von Janik Schöbel
Letzte Woche ist mir etwas skurriles passiert. Mir war langweilig und ich habe
um 20:00 Uhr den Fernseher eingeschaltet. Für gewöhnlich würde ich
jetzt ohne zu zögern Netflix öffnen und eine meiner 10 offenen Serien
weiterschauen, doch ich hab auf meinen Receiver gewechselt und es lief „Joko & Klaas gegen Prosieben“.
Ich dachte ich geb dem ganzen eine Chance und schaute es mir an. Dann,
nach 10 Minuten, war das erste Spiel vorbei und es ging in die Werbung.
Die erste Minute war ganz ok, doch nach der hundertsten Hotel -
Vergleichsportal Werbung wurde es dann anstrengend. Also hab ich kurzer
Hand wieder auf Netflix gewechselt und alles war beim alten. Ich würde
meine Bequemlichkeit nicht unbedingt als Problem betrachten, aber Fakt
ist, dass sich die junge Generation immer mehr vom einfachen
„Old-School“ Fernsehen distanziert. Stattdessen wird der Laptop
aufgeklappt, Netflix im Browser geöffnet und es liegt einem die ganze
Film- und Serienwelt zu Füßen. Und wenn mal was spannendes im Fernsehen
läuft,
dann ist es kurze Zeit später entweder in der Mediathek oder auf YouTube
verfügbar. Sogar Instagram steigt jetzt mit „IGTV“, welches zulässt
Videos länger als 60 Sekunden
hochzuladen, ins Video-Streaming Game ein.
Für Fernsehsender wird es deshalb immer schwieriger an die junge Generation heranzukommen und deren Aufmerksamkeit zu erlangen.
Eine meiner Meinung nach gelungene Lösung haben die öffentlich-rechtlichen
Sender (ARD & ZDF) gefunden. Sie haben sich das
Streaming-„Problem“ zu Nutze gemacht und das Content Netzwerk „Funk“ ins
Leben gerufen. Funk bietet ein Medienangebot, das auf allen
erdenklichen Plattformen wie YouTube, Facebook, Instagram, Spotify, etc.
erreichbar ist und sogar eine Netflix-ähnliche Webseite hat, wo alle
Videos abrufbar sind. Laut eigenen Angaben ist Funk für Zuschauer
zwischen 14 und 29 Jahren bestimmt. Um zu versuchen, dieses breite
Spektrum an unterschiedlichen Interessen zu decken verfügt es über 70
verschiedene Formate wie Reportagen, Erklär-Videos, Serien und
Comedy-Shows.
Da währe zum einen das Y-Kollektiv mit ihren ca. 30-minütigen Reportagen wie „Münchens Drogen Katakomben“, in der die dunklen Seiten der Großstadt ans Licht kommen. Oder „Gekaufte Klicks. Kauf dich in die Charts“,
die die ganze Musik-Streaming-Industrie auf den Kopf gestellt hat. Mit
Fakten und Tatsachen will das Y-Kollektiv zu Diskussionen anregen und
über Themen aufklären, bei denen man normalerweise eher wegschaut. Das
ganze ist, wie der Name schon sagt, ein Kollektiv aus Journalisten und
somit sieht man immer wieder andere Gesichter vor der Kamera. Dann gibt
es noch das Format „Lesch und Co“. Hier versuchen uns Harald Lesch,
Mai-Thi Nguyen-Kim und Philip Häusser, die Welt der Wissenschaft
schmackhaft zu machen. Themen wie Relativitätstheorie, Brennstoffzellen
und künstliche Intelligenz sollen unseren
Wissenshorizont erweitern. Wer hingegen lieber chaotische, DMAX ähnliche
Unterhaltung will, sollte sich das „Kliemannsland“ ansehen. Auf einem
abgelegenen Bauernhof im Norden haben sich Fynn Kliemann und Co. ein
eigenes kleines Dorf errichtet, in dem täglich allerlei Dinge gebaut
getestet, und zerstört werden.
Auch
Serien wie die Fiction-Produktionen „Wishlist“, in der eine App
entwickelt wurde die
Wünsche erfüllt oder „DRUCK“, in der es um Freundschaft, Liebe, und
Intrigen geht, bietet Funk an. Zwar sind diese noch lange nicht mit den
großen Serienproduktionen von Amazon, Netflix und Co zu vergleichen, man
merkt aber an der Wahl der jungen und unbekannten Schauspieler, dass
frischer Wind in die Serienindustrie weht.
Dann
gibt es da noch die Comedy-Shows. Das Format, welches eher die U18
Generation ansprechen soll. Videos von Simon Will, Phil Laude und World
Wide Wohnzimmer erinnern ein bisschen an Super RTL und „Ups - Die
Pannenshow“ und haben definitiv keinen Mehrwert. Pranks, Bestrafungen
und Videos, bei denen man sich über Videos lustig macht, gehören aber
vor allem bei den jüngeren schon lange zum alltäglichen Programm.
Bemerkenswert
ist auch, dass die Qualität dieser Videos nah an den Fernsehstandard
herankommt. Kurzzeitig vergisst man sogar, dass man sich gerade auf
YouTube befindet. Das könnte aber auch daran liegen, dass das Projekt
jährlich mit rund 40 Millionen € gefördert wird und sich beispielsweise
das Kliemannsland dadurch ein professionelles Kamera-Team leisten kann.
Egal
ob man Gegner oder Befürworter der GEZ-Gebühren ist, mit Funk haben die
öffentlich Rechtlichen eine eigene kleine Fernsehwelt kreiert, die zur
Unterhaltung, Information und Meinungsbildung beiträgt. Und ehrlich
gesagt bin ich froh, dass ich in meinem GEZZwangsabonnement eine für die
Zukunft viel versprechende Alternative zu „Sturm der Liebe“, „Rote
Rosen“ oder dem Musikantenstadl habe.
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