von Katharina Muth
„Where you lead, I will follow any anywhere, if you tell me too…“
Die Tochter folgt der 16 Jahre älteren Mutter. Aber nicht weil sie
müsste. Lorelai (Lauren Graham) und Rory Gilmore (Alexis Bledel) folgen sich, überall hin. Sie sind DIE Gilmore
Girls. Mutter und Tochter in der gleichnamigen Serie „Gilm ore Girls“ mit einer Beziehung zueinander, wie sie sich auch
jede Mutter und jede Tochter VOR dem
Fernseher wünscht. Freundschaftlich, voller Vertrauen, Respekt, scharfzüngigen
Dialogen und der Fähigkeit über wirklich ALLES reden zu können. Sie halten
zusammen. Gehen ins Café, ins Kino, und selbst als Rory in Yale studiert
schläft Lorelai die erste Nacht mit in der Studentenbude auf einer Matratze.
Sie lieben, leiden, unterbrechen sich, übertreffen sich mit spitzer Zunge. Sieben Staffeln lang. Seit dem Jahr 2000 von
der Produzentin Amy Sherman-Palladino erzeugt und in die Fernseher dieser Welt
getragen. Noch immer im Nachmittagsprogramm von VOX zu sehen. Und auch nicht
mehr wegzudenken. Die Fans „follow“en.
Die Zuschauer, Männer wie Frauen, leben mit den Gilmore Girls in der
fiktiven Kleinstadt Stars Hollow in Connecticut. In den Hollywood-Studios der
Warner Brothers in Los Angeles wird dieser Ort unverändert über die Jahre mit
Falschschnee bestäubt, mit Indian Summer Sonnenaufgängen belohnt und auf
kleinstädtischen Dorffesten, Herbstfesten, Unabhängigkeitstagsfesten,
Hochzeitsfesten und weiteren gefühlt wöchentlichen Festen betanzt. Aber all das
nervt den Gilmore-Girls-liebenden-Fan nicht. Ganz im Gegenteil. Der Ort der
Serie stellt für ihn ein Kontinuum dar, im Zeitalter der seriellen Literaturerfassung
von Fantasy: „Game of Thrones“, einer Gruppe von Menschen, die in einer
post-akolyptischen Welt ohne Energie lebt („Revolution“), inmitten eines maskierten
Superhelden, der dem Verbrechen in seiner Heimatstadt mit Pfeil und Bogen den
Kampf erklärt („Arrow“) oder aber auch neben Claire, die es von 1945 versehentlich
nach 1743 verschlägt („Outlander“).
Stars Hollow dagegen wirkt wie eine romantische, überzeichnete Friede-Freude-Eierkuchen-Gemeinschaft, die regelmäßig an Gemeinderatssitzungen in Miss Pattys Tanzschule teilnimmt, in Luke’s Diner zum Burger Essen geht- oder auch mal als Demonstrationsstrategie zu „Al’s Pancakeworld“ ohne Pancakes, um Luke zu zeigen, dass der neue Kellner ihnen so gar nicht passt.Sie leben dort glücklich und vereint. Kriminalität gibt es nicht, selbst die Haustür muss nicht abgeschlossen werden. In Stars Hollow passiert nichts. Wirklich gar nichts. Dass diese Serie auch Jahre nach der letzten Folge immer noch regelmäßig über die Bildschirme flimmert, Familien sowie auch Popkulturfanatiker vereint ist nicht nur dem Ort, dem Zeitkontinuum, geschuldet.
Es sind die Bewohner des Ortes, die diese Serie zur Qualitätsserie machen. Einzeln mit allen Ecken und Kanten perfekt geschaffen worden von Sherman-Palladino und ihrem Mann. Übertrieben gezeichnet und doch so liebevoll, dass sich der Zuschauer dabei erwischt, auch inmitten dieser blumigen Tapete, an dem hübsch gedeckten Tisch neben all den amerikanischen Frisuren und „Landeiern“ im „Dragonfly-Inn“ (dem Hotel von Lorelai Gilmore und ihrer besten Freundin und Partnerin Sookie Saint Jaimes) sitzen zu wollen. Dieses Heile-Welt-Imperium des amerikanischen Kitschs könnte einen, entschuldigen Sie die Wortwahl, ankotzen.
Der kritische Zuschauer sagt sich: „So einen Ort mit so viel Liebe, Heiterkeit und Herzlichkeit gibt es nicht“. Ja, das stimmt wahrscheinlich auch, aber gerade deswegen erliegen wir nicht nur dem Ort des Geschehens sondern den Figuren Miss Patty, Kirk und Luke und all den Anderen. Sie alle haben eine Vergangenheit die Wohl selbst unter den Titeln „Großer Showstar, vom Broadway in die Kleinstadt“ (Miss Patty) , „Überlebenskünstler: Mann der unendlich vielen Jobs“ (Kirk) oder „ Griesgram, der Mann der die Liebe nach acht Jahren und einer gescheiterten Ehe fand“ (Luke) hätten verfilmt werden können. Aber diese Charaktere sind es, die die Geschichte um Rory und Lorelai eigentlich erst interessant macht. Ja, die beiden Frauen sind die Hauptcharaktere. Es sind ihre neurotischen Züge, ihre Liebeleien und ihre Entwicklung während der sieben Staffeln, die im Vordergrund steht. Aber ohne den Rest der Stadt, würden sie sich gar nicht so entwickeln, wie sie es tun.
Rory, die intelligente, wissbegierige und vielleicht auch zum Strebertum mutierende 16jährige lernt Dean, einen „Zugezogenen“, bodenständigen Schwiegermutterliebling in diesem Ort kennen. Und verlässt ihn, wegen eines rebellischen lederjackentragendem James Dean Verschnitts (nur die Art, nicht das Aussehen). Lorelai, Tochter aus wohlhabendem Hause und Verstoßene wegen der frühen Schwangerschaft mit Rory sucht sich eben nicht den aristokratischen, gutverdienenden, gelhaarigen Millionär, wie es ihre Eltern gerne hätten, sondern gesteht sich nach vier Staffeln vorgespieltem „Wir sind nur Freunde“ doch ein, dass Luke, der Café-Besitzer eben doch nicht nur ein Freund ist. Und das Dorf, achso entschuldigen Sie, die Stadt lebt, leidet und liebt jede dieser Beziehungen mit. Bei der jeweiligen Trennung sind die beliebten Gilmore Girls das Gesprächsthema Nummer 1. Nach Lorelais und Lukes Trennung wird die Stadt in „Lorelai“ und „ Luke“ Lager gespalten. Herrlich übertrieben und höchst amüsant mit rosa Schleifen für Lorelai und blauen Schleifen für Luke. Ist klar, die Stadt muss auch dazu ihren Senf geben. Wie eigentlich zu allem. Ob nun das 750. versteckte Osterei gefunden werden muss, ob das Gewächshaus von Jackson, dem Gemüselieferanten nun 10 Zentimeter zu nah am Gartenzaun steht oder aber auch, ob Warnschilder vor Zecken aufgestellt werden sollen oder nicht.Die Stadt stimmt ab, demokratisch über alles. Meist wird jedoch undemokratisch aber bürokratisch umgesetzt.
Die Stadt selbst und das Leben dort ist der perfekte Kontrast zu dem Leben vor dem Lorelai einst mit ihrem winzigen Neugeborenen floh. Das Haus ihrer Eltern, aristokratisch, protzig und mit wöchentlich wechselnden Hausmädchen ist nicht mehr die Welt von Lorelai. Die Beziehung zu ihren Eltern ist unterkühlt und die bei den Fans beliebten Freitagstreffen kommen nur aufgrund eines Deals zu Stande. Rorys Privatschule Chilton, deren Schulgebühren sich Lorelai nicht leisten kann, wird von den Großeltern Emily und Richard finanziert, dafür kommen Tochter und Enkeltochter jeden (wirklich JEDEN) Freitag zum Essen. Jedes einzelne Mal eskaliert die Situation zwischen den Generationen, auch wenn die Jüngste, Rory, ein eigentlich ganz gutes Verhältnis zu den Großeltern hat.Für wortreiche und spaltenden Diskussionen sorgt das dritte Gilmore Girl- Emily Gilmore (überspitzt dargestellt von Kelly Bishop), ohne die die Serie wirklich nur „Heile Welt“ wäre.
Stars Hollow dagegen wirkt wie eine romantische, überzeichnete Friede-Freude-Eierkuchen-Gemeinschaft, die regelmäßig an Gemeinderatssitzungen in Miss Pattys Tanzschule teilnimmt, in Luke’s Diner zum Burger Essen geht- oder auch mal als Demonstrationsstrategie zu „Al’s Pancakeworld“ ohne Pancakes, um Luke zu zeigen, dass der neue Kellner ihnen so gar nicht passt.Sie leben dort glücklich und vereint. Kriminalität gibt es nicht, selbst die Haustür muss nicht abgeschlossen werden. In Stars Hollow passiert nichts. Wirklich gar nichts. Dass diese Serie auch Jahre nach der letzten Folge immer noch regelmäßig über die Bildschirme flimmert, Familien sowie auch Popkulturfanatiker vereint ist nicht nur dem Ort, dem Zeitkontinuum, geschuldet.
Es sind die Bewohner des Ortes, die diese Serie zur Qualitätsserie machen. Einzeln mit allen Ecken und Kanten perfekt geschaffen worden von Sherman-Palladino und ihrem Mann. Übertrieben gezeichnet und doch so liebevoll, dass sich der Zuschauer dabei erwischt, auch inmitten dieser blumigen Tapete, an dem hübsch gedeckten Tisch neben all den amerikanischen Frisuren und „Landeiern“ im „Dragonfly-Inn“ (dem Hotel von Lorelai Gilmore und ihrer besten Freundin und Partnerin Sookie Saint Jaimes) sitzen zu wollen. Dieses Heile-Welt-Imperium des amerikanischen Kitschs könnte einen, entschuldigen Sie die Wortwahl, ankotzen.
Der kritische Zuschauer sagt sich: „So einen Ort mit so viel Liebe, Heiterkeit und Herzlichkeit gibt es nicht“. Ja, das stimmt wahrscheinlich auch, aber gerade deswegen erliegen wir nicht nur dem Ort des Geschehens sondern den Figuren Miss Patty, Kirk und Luke und all den Anderen. Sie alle haben eine Vergangenheit die Wohl selbst unter den Titeln „Großer Showstar, vom Broadway in die Kleinstadt“ (Miss Patty) , „Überlebenskünstler: Mann der unendlich vielen Jobs“ (Kirk) oder „ Griesgram, der Mann der die Liebe nach acht Jahren und einer gescheiterten Ehe fand“ (Luke) hätten verfilmt werden können. Aber diese Charaktere sind es, die die Geschichte um Rory und Lorelai eigentlich erst interessant macht. Ja, die beiden Frauen sind die Hauptcharaktere. Es sind ihre neurotischen Züge, ihre Liebeleien und ihre Entwicklung während der sieben Staffeln, die im Vordergrund steht. Aber ohne den Rest der Stadt, würden sie sich gar nicht so entwickeln, wie sie es tun.
Rory, die intelligente, wissbegierige und vielleicht auch zum Strebertum mutierende 16jährige lernt Dean, einen „Zugezogenen“, bodenständigen Schwiegermutterliebling in diesem Ort kennen. Und verlässt ihn, wegen eines rebellischen lederjackentragendem James Dean Verschnitts (nur die Art, nicht das Aussehen). Lorelai, Tochter aus wohlhabendem Hause und Verstoßene wegen der frühen Schwangerschaft mit Rory sucht sich eben nicht den aristokratischen, gutverdienenden, gelhaarigen Millionär, wie es ihre Eltern gerne hätten, sondern gesteht sich nach vier Staffeln vorgespieltem „Wir sind nur Freunde“ doch ein, dass Luke, der Café-Besitzer eben doch nicht nur ein Freund ist. Und das Dorf, achso entschuldigen Sie, die Stadt lebt, leidet und liebt jede dieser Beziehungen mit. Bei der jeweiligen Trennung sind die beliebten Gilmore Girls das Gesprächsthema Nummer 1. Nach Lorelais und Lukes Trennung wird die Stadt in „Lorelai“ und „ Luke“ Lager gespalten. Herrlich übertrieben und höchst amüsant mit rosa Schleifen für Lorelai und blauen Schleifen für Luke. Ist klar, die Stadt muss auch dazu ihren Senf geben. Wie eigentlich zu allem. Ob nun das 750. versteckte Osterei gefunden werden muss, ob das Gewächshaus von Jackson, dem Gemüselieferanten nun 10 Zentimeter zu nah am Gartenzaun steht oder aber auch, ob Warnschilder vor Zecken aufgestellt werden sollen oder nicht.Die Stadt stimmt ab, demokratisch über alles. Meist wird jedoch undemokratisch aber bürokratisch umgesetzt.
Die Stadt selbst und das Leben dort ist der perfekte Kontrast zu dem Leben vor dem Lorelai einst mit ihrem winzigen Neugeborenen floh. Das Haus ihrer Eltern, aristokratisch, protzig und mit wöchentlich wechselnden Hausmädchen ist nicht mehr die Welt von Lorelai. Die Beziehung zu ihren Eltern ist unterkühlt und die bei den Fans beliebten Freitagstreffen kommen nur aufgrund eines Deals zu Stande. Rorys Privatschule Chilton, deren Schulgebühren sich Lorelai nicht leisten kann, wird von den Großeltern Emily und Richard finanziert, dafür kommen Tochter und Enkeltochter jeden (wirklich JEDEN) Freitag zum Essen. Jedes einzelne Mal eskaliert die Situation zwischen den Generationen, auch wenn die Jüngste, Rory, ein eigentlich ganz gutes Verhältnis zu den Großeltern hat.Für wortreiche und spaltenden Diskussionen sorgt das dritte Gilmore Girl- Emily Gilmore (überspitzt dargestellt von Kelly Bishop), ohne die die Serie wirklich nur „Heile Welt“ wäre.
Loreleis‘ und Emily’s Verhältnis
ist unbeschreiblich- gezeichnet durch Vorwürfe („ du hättest mit 16 Rorys Vater
heiraten sollen…), Unverständnis, Enttäuschungen und auch immer wieder einer
Prise absichtlichem Wehtun. Das Verhältnis kann man nicht verstehen, man muss
es sehen. Aber so viele Gründe es auch geben mag, mit denen sich Emily bei
ihrer eigenen Tochter und andersherum ins Aus schießt- kommt es hart auf hart
sind sie da. Kochen das „Allzweck-Hilfsmittel“ der Kindheit für die Tochter,
organisieren spontan eine Junggesellinnenparty für die eigene Mutter.Und auch
wenn die sogenannte Familienserie „Gilmore Girls“ durch ihren intellektuellen
Anspruch, durch Anspielungen auf die Popkultur, durch vorausgesetztes
Allgemeinwissen in Kultur, Musik und Film nicht der Prototyp einer
Familienserie ist, so sind die „Gilmore Girls“ eine Familienserie für Familien.
Eine der wenigen Serien, die dem Anspruch der Eltern und etwas älteren Kinder
befriedigt. Die es schafft, eine komplette Familie vor dem Fernseher zu
vereinen- und damit schon das geschafft hat, was die Gilmore Girls so
beneidenswert vorleben: Gemeinsam Zeit zu verbringen. Und das mit Quintessenz:
Es geht nur um das Eine: Familie.
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