TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Mittwoch, 22. April 2015

„TV Bizarr. Prosieben nähert sich RTL an“ - Mein bester Feind

von Alice Nguyen

Was macht man, wenn man einen Flachbildfernseher gewinnen möchte ohne etwas dafür zu tun? Man meldet seine/n beste/n Freund/in bei der Prosieben-Show „Mein bester Feind“ mit Joachim Winterscheid und Klaas Heufer-Umlauf, die als chaotisches Duo „Joko und Klaas“ in der Medienlandschaft bekannt sind, an. Dabei darf der anscheinend beste Kumpel seine Freundschaft unter Beweis stellen, indem er bizarre Aufgaben meistern muss. Beispielsweise darf sich Kandidat und „Opfer“ Jaan aus der zweiten Folge, die am 3. Januar 2015 ausgestrahlt wurde, großzügigerweise Botox-Lippen spritzen lassen und im neuen Schweighöfer-Film mit einem anderen Kerl rumknutschen. Hat er diesen Freundschaftsbeweis erfolgreich bewältigt, gewinnt sein Freund und Lockvogel den Fernseher sowie  einen gebrauchten Klaviertragegurt und darf in der Show vor einem Live-Publikum sich ein weiteres Mal auf die Probe stellen. Dort kann man Flatscreen und Tragegurt gegen einen Porsche, wohlgemerkt Jahrgang 1983, eintauschen, indem man gegen weitere Kandidaten einen Hindernisparkour mit Bestzeit durchläuft. 
Die Show wäre keine Joko-und-Klaas-Show, wenn man nicht während des Parkours einen Liter Wasser exen, unter einem Geräuschpegel über Nachos und Mausefallen schleichen und sich tätowieren lassen muss. Das Konzept der Show ist also ganz einfach: Sich für seinen besten Freund zum Affen machen und am Ende leer ausgehen. Obwohl nicht ganz: Man geht mit einem Dicke-Taube-mit-Bierdose-Tattoo auf dem Arm nach Hause. Etwa ganze zweiundhalb Stunden lang kann man zusehen, wie die Kandidaten bescheuerte und sinnfreie Aufgaben absolvieren, die belustigt vom Chaoten-Duo kommentiert werden. Die Show baut sich auf Schadenfreude, Blödsinn und andere skurrile Aktionen auf. Man schmunzelt und lacht zwar über die verrückten Aktionen und fragt sich, wie man bloß auf so eine Idee kommt, dennoch kann man bei dieser Sendung nicht von einem richtigen Freundschaftsbeweis sprechen. Unter Zeitdruck muss man sich vor dem Live-Publikum entscheiden, welche Tätowierung man sich stechen lässt. Denn sich nicht tätowieren zu lassen, kommt erst gar nicht in Frage, da man ansonsten aus dem Wettbewerb ausscheidet und als „Feigling“ die Show verlässt. 
Die Kandidaten versuchen also der Erwartungshaltung des Publikums gerecht zu werden. Hat sich der Teilnehmer  für das Motiv entschieden, wird dieser von den Moderaten und vom Publikum bejubelt und gefeiert. Und genau das pusht ihn für weitere unbedachte Aktionen an. Für jede Blödsinnsaktion erntet er Beifall. Doch etwas anderes kann man bei solch einer Sendung nicht erwarten. Wenn man sich bei einer Joko-und-Klaas-Show anmeldet bzw. in diesem Fall auch angemeldet wird, darf man nicht davon ausgehen, dass man mit Intelligenz oder sportlicher Begabung wie bei „Schlag den Raab“ glänzen kann. (Damit sollte aber auch auf keinen Fall „Mein bester Feind“ und „Schlag den Raab“ 1:1 verglichen und auf eine Ebene gestellt werden, denn diese sind zwei unterschiedliche Genres.) Zudem ist das Konzept „Mein bester Feind“  bereits aus der Sendung „Circus HalliGalli“ bekannt und nur eine Auskoppelung dieses Formats. Die Show versucht aber auch nicht Bildungscharakter oder ähnliches zu vermitteln, weshalb sie Sympathiepunkte erntet. Sogar das Moderatoren-Duo gibt ganz offen zu nur mit Schwachsinn ihr Geld zu verdienen und das auch noch sehr gut. Auch Joko meinte in der Sendung nur selbstironisch: „Wie weit darf Fernsehen gehen? Lustig oder krank? TV Bizarr. Prosieben nähert sich RTL an.“, und bringt damit die Zuschauer zum Lachen.
 Als Zuschauer hat man aber auch keinesfalls den Eindruck, dass die Teilnehmer bloßgestellt werden, denn die Moderatoren haben sich selbst beispielsweise in der Show „Joko und Klaas – Das Duell im die Welt“ weitaus schlimmeres angetan.Wer also ein Fan des Duos ist oder sich gerne mit Clips, in denen sich andere zum Affen machen, berieseln lässt, könnte „Mein bester Feind“ ein recht lustiges Unterhaltsprogramm für den Samstagabend sein. Ansonsten muss jeder selbst entscheiden, ob man sich die Sendung ansehen möchte oder nicht, denn mehr als Unterhaltung kann man nicht erwarten. Es wäre so, als würde man sich „Das Dschungelcamp“ anschauen und auf höchstes Niveaufernsehen hoffen.

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