TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Freitag, 22. Oktober 2010

Der Deutsche Filmpreis 2010 – Die Gala

von Markus Schnagl


Über die äußere Erscheinung mancher Moderatorinnen - selbst wenn man dabei auf den ersten Blick sogar erschrecken mag - kann man geteilter Auffassung sein. Barbara Schöneberger wollte mit der Auswahl ihrer Garderobe wohl in „jeder Hinsicht“ eine lockere Atmosphäre schaffen und gleich vorneweg die einschlägigen Revolverblättern kompatibel anludern.
Lockerheit erreicht man bei einem derartigen Medienereignis sicher nicht ganz einfach, wenn hunderte Größen aus dem deutschsprachigen Film- und Fernsehgeschäft gierig geifernd untereinander auf jeden eventuellen Lapsus eines Kollegen hoffen, während die restlichen paar Millionen Teuto-Cineasten gemütlich auf dem heimischen Sofa bei Chips und Bier vorm Gerät auf Unterhaltung harren.
Schöneberger versteht sich ein wenig mit dieser Materie, selbst wenn das sicher auch noch etwas nervöse Publikum anfangs ziemlich spröde wirkte. Ihr gelangen ein paar ganz nette Pointen mit der Kokettiererei um ihre anderen Umstände und sie verschonte das Publikum glücklicherweise mit drögen Gesangseinlagen.
Die künstlerischen Leiter der Veranstaltung, Florian Gallenberger und Benjamin Herrmann, bewiesen bei der Auswahl ihrer Conférenciers nicht durchwegs ein glückliches Händchen: „Und hier der lustigste Intellektuelle, den Berlin/Neukölln je hervorgebracht hat: Kurt Krömer.“ Der Comedian – bei den öffentlich rechtlichen Sender nennt man diese wohl eher Kabarettisten, selbst wenn dieser Ausdruck nicht zwangsweise mit höherem Niveau verknüpft ist – stolpert sich durch seinen Part völlig lustlos und unlustig (oder sollte das seinen intellektuellen Duktus unterstreichen?). Aus seiner Not, völlig unvorbereitet zu sein, versuchte er wohl eine Tugend zu etablieren – leider völlig humorfrei. Vielleicht ist er ja wirklich, wie er selbst behauptet, für jemanden eingesprungen, aber die Regisseure kennen doch sicher begabtere Komödianten, die dann lieber nicht so intellektuell sind. Gastrednerin Bundeskanzlerin Angela Merkel war jedenfalls spontaner.
Einige Schauspieler reduzierten ihren Palaver nur auf das Wesentliche: der Ankündigung der nächsten Gewinner einer Filmkategorie. Das kann weit erfrischender sein, als zwanghaft zu versuchen, die Zuschauer zum Lachen zu animieren. Für Jessica Schwarz beispielsweise reichte es voll und ganz, einfach nur hübsch auszusehen. Jan Josef Liefers gelang eine ganz passable Hommage an die Maskenbildner.
Ein komplett ansprechendes, geistreiches und zugleich lustig-unterhaltsames Rahmenprogramm für einen abendfüllenden Preisverleih-Marathon ist sicher irgendwie möglich, wenn sich die Produktionsverantwortlichen um wirklich gute Künstler bemühten, die es in der Tat auch hierzulande gibt. Man muss sich dabei auch nicht an Vorbildern von Übersee messen, denn deren Galas sind nicht unbedingt qualitativ hochwertiger.
Die Mimen unserer Filmlandschaft brauchen jährlich mehrmals größere Dosen an Selbsthuldigungen zur Befriedigung ihrer Profilierungsneurosen. Darum ist es womöglich durchaus nicht unzweckmäßig, bei der Gestaltung dieser Zelebrierungen nicht mit anspruchsvollen Nebengeplänkel von der eigentlichen Hauptsache abzulenken, nämlich sich selbst gebührend zu feiern.

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