausgeprägten Sinn für Äußerlichkeiten, Verschwendungssucht und/oder unzählige Partys kennzeichnet. Das Paradies auf Erden? Zumindest wird dies den Jugendlichen vorgegaukelt. Glaubt man den Sendungen so ist Oberflächlichkeit, übermäßiger Alkoholkonsum und ein ausgeprägtes Partyleben durchaus erstrebenswert. Problemtisch werden solche Programme immer dann, wenn die Jugendlichen vergessen, sie trotz ihrem offensichtlichen Unterhaltungswert auch kritisch zu hinterfragen. Angesichts des steigenden Beliebt- und Bekanntheitsgrades genannter Sendungen muss man sich jedoch die Frage stellen, ob es denn ausschließloch solche Themen sind, die die Generation von Morgen wirklich bewegen. Grenzüberschreitung und Anstößigkeit, sowie eine gewisse Niveaulosigkeit gehört anscheinend heute zum guten Ton. Bedenkt man, dass MTV zu Beginn der 80er als Pionier im Musik-Clip-Gewerbe startete, dann den internationalen Durchbruch schaffte, um mit der Zeit genau zu dem zu werden, was es laut seinem Namen eigentlich nicht sein wollte bzw. sein sollte, so stellt sich die Frage: Warum? Gerechtfertigt wird dieses zunehmend gehaltloser werdende Programm mit den hohen Einschaltquoten und der sich angeblich verändernden Nachfrage der Jugend. Bleibt nur zu hoffen, dass im Kampf um die Zuschauerzahlen in Zukunft im Programmschema einmal mehr auf Qualität und weniger auf billiges Boulevard- und Neid-TV gesetzt wird.

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