TV Kultur und Kritik
ist im Rahmen einer Übung im Fach Medienwissenschaft an der Universität Regensburg entstanden. Der Blog versammelt Kritiken zu den unterschiedlichsten Facetten der Fernsehkultur, die von arte (Breaking Bad) bis RTLII (Die Geissens) reicht. Ziel ist es eine Kritik zu etablieren, die dem Wesen, der Rezeption und der Faszination für das Format gerecht wird. Wir sind offen für Beiträge, die die Auseinandersetzung mit dem Fernsehen erweitern.

Sonntag, 7. Februar 2016

Ring frei für Zickenkrieg und Castingstress - Was ist neu am klumschen Modezirkus?



von Svenja Loibl

Kaum zu glauben, aber das Erfolgskonzept Germany’s next Topmodel startete vergangenen Donnerstag in die elfte Staffel und hat einige Erneuerungen im Gepäck. Nach nur mäßigem Erfolg der letzten Staffeln, hat das Team um Heidi Klum das eingestaubte Konzept generalüberholt. Aber was ist neu in der Serie, bei der Zickenkrieg und Castings auf der Tagesordnung stehen?2016 wird alles ganz anders. Wirklich?!
Zum Leidwesen vieler Fans ist Publikumsliebling Wolfgang Joop dieses Jahr nicht mehr mit von der Partie. Der sensible Modeschöpfer, der sich durch seine Unberechenbarkeit und verschrobene Herzlichkeit zum heimlichen Star der Serie mauserte, wurde abgesetzt. Der neue Mann an Heidis Seite ist niemand anderes als der deutsche Stardesigner Michael Michalsky. Ob Michalsky an den Unterhaltungswert seines Vorgängers anknüpfen kann bleibt zu bezweifeln, denn in der ersten Folge beförderte sich der Berliner mit seiner selbstdarstellerischen Protz-Attitüde schon zu Beginn ins Abseits.
Die Spannung hatte sich schon vor vielen Staffeln verabschiedet. Wer eine Runde weiterkommt ist meist schon vorab bekannt. Einspieler, welche die späteren Favoriten zu Beginn schon vorstellen, nehmen so den letzten Funken Spannung.Auch die großangekündigte Neuerung, die sogenannten „Battles“, ändert nichts an dem zunehmenden Verfall der Sendung.
Durch „Buzzern“ werden die Kandidaten nun in zwei Teams unterteilt (The Voice lässt grüßen!). Während das System der rivalisierenden Teams bei der Gesangsshow Sinn macht, wirkt das „Buzzern“ auf dem Laufsteg völlig deplatziert. Denn bei The Voice steht es den Kandidaten zu sich selbst für einen Juror zu entscheiden und sich so in eine bestimmte musikalische Richtung weiterzuentwickeln. Die „Battles“ in Form von Duetten in einem Boxring fügen sich so perfekt in das Format der Show ein.
Bei GNTM ist jedoch keinerlei Struktur ersichtlich. Völlig beliebig wirkt das Aufteilen der Kandidaten in zwei Teams und wieder ist es Heidi, die die Zügel in die Hand nimmt. So steckt sie ein Mädchen auf Thomas Hayos Anraten in Team schwarz, da ihr Auftreten so „edgy“ und „kate-mossig“ ist. Mit den Worten „du gehörst nach New York“ wird die Entscheidung, die für den Zuschauer nicht nachvollziehbar ist, besiegelt.
 Die vermeintlichen Teamleader Michalsky und Hayo wirken nur wie Marionetten in Heidis Klums durchstrukturiertem Modezirkus. Während die beiden Juroren ihre Teams choachen, fungiert der Ex-Victoria’s Secret Engel als neutraler Beobachter und Chef der Show. Doch trotz des groß inszenierten Catwalks kam der Auftakt der Show, der „Express your Self“ Walk, eher wie eine nachmittägliche Modenschau im Einkaufszentrum daher. Schön sind die Mädchen, keine Frage, aber ob sie das Potential haben auch nach Ende der Show aus dem Schatten ihrer zugeteilten Rollen der Zicke, des Sonnenscheins und der naiven Dorfschönheit zu treten, um sich in der Modewelt zu behaupten, bleibt fraglich.
Wenig überzeugend war auch das Publikum, welches den Laufsteg säumte und sich aus angeblichen Größen der Modebranche zusammensetzte. Dabei wirkte es eher wie eine wahllose Gruppierung von Möchtegern-Fashionbloggern rund um Jimi-Blue Ochsenknecht.So bleibt beim genauen Hinsehen doch alles beim Alten.
Die Sendung präsentiert sich als Castingshow mit Reality Charakter, in der Woche für Woche alles gleich abläuft: Reisen, Fotoshootings und Laufstegtraining. Das altbekannte Muster wird nur unterbrochen von Zickerreien, Heimwehattacken der Mädchen und Heidis Anekdoten aus der New Yorker Modeszene von vor 20 Jahren. Die nächsten Wochen werden zeigen, ob und wie sich das „Battle“- Prinzip in das Gesamtkonzept der Sendung einfügt.
 Ob die Gewinnerin der diesjährigen Staffel, genau wie ihre Vorgängerin, in der Versenkung verschwindet bleibt abzuwarten. Für mich heißt es trotzdem nächsten Donnerstag einschalten, wenn Heidi und ihre „Meeeeedchen“ die Laufstege dieser Welt unsicher machen. Wahrscheinlich ist meine Faszination für die Sendung mehr der jahrelangen Tradition geschuldet und nicht den diesjährigen Erneuerungen.
Und auch wenn trotz aller Regeln und Neuerungen die Sendung wie eh und je vor sich hinplätschert, habe ich mich auf den Start der neuen Staffel gefreut.Denn alle Jahre wieder, finde ich mich im Kreis meiner Freundinnen, die wir Woche für Woche in die aufregende Welt der Modeszene abtauchen und uns für wenige Stunden wie Modekolumnistin und Fashionikone Carrie Bradshow fühlen.
Also bis nächste Woche, wenn es wieder heißt: „Denn nur eine kann Germany’s Next Topmodel werden und schafft es so auf das Cover der deutschen Cosmopolitan.“

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