TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Mittwoch, 1. September 2010

Goodbye Deutschland: Über Fernsehen und fern sehen - Auswandern aus nächster Nähe

von Andreas Kilian


Jedes Jahr beschließen tausende Deutsche, ihre Heimat zu verlassen, um in mehr oder weniger weiter Ferne ihr Glück aufs Neue zu suchen. Dies klappt mal besser, mal schlechter. Ist das der Stoff woraus Träume und gute Sendungen gesponnen werden können? Das glaubt zumindest der Sender Vox und hat seit nunmehr vier Jahren die Doku-Soap Goodbye Deutschland im Programm, welche dienstags in der Primetime ausgestrahlt wird. 
Für alle, die zu dieser Zeit etwas Besseres zu tun haben, wiederholt der Sender die aktuelle Folge noch einmal am Sonntagnachmittag. Eine Auswandererfamilie hat in Deutschland eine besonders große Bekanntheit erreicht: die Reimanns, welche vom nordisch kühlen Hamburg ins heiße Texas gezogen sind. Durch die regelmäßige Anwesenheit im Fernsehen haben sie es geschafft in Amerika Fuß zu fassen und können sich, auch wenn es mit den Jobs in der neuen Welt mal weniger gut läuft, mit Werbeverträgen und zahlenden Feriengästen über Wasser halten. Der Zuschauer hat jede Woche aufs Neue die Möglichkeit zu erfahren, was aus manchen „alten Bekannten“, wie den Reimanns, geworden ist und welche neuen, wagemutigen Menschen sich in eine ungewisse Zukunft stürzen. Worin liegt nun also das Geheimnis des Erfolgs und warum bekommt das Format eine nicht unerheblich große Sendezeit spendiert? Hierfür gibt es mehrere Gründe. Wie bereits angedeutet, ist das Konzept darauf ausgelegt, besonders interessante Auswanderer über Jahre hinweg zu begleiten, was eine gewisse Zuschauerbindung bewirkt. Außerdem sind viele vor dem Fernseher von fremden Ländern, Menschen und Kulturen fasziniert, würden sich jedoch selbst kein Abenteuer in Form einer Auswanderung zutrauen. Die Sendung bietet auf einfache Weise Einblicke und Erfahrungen aus erster Hand, welche die oftmals wahre Realität zeigen – trotz paradiesischer Umgebung sieht man vorrangig provisorische Unterkünfte, Schmutz und Geldknappheit. Auch wenn dies bei den meisten Betrachtern dazu führen wird, eventuell vorhandenes Fernweh schnellstmöglich zu vergessen, bergen die wenigen sichtbaren Traumbilder doch einen gewissen Reiz. Zudem ist auch ein gewisser Voyeurismus im Spiel. Die Protagonisten werden nicht selten zur Schau gestellt und es wird einiges aus ihrem Privatleben preisgegeben. Allerdings geschieht hier niemandem Unrecht, schließlich haben sich die Teilnehmer der Sendung selbst zu diesem Schritt entschlossen. Je nachdem wie gut die Vorbereitung für die Auswanderung war, kann das mal mehr oder weniger peinlich werden – oder wer glaubt ernsthaft, dass man erfolgreich mit 380 Euro in der Tasche nach Gran Canaria auswandern kann? Für besonders viel Wirbel sorgte die „bekennende Blondine“ Daniela Katzenberger, die nicht nur in den Boulevard-Blättern rege Aufmerksamkeit genießt. Mit dem Ziel, in den amerikanischen Playboy zu kommen, wollte sie in die USA auswandern. Leider klappte das nicht wie geplant und ein paar Fotoshootings für angeheuerte Agenturen mussten schließlich reichen. Ihre lockere, unbeholfene Art mit dem Leben umzugehen kann gut mit einem ihrer flapsigen Sprüche umschrieben werden: „Sei schlau – stell dich dumm!“. Momentan ist sie dabei ein Café auf Mallorca zu eröffnen, natürlich mit möglichst wenig Stress und Einsatz. Mit ihrer stets zickigen, Barbie-haften Art polarisiert sie – man kann sie nur hassen oder lieben. Ich finde jedoch, dass es genau das ist, was eine solche Sendung braucht – Menschen mit Charakter, die einen Wiedererkennungswert besitzen. So schön die fremden Bilder aus der Ferne auch sein mögen, wirklich unterhaltend wird die Sendung erst durch die Personen, die sie zeigt – und das ist wohl der wichtigste Aspekt bei einer Doku-Soap.


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