TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Mittwoch, 28. August 2019

Love Island oder auch - Lasst es lieber Island (Dating Reality Show)

von Beatrice Sawatzki
Was macht der durchschnittliche Teilzeit Hobby RTL Zuschauer um einen gewissen Grad an Bekanntschaft in der deutschen Z Promilandschaft zu erlangen, wenn er weder singen noch tanzen kann oder gegen Rosen allergisch ist. Er geht zu Love Island. Denn da sind die Vorrausetzungen gut. Es wird nicht einmal eine Grundintelligenz des Teilnehmers verlangt. Und wenn die Muskelmasse noch breiter ist als die eigene Gehirnmasse oder die künstlichen Nägel noch länger sind als die eigene Schullaufbahn, ja dann bist du schon quasi in der nächsten Show mit dabei.
Love Island ist einer der vielen Dating Shows, welche auf RTL II ausgestrahlt wird. Doch ursprünglich kommt das Konzept aus Großbritannien. Wer „Geordie Shore“ oder „Ex on the Beach“ kennt, der weiß -die Spinnen, die Briten. Die Regeln sind gar nicht mal so unkompliziert. Um als Kandidat oder „Islander“ eine Chance auf den Gewinn von 50.000 Euro zu bekommen darf man nicht als Single übrigbleiben! Single sein bedeutet also verlieren. Welch schönes Weltbild wird wieder einmal durch RTL II vermittelt. Isoliert von der Außenwelt (zum Glück) wird die Gruppe von Kandidaten auf einer Villa zu Beobachtung ganz im „Big Brother“ Stil untergebracht und unter Beobachtung gestellt. Die Islander werden am ersten Tag mit einem Partner verkuppelt. Im Laufe der Sendung werden sie jedoch immer wieder dramatisch vor die Wahl gestellt sich für einen neuen Partner zu entscheiden oder doch bei ihrem Partner zu bleiben. Die Wahlpärchen müssen dann sogar gemeinsame Nächte im selben Bett verbringen. Allerdings im gemeinsamem Bettenlager der Islander. Hat was von Feriencamp für Erwachsene oder Swinger Party. Doch aufgepasst: Jeder Teilnehmer, der am Ende einer „Paarungszeremonie“ alleine bleibt, fliegt aus der Sendung raus. Traurig. Wer jetzt denkt das war‘s mit dem Konzept und los geht’s, naja, der hat sich geirrt. Den hin und wieder gibt es Zuschauer Votings, Regeländerungen, mysteriöse Aufgaben als SMS über ein plötzlich auftauchendes Smartphone oder es kommen überraschender Weise neue Islander und und und. Aber im Grunde ist das wesentliche erklärt und bedarf nicht noch mehr Tiefgang. Denn wir wollen uns an das Niveau der Sendung und der Kandidaten halten - also schön flach. Moderiert wird das Ganze von Jana Ina Zarella, die trotz ihres italienischen Akzents und ihres charmant schlechten Deutsch noch besser zu verstehen ist, als manch Kandidat. Sie schafft es wenigstens ganze Sätze mit einigermaßen sinnvollen Inhalten zu füllen. Bei ganzen Sätzen scheitert es schon bei den meisten Kandidaten. Wie schon bereits erwähnt, die Grundvoraussetzung für eine Bewerbung in der Sendung sind nicht hoch. Kommen wir mal zu den Kandidaten oder wie es der Sprecher in Love Island so schön sagt „Hier sind Deutschland schärfste Singles“. Juhu. Beim Eintreten in die Villa kommen die Kandidaten aus dem Staunen nicht heraus. „wow. very nice“ spricht Sabrina, die vollbusige Islanderin. Wobei sie so viel Botox in der Lippe hat, dass sie das „very“ kaum aussprechen kann. Da die Kandidaten auch keine Smartphones in die Villa mitnehmen dür-fen, lernen sie sich nach Aussagen einer Islanderin richtig „real“ kennen, so wie ihre Eltern damals. So real wie halt eine Sendung mit undefinierbar vielen Kameras und vorgeskripteten Konzept eben sein kann. Till, einer der männlichen Kandidaten beschreibt sich als Meerjung-frau – halb Mensch – halb Schwanz. In diesem Moment frage ich mich, ob ich noch wirklich weitersehen möchte oder meinen Laptop gleich aus dem Fenster werfe. Doch dann kommt Tobias. Mein Lieblingsislander. Sein Wortschatz reicht von „so“ bis „schön“ und manchmal bin ich mir nicht sicher, ob seine Aufmerksamkeit wirklich der Damenwelt gebührt oder nicht doch seinen Muskelbepackten Kollegen. Ein weiteres Phänomen der Kandidaten ist es, deutsche Sprichwörter auf verstörende weise umzuformulieren. So sind Natascha und Tobi am Ende zwar nicht die Gewinner aber wenigstens die „Herzen der Sieger“. Wer die letzte Staffel gewinnt und welche Kandidaten es noch in die Dating Show geschafft haben könnt ihr auf TV NOW selbst nachsehen. Oder lieber auch nicht.
Zusammenfassend kann man sagen, dass bei der letzten und zweiten Staffel von Love Island 2018, die in 15 Folgen á 60 Minuten täglich ausgestrahlt wurde, fast jeder Kandidat mit jeden durchgewechselt hat. Einige haben es dann auch endlich geschafft, mit Love Island als Sprungbrett für ihre Social Media und Influencer Karriere. Der rote Teppich wird allerdings höchstens für Kölner Clubs oder für den Dschungel Camp ausgefahren. Ich zumindest, hoffe immer noch, dass dieses Konzept ein großes wissenschaftliches Experiment ist und in einigen Jahren als eine hochkomplexe Studie über die Tiefen der Menschlichen Psychologie veröffentlicht wird. Das wäre wie Tobi immer sagt „schön“.

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