TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Mittwoch, 22. April 2015

Berlin - Tag und Nacht: Das Erfolgsgeheimnis



von Alice Nguyen

Was hat die RTL II-Reality-Seifenoper „Berlin – Tag & Nacht“ (BTN) zu bieten außer schlechte Laiendarsteller und langweile Handlungen, in denen fast ausschließlich nur gestritten wird? Denn das ist zumindest mein erster Eindruck von der Sendung. Doch irgendwas scheint das Produktionsunternehmen „Filmpool“ richtig zu machen, sonst wäre die Show nicht so erfolgreich. Über einen recht kurzen Zeitraum – BTN ging 2011 zum ersten Mal auf Sendung – konnte die Soap eine riesige Fangemeinde aufbauen: Ihre offizielle Facebookseite verzeichnet mittlerweile über drei Millionen „Gefällt mir“-Angaben. Die GZSZ-Facebookseite hat vergleichsweise gerade mal „nur“ knapp 1,5 Mio. Likes, obwohl es die Seifenoper schon seit 1992 gibt. Es könnte aber auch daran liegen, dass BTN mehr jüngere Zuschauer hat und diese auf sozialen Netzwerken eher aktiv sind. GZSZ hat dagegen auch viele ältere Zuschauer. Doch ich glaube nicht, dass die jüngere Zielgruppe der Hauptgrund des Erfolges ist.

Auch ich kenne einige Leute aus dem eigenen Bekanntenkreis, die sich BTN hin und wieder anschauen und die Sendung als ihr „guilty pleasure“ bekennen. Doch wirklich erklären, warum sie sich die Folgen ansehen, können sie auch nicht.  Ich selbst habe die Reality-Dailysoap noch nie geschaut bzw. nach 3 Minuten den Sender wieder gewechselt, weil ich mir sie nicht länger anschauen konnte. Doch diesmal habe ich ihr eine weitere Chance gegeben und mir die Folge vom 26.02.2015 angeschaut, um auch ihren  Erfolg zu ergründen. Die 40-minütige Folge setzt sich mit den Alltagsproblemen der frei erfundenen Darsteller im Teenager- und Erwachsenenalter auseinander. Diesmal gibt es drei parallele Handlungsstränge: Ole, der eine Scheinehe eingehen will, um seine Freundin Inez vor der Abschiebung zu bewahren. Doch dabei zerstreitet er sich mit seiner Mutter, die ihn von der absurden Idee abbringen möchte. Timo, der dem Straßenjungen Pepe Nachhilfeunterricht in Lesen und Schreiben gibt, wird als Dank von diesem bestohlen. Und Krätze, der dem Vater seiner neuen Freundin Hanna beweisen möchte, dass er der Richtige für seine Tochter ist.

Während der ganzen Folge passiert eigentlich nichts Spannendes. Weder wirkliche Hoch- noch Tiefpunkte sind zu beobachten. Doch warum schalten Zuschauer immer wieder ein? Die aktionsreiche Handlung ist schon mal nicht der Grund. Auch die Dialoge zwischen den Protagonisten sind lasch und man merkt, dass diese improvisiert sind. Ich glaube, es sind vielmehr die Charaktere der Darsteller, die Grundbausteine des Erfolges sind. Fast jeder Stereotyp ist einmal vertreten: Es gibt einen Taffen, eine Teenie-Mutter, einen Chaoten, eine Mutter, die sich in die Angelegenheiten des Sohnes einmischt, einen Frauenheld, etc. Zwar sind die Personen alle überspitzt dargestellt und facettenreich sind sie auch nicht, dennoch wirken sie amüsant. Zudem sprechen manche nicht immer grammatikalisch korrektes Deutsch. Als Zuschauer korrigiert man in Gedanken automatisch die falschen Sätze. Vielleicht ist das auch der Grund, warum einige Leute sich die Serie ansehen. Der Zuschauer erfreut sich an den Fehlern anderer und glaubt besser und schlauer zu sein als die Darsteller selbst. Man lacht und schämt sich zugleich für die schlechten Dialoge und Schauspielfähigkeiten. In anderen Seifenopern wirkt  alles immer scheinbar perfekt. Die Kostüme der GZSZ-Darsteller sind durchdacht, die Haare sitzen in jeder Szene perfekt und wenn sie von einer Schlaf-Szene aufwachen, sind die Schauspieler immer noch top gestylt. Ganz im Gegensatz dazu wirken die „Berlin – Tag und Nacht“-Darsteller authentischer. Sie sind weder perfekt geschminkt noch frisiert oder gekleidet. Bei dem einen oder anderen würde man sogar von einer Geschmacksverirrung sprechen. Vor allem ist mir aber der  kleine, glatzköpfige, leicht pummlige Kätze am meisten in Erinnerung geblieben. Durch seine chaotische, kleinkindliche, berlinerische Art, der sich selbst für die Kleinigkeiten aus dem Alltag feiert, wirkt er sympathisch und lustig. Da muss man selbst doch ab und an über seine wirren Aussagen schmunzeln. Dadurch ich kann mir gut vorstellen, dass sich unter den Zuschauern einige Lieblingsdarsteller aus der Sendung herausgebildet haben.

Weitere Realitätsnähe wird versucht durch die Kameraführung zu erzeugen. Diese ist unruhig und schwankt zwischen den aktuell sprechenden Personen hin und her. Viele Schnitte gibt es nicht. Hauptsächlich nur zwischen den verschiedenen Handlungssträngen. Manchmal sind zwischen einzelnen Szenen Voice-Over-Kommentare zu hören oder Interviews der Protagonisten zu sehen. Die unterschiedlichen Handlungen werden mit Umgebungsausschnitten der Stadt Berlin und moderner Hintergrundmusik eingeleitet. Dadurch wirken die unterschiedlichen Handlungen zusammenhängender.

Und genau diese versuchte Realitätsnähe in Kombination mit den schrägen Figuren ist, glaube ich, das Erfolgsgeheimnis. Beziehungsweise empfinde ich die Figuren als eine ganz komische Mischung aus klischeehafte, überspitzte und einfältige Darstellung aber dennoch irgendwie zugleich authentisch. Denn man kann irgendwie doch den einen oder anderen Charakterzug aus dem eigenen Bekanntenkreis wiedererkennen. Wie Beispielsweise die Mutter, die sich überall einmischt oder den tollpatschigen Chaoten im Freundeskreis. Dennoch bleibt es nur bei einem Versuch Realitätsnähe zu erzeugen, denn die schauspielerischen Fähigkeiten und die flachen improvisierten Dialoge sind nicht gut genug, um überzeugend zu wirken. Trotzdem halte ich „Berlin - Tag &;Nacht“ für authentischer als GZSZ, obwohl dort die Schauspieler etwas besser sind. Denn es wird nicht versucht die Folgen mit unzähligen, ausgeklügelten Dramen, Hoch- und Tiefpunkten vollzupacken. Zumindest würde ich das aus einer Folge BTN entnehmen. Weiterhin ecken die Darsteller mit ihrer Art an und sorgen für Gesprächsstoff. Auf der Facebookseite werden Ereignisse aus der aktuellen Folge zeitnah nach Ausstrahlung geteilt. Zum Beispiel endet die zugrunde liegende Folge vom 26. Februar mit Oles Zweifel an der Scheinehe. In seinem Namen wurde ein Facebook-Eintrag veröffentlich, in dem die Fans gefragt werden, ob er Inez heiraten soll oder nicht. Der Zuschauer kann kommentieren und seine Meinung teilen, womit eine Nähe zwischen Sendung und Zuschauer erzeugt wird. Desweiteren ist der Zuschauer durch den Cliffhanger mehr oder weniger gezwungen die nächste Folge anzusehen, falls er den Ausgang erfahren möchte. Und zu guter Letzt spielt die allgemeine Faszination an Trash-Formaten eine Rolle, weshalb BTN recht hohe Einschaltquoten erzielen kann.

Die Reality-Seifenoper kann mich zwar nicht als weiteren Fan abgewinnen, aber ich  kann durchaus nachvollziehen, warum sie eine so riesige Fangemeinde aufbauen konnte und so erfolgreich ist. Aber ich würde generell behaupten, dass man zum ersten Mal aus Neugierde und/oder Langeweile einschaltet, um sich zu amüsieren und dann bei der Sendung hängen bleibt.

2 Kommentare:


  1. BTN
    Unsere Klassiker wie Goethe, Schiller, etc würden sich über diese Dummheit nur wundern.
    Weiter so Deutschland, wir werden Weltmeister in der Bildung.

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  2. mann kann diesen Müll nicht mehr ansehen in dieser Serie wird doch nur herumgejammert da kann mann sich besser einen Hamatfilm anschaun.

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